Frankreich-Teamchef Didier Deschamps (li), Kylian Mbappé und Kollegen haben sich bei einer Trainingssession in der Home Deluxe Arena zu Paderborn auf die Partie gegen Belgien eingestimmt.
AFP/FRANCK FIFE

Düsseldorf/Frankfurt – Am Tag nach der ersten Runde der Parlamentswahlen gegen Belgien im Achtelfinale – schlimmer hätte es für Didier Deschamps kaum kommen können. Als hätte Frankreichs Teamchef nicht sportliche Sorgen genug. In der Vorrunde offenbarte sich ein nicht für möglich gehaltenes Problem für die Équipe Tricolore. Sie trifft nicht!

Zwar ist Superstar Kylian Mbappé nach dem im Duell mit Kevin Danso erlittenen Nasenbeinbruch wieder einsatzfähig und hat per Elfmeter gegen Polen auch endlich seine Torsperre bei der EM gebrochen. Der Rest des Teams bringt das Runde aber einfach nicht im Eckigen unter. Das einzige aus dem Spiel heraus erzielte französische Tor geht auf Maximilian Wöbers Kappe. Ein EM-Treffer aus dem Spiel heraus gelang Deschamps Team zuletzt beim Achtelfinal-Aus 2021 gegen die Schweiz. Mittelfeldspieler Eduardo Camavinga hat dennoch "volles Vertrauen in unsere Stürmer". Neben Mbappé sind gegen die Belgier vor allem Ousmane Dembélé und Antoine Griezmann gefordert.

Stärke durch Vielfalt

Marcus Thuram, der während der EM als Erster öffentlich vor einem möglichen Rechtsruck bei den Wahlen in der Heimat gewarnt hatte, dürfte nur Ersatz sein, weiß sich aber in seiner Meinung mit vielen Kollegen wie Mbappé oder Aurélien Tchouaméni einig. Zuletzt äußerte Liverpools Ibrahima Konaté seine Sorge über die politische Lage. Man könne "die Macht nicht bestimmten Leuten überlassen, die die Menschen spalten wollen. Vielfalt in Frankreich ist unsere Stärke", sagte der Verteidiger.

Den ewigen Geheimfavoriten Belgien beschäftigt vor dem 76. Duell mit Frankreich seit 1904 der Gnatsch mit den eigenen Fans. Die lautstarken Pfiffe nach dem letzten Gruppenspiel hallen noch immer nach. Und doch sieht Domenico Tedesco seine Roten Teufel für das Achtelfinale gerüstet. "Wir sind hier, um Teil der besten Mannschaften zu sein", hatte Tedesco schon nach der Nullnummer gegen die Ukrainer gesagt. "Das sind die Spiele, auf die wir uns freuen. Alles ist möglich. Wir können alle herausfordern. Wir sind bereit." Kapitän Kevin De Bruyne hatte mit dem größten Unverständnis auf den Liebesentzug des Anhangs reagiert. "Manchmal muss man Risiko gehen, und manchmal muss man schlau sein", sagte der Star von Manchester City.

Gegen die Franzosen wird eine gewisse Risikobereitschaft vonnöten sein. Und etwas mehr Glück für Stürmer Romelu Lukaku, der bei der EM zwar schon dreimal getroffen hat, dessen Jubel aber auch dreimal vom VAR beendet wurde.

Pech der Goldenen

Ungeachten der Statistik, die Belgien mit 30:26-Siegen voran sieht, waren es auch die Franzosen, die der sogenannten goldenen Generation in den bisher letzten beiden Aufeinandertreffen den Weg zu großen Titeln versperrt haben – 2018 im Semifinale der WM in Russland, die die Franzosen schließlich für sich entschieden, sowie im Semifinale der Nations League in Turin im Oktober 2021.

Portugal gegen Underdog Slowenien

Portugal nimmt das Achtelfinale gegen Underdog Slowenien am Montag (21.00 Uhr/live ServusTV) in Frankfurt als großer Favorit in Angriff. Cristiano Ronaldo und Co. sind aber aufgrund einer 0:2-Testspiel-Niederlage im ersten direkten Duell am 26. März diesen Jahres in Ljubljana gewarnt. Der 39-jährige Star hofft bei seinem vierten Einsatz auf sein erstes Tor bei dieser Endrunde, damit würde er zum ältesten EM-Torschützen aller Zeiten aufsteigen.

