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Die Erste Group baut den Vorstand ihrer Österreich-Tochter um.
Foto: Reuters

Nicht zu übersehen ist er, der Start des neuen Vorstandschefs der Erste Group, Peter Bosek. Der Banker kehrt nach einem rund dreieinhalb Jahre dauernden Zwischenspiel als CEO der estnischen Luminor Bank wieder in seine berufliche Heimat zurück, leitet seit Montag die Geschicke der börsennotierten Erste Group. Sein erster Arbeitstag wird als "Day 1" groß inszeniert und gefeiert: Am Vormittag kommen auf dem Erste-Campus in Wien die zahlreichen Führungskräfte der in elf Ländern tätigen Gruppe zu einem Treffen mit dem Neuen zusammen, am späten Nachmittag beginnt dann in der Wiener Marx-Halle ein Riesenevent für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.

Als bombastischen Einstieg will man das in der Bankengruppe, für die insgesamt fast 46.000 Beschäftigte arbeiten und die 2023 einen Nettogewinn von fast drei Milliarden Euro einfuhr, nicht interpretiert wissen: Man habe nur das alljährliche Sommerfest auf Boseks ersten Tag vorverlegt. Schon vor dem "Day 1" war freilich sogar ein Plakat mit Boseks Konterfei an der Straßenbahnstation beim Erste-Campus zu sehen: "Danke Peter! (…) Thank you! Keep on Rockin‘" richten die Luminor-Leute ihrem Ex-Chef darauf aus. Promotion für einen Bankchef, die im Wiener Stadtbild doch eher selten ist.

Mutter zieht sich aus Erste-Österreich-Vorstand zurück

Der damalige Erste-Bank-Österreich-Chef und Retail-Experte Bosek hatte vor dem Abschied von Andreas Treichl, der die Erste-Group bis 2019 führte und prägte, als dessen Kronprinz gegolten. Er hatte aber das Nachsehen, Risikovorstand Bernd Spalt machte das Rennen, Bosek wechselte zur Luminor Bank nach Tallinn. Allerdings liefen in Wien die Dinge anders als geplant: Wegen unterschiedlicher Vorstellungen über die Strategie schied Spalt Mitte 2022 aus, nach ihm übernahm Willibald Cernko. Im zweiten Anlauf schaffte Bosek dann den Sprung in den Chefsessel der Group, die das Holdingdach für die einzelnen Banken in den (süd-)osteuropäischen Tochterbanken bildet.

Ob der 56-Jährige die Erste und den mit ihr eng verbundenen Sparkassensektor rocken wird, wird man sehen. Umbauen wird er jedenfalls rasch, wie DER STANDARD erfahren hat – und das wird gleich an Boseks erstem Tag bekanntgegeben. Konkret geht es um den Vorstand der Tochter Erste Bank Österreich, der von der Holding entflochten wird, indem Doppelfunktionen von Group-Vorstandsmitgliedern beendet werden. Einziehen ins Gremium wird Maximilian Clary und Aldringen und dort künftig das Retail-Geschäft verantworten, für das bislang die Chefin der Österreich-Bank, Gerda Holzinger-Burgstaller, zuständig war. Der einstige Raiffeisen-Banker war bei Treichl für die Strategie der Group und zuletzt fürs Private Banking in Österreich und CEE zuständig. Erste-Bank-Chefin Holzinger wird künftig auch für die Finanzen zuständig sein – das war bisher Group-Vorstandsmitglied und CFO Stefan Dörfler.

Ein Porträt von Peter Bosek, der ab 1. Juli 2024 die Erste Group leitet
Peter Boseks erster Arbeitstag als Chef der Gruppen wird groß gefeiert.
APA/Erste Group/Reich

Erste Bank Österreich soll sich emanzipieren

Neu in den Vorstand kommt auch Ilinka Kajgana, sie wird Chefin des operativen Geschäfts (COO) und Risiko-Chefin (CRO), ein Posten, den sie bislang in der rumänischen Tochterbank BCR innehatte. Die 51-jährige gebürtige Kroatin, die in Wien Technische Physik studierte, war zuvor im Risikobereich der Ersten tätig. Auch mit dieser Besetzung fällt eine Verzahnung mit der Mutter weg: Bislang war für diese Aufgabe Alexandra Habeler-Drabek zuständig, Risikovorständin der Erste-Group. Viertes Vorstandsmitglied (Firmenkundengeschäft) bleibt Hans Unterdorfer.

Mit der personellen Entflechtung zwischen Mutter und Österreich-Vorstand gibt Bosek wohl ein deutliches Signal, wie Eingeweihte wissen: Die Erste Bank Österreich soll (wieder) eigenständiger agieren, Bank und Sparkassen sollen in Österreich, wo sie vor allem mit Bank Austria und Raiffeisen konkurrieren, ordentlich aufs Gas steigen.

OeNB-Vize Haber könnte Erste-Group-Aufsichtsratschef werden

Auch bei der künftigen Besetzung des Aufsichtsratsvorsitzes der Erste Group lichten sich die Nebel. Das Mandat von Friedrich Rödler endet, ein Nachfolger oder eine Nachfolgerin wird schon länger gesucht. Im Spiel ist nun, wie die Krone berichtete, Gottfried Haber, bis Sommer 2025 noch Nationalbank-Vizegouverneur. Er hat gute Karten und soll interessiert sein, ist zu hören.

Spannend geht es aber auch in Boseks früherer Wirkungsstätte, der Luminor Bank, weiter. Ihr 80-Prozent-Aktionär Blackstone ist gerade dabei, seine Anteile zu verkaufen, und die Mailänder Bank-Austria-Mutter Unicredit und ungarische OTP liefern sich ein Match um den Einstieg, wie Bloomberg unlängst berichtete. Für Bosek, dem ein Exit des US-Hedgefonds unter seiner Ägide ein hübsches Zubrot eingebracht hätte, habe ein nunmehriger Verkauf jedenfalls keine monetären Auswirkungen, heißt es. Er habe keine Ansprüche mehr offen. (Renate Graber, 1.7.2024)