Trotz der schlechtesten Wahlbeteiligung, die der Iran je bei Präsidentenwahlen gesehen hat, geht der moderate Kandidat Masoud Pezeshkian als Sieger aus der ersten Wahlrunde hervor: Auch eine geringe Mobilisierung hat ihm dafür gereicht. Die Konservativen und Hardliner, die auf einen festen, disziplinierten Anteil von Wählern und Wählerinnen zählen können, rechnen nun damit, dass diese bei der Stichwahl nächsten Freitag geeint für Saeed Jalili stimmen.

Masoud Pezeshkian geht in die Stichwahl. Wird er gewinnen dürfen?
via REUTERS/Majid Asgaripour

Auch wenn der Rahmen für diese Wahlen denkbar eng gesteckt ist, so präsentieren Pezeshkian und Jalili doch zwei extreme Gegensätze des politischen Spektrums. Wenn man davon ausgeht, dass der geistliche Führer Ali Khamenei alle Fäden in der Hand hält, so könnte man sagen: Er hat die Entscheidung zwischen einem schwachen, freundlichen Reformer und einem starken, radikalen Reaktionär.

In seinen 35 Jahren an der Macht hat Khamenei bei Präsidentenbesetzungen immer wieder geschickt die Lager ausbalanciert: Demnach wäre nach dem strengen Ebrahim Raisi, der viele Menschen dem Regime noch mehr entfremdet hat, wieder eine versöhnlichere Figur an der Reihe. Khameneis Projekt, dass Raisi die Islamische Republik sicher in die Ära nach seinem Tod führt, ist nicht aufgegangen. Am noch viel extremeren Jalili könnte die Gesellschaft endgültig zerbrechen. Und er ist ein Rezept für ideologische Konfrontation auch nach außen, und das in Erwartung einer neuen US-Präsidentschaft von Donald Trump. (Gudrun Harrer, 30.6.2024)