Bisher ist es für den portugiesischen Rekordspieler (210 Matches) und Rekordtorschützen (130 Treffer) noch nicht nach Wunsch gelaufen. Auch deshalb wird kontrovers über ein fixes Festhalten des mittlerweile nur noch in Saudi-Arabien bei Al-Nassr spielenden Stürmers in der Startformation des Europameisters von 2016 diskutiert. Für Teamchef Roberto Martinez ist Ronaldo aber gesetzt. Auch seine Mitspieler stärken ihm vehement den Rücken. "Haben Sie gesehen, wie er auf dem Platz dem Team geholfen hat? Es ist unglaublich. Er ist einer der Spieler mit den meisten Minuten in unserem Team. Und das mit 39 Jahren", sagte Innenverteidiger Pepe.

Ronaldo auf Tore- und Rekordjagd

Er sei sich sicher, dass Ronaldo dem Team noch viel mehr Freude bereiten werde. "Cristiano Ronaldo lebt für Tore. Das ist eine Tatsache", betonte der 41-Jährige, der seinen Alters-EM-Einsatzrekord weiter in die Höhe schrauben wird. Im letzten Gruppenspiel gegen Georgien war er noch wie viele seiner Kollegen – Ronaldo allerdings nicht – geschont worden. Die 0:2-Niederlage einer "B-Elf" gegen Georgien in einer für Portugal bedeutungslosen Partie darf daher sicher nicht überbewertet werden.

Wie natürlich auch das Testduell mit den Slowenen vor einigen Monaten. "Das erste Spiel im März war nur ein Freundschaftsspiel. Daher ist die Motivation jetzt völlig anders", betonte der defensive Mittelfeldspieler Joao Palhinha. Er könnte auch nach der EM seine Zelte in Deutschland aufschlagen, soll vor einem Wechsel zum FC Bayern stehen. Eine ungewisse Klub-Zukunft haben auch noch Joao Cancelo und Joao Felix, ihre Engagements beim FC Barcelona gehen vorerst zu Ende, wie die Katalanen am Sonntag bekanntgaben.

Vielversprechendes Defensivkonzept

Die Slowenen werden mit einem ähnlichen Defensivkonzept erwartet wie die Tschechen oder Georgier, die den Portugiesen damit ordentlich Probleme bereiten konnten. Das war auch den Slowenen gelungen, die beim Test in Ljubljana trotz nur 25 Prozent Ballbesitz gegen Portugal siegreich waren – dank erfolgreicher schneller Konter. In der Gruppenphase war auch die Kampfkraft ein Trumpf. So wurde neben Dänemark und Serbien (je 1:1) auch zum Abschluss England (0:0) ein Punkt abgeluchst und der Aufstieg als einer der vier besten Gruppendritten fixiert.

"Manche waren unser Team betreffend skeptisch vor dem Turnier, aber wir haben unsere Stärke auf dem Platz gezeigt", sagte Slowenien-Teamchef Matjaz Kek. Zum ersten Mal seit der Unabhängigkeit des Landes sind die Slowenen, bei denen mit Jon Gorenc Stankovic und Tomi Horvat zwei Sturm-Graz-Kicker im Kader stehen, in die K.o.-Phase einer EM-Endrunde eingezogen. (APA, sid, red, 30.6.2024)

Mögliche Aufstellungen zum EM-Achtelfinale:

Frankreich - Belgien (Düsseldorf, 18.00 Uhr/live Servus TV und ZDF, SR Glenn Nyberg/SWE)

Frankreich: 16 Maignan - 5 Koundé, 4 Upamecano, 17 Saliba, 22 Theo Hernandez - 13 Kanté, 14 Rabiot, 8 Tchouameni - 11 Dembélé, 10 Mbappé, 25 Barcola

Belgien: 1 Casteels - 21 Castagne, 4 Faes, 5 Vertonghen, 3 Theate - 8 Tielemans, 24 Onana - 20 Openda, 7 De Bruyne, 22 Doku - 10 Lukaku

Fraglich: 15 Meunier, 6 Witsel (alle angeschlagen)

Portugal - Slowenien (Frankfurt, 21.00 Uhr/live ServusTV, SR Orsato/ITA)

Portugal: 22 Costa - 20 Cancelo, 4 Dias, 3 Pepe, 19 Mendes - 23 Vitinha, 6 Palhinha, 8 Fernandes - 10 B. Silva, 7 Ronaldo, 17 Leao

Slowenien: 1 Oblak - 2 Karnicnik, 21 Drkusic, 6 Bijol, 3 Balkovec - 20 Stojanovic, 10 Elsnik, 22 Gnezda Cerin, 17 Mlakar - 9 Sporar, 11 Sesko

Es fehlt: Janza (gesperrt)

Fraglich: Lovric (angeschlagen)