David Alaba geht voran, schnell laufen kann er noch nicht.
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Berlin – Ein Sonntag, wie er sein soll: Okay, es hätte in Berlin nicht ganz so schwül sein müssen, aber die österreichische Fußball-Nationalmannschaft beschäftigt sich nur mit jenen Dingen, die sie selbst beeinflussen kann. Also hat sie um die Mittagszeit im bereits legendären Stadion "Auf dem Wurfplatz" im Olympiapark trainiert. Dem seit Samstag 66-jährigen Teamchef Ralf Rangnick wurde eine Urkunde überreicht, es ist nämlich "Deutscher Fußballbotschafter des Jahres 2024". In der Jury saßen u. a. Berti Vogts und Horst Hrubesch. Wie hört das auf, wie wird das weitergehen?

Es durfte wie gehabt 15 Minuten lang gefilmt, geschaut und fotografiert werden, das Aufwärmen ist unfallfrei verlaufen. Der Rest auch, wie später mitgeteilt wurde. Allerdings konnte Innenverteidiger Gernot Trauner nicht mittun, er fällt aufgrund einer Muskelverletzung im Oberschenkel fix aus. Glücklicherweise sind Alternativen vorhanden, in der Breite liegt die Wahrheit.

David Alaba (ganz links) als Antreiber gegen Polen (3:1). Ralf Rangnick schätzt ihn als "Vorbild".
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Die Uhr tickt, was sie immer tut. Aber der Dienstag, das Achtelfinale um 21 Uhr in Leipzig gegen die Türkei, rückt näher. Ein weiteres Indiz dafür ist, dass der Schiedsrichter nominiert wurde, es ist der 44-jährige Portugiese Artur Soares Dias. Er hat Tattoos, eine Verwechslung mit Marko Arnautovic ist trotzdem auszuschließen. Beide Länder haben mit ihm schlechte Erfahrungen gemacht, Österreich verlor zweimal in Wien. Im September 2022 in der Nations League 1:3 gegen Kroatien, im März 2021 in der WM-Quali 0:4 gegen Dänemark. Dias traf keine Schuld. Die Dias-Bilanz der Türkei lautet sogar 0:3.

Kevin Danso (li) und Konrad Laimer stellten sich den Fragen der Medienvertreter.
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Um 14 Uhr sind Konrad Laimer und Innenverteidiger Kevin Danso zum Medientermin im Messezentrum erschienen. Die beiden haben schon einmal getrennt voneinander vorgesprochen, dem Fußballbund geht das Personal aus. Gegen diese Wiederholungen gibt es keine Einwände, mögen sie noch dreimal kommen. Sie sagten: "Es kribbelt." "Wir sind bereit, müssen unser Spiel auf den Platz bringen." "Wir wollen noch bleiben." "Es geht um etwas Außergewöhnliches."

Hallo, Trainer

Am Vortag hatte sich David Alaba gemeldet. Spaßeshalber wurde der 32-Jährige mit "Hallo, Trainer", begrüßt, er lächelte. Er ist der Non-Playing-Captain, das Bindeglied. Rangnick betont die Bedeutung von Alabas Anwesenheit. "Ein Vorbild. Ein wichtiger Baustein aufgrund seiner Aura."

Alaba steckt mitten in der Reha nach seinem am 17. Dezember erlittenen Kreuzbandriss, er hat Fitnesstrainer und Physiotherapeuten mit. Real Madrid wird täglich über die Fortschritte informiert. Die sind okay, der Muskelaufbau liegt im Fokus, mit dem schnellen Laufen hat Alaba noch nicht begonnen. Vom Ball ist keine Rede. "Ich mache mir keinen Druck, komme mit 100 Prozent zurück." Die EM lebt er passiv als Spieler, aktiv als Betreuer. "Klar hat man Momente, wo man lieber auf dem Platz stehen würde. Das ist ganz normal. Auf der anderen Seite versuche ich, die Mannschaft so gut es geht zu unterstützen. Ich bin Kapitän, möchte vorangehen, mit meiner Präsenz den Unterschied ausmachen."

Alaba glaubt fest an den Einzug ins Viertelfinale. "Wir dürfen nicht den Fehler machen, von unserem Weg abzukommen. Wir müssen unseren Plan verfolgen und trotzdem versuchen, locker zu bleiben." Nervosität und Anspannung seien aber notwendig. "Die Kunst ist, dass man es so umwandelt, dass man fokussiert ist." Der Gruppensieg sei für ihn keine Überraschung gewesen. "Wir durchlaufen seit zwei Jahren einen Prozess. Wir wussten immer, dass wir enormes Potenzial haben. Und der Teamgeist ist einmalig, sehr speziell. Wir lassen uns nicht verrückt machen, wollen unseren eigenen, sehr hohen Ansprüchen gerecht werden."

Schwärmerei

Alaba nimmt an den meisten Besprechungen teil. Das 6:1 im März gegen die Türkei sei abgehakt. Von seinem türkischen Real-Klubkollegen Arda Güler, der ist erst 19, schwärmt er: "Er ist ein super Junge, ein Talent mit unglaublichem Potenzial." Das Fehlen des gesperrten Taktgebers Hakan Calhanoglu sei kein Nachteil. "Doch wir beschäftigen uns ausschließlich mit uns selbst. Es liegt an uns." Schlag nach bei Rangnick.

Am Montag wird auf "Auf dem Wurfplatz" trainiert. Nach dem Mittagessen folgt die Busfahrt vom Hotel Grunewald ins nur 175 Kilometer entfernte Leipzig. Um 17.45 Uhr steigt im Stadion die Abschlusspressekonferenz. Rangnick sowie die Spieler Nicolas Seiwald und Christoph Baumgartner stehen sitzend für Fragen zur Verfügung. Die beiden kicken für RB Leipzig. Sie wissen also, wie man in diesem Stadion gewinnt. Laimer war hier vor seinem Wechsel zu den Bayern sechs Jahre tätig. Marcel Sabitzer schaffte ebenfalls ein halbes Dutzend an Jahren. Und Rangnick war Sportchef in Leipzig. Mehr Wissen geht nicht. (Christian Hackl aus Berlin, 30.6.2024)