Maurice Ravels "Bolero" wird viel aufgeführt - nicht nur wie zuletzt hier von den Berliner Philharmonikern auf der Berliner Waldbühne.
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Nanterre - Ein Gericht in Frankreich hat die alleinige Urheberschaft des "Bolero" Maurice Ravel zugeschrieben. Das zu dem berühmtesten Werken der klassischen Musik zählende Stück sei von dem französischen Komponisten allein geschrieben worden, urteilte am Freitag ein Gericht in Nanterre bei Paris. Es wies damit die Behauptung zurück, Ravel habe das Stück zusammen mit dem berühmten russischen Bühnenbildner Alexander Benois geschaffen.

Die vorgelegten Unterlagen würden dessen Mitautorschaft nicht belegen. Das Werk bleibe damit "Gemeingut".

Ravel hatte das Stück 1928 geschrieben, im selben Jahr wurde es in Paris uraufgeführt. Schätzungen zufolge hat der "Bolero" allein seit 1960 rund 50 Millionen Euro an Tantiemen eingespielt.

Ballettmusik

Ravel hatte das Stück ursprünglich als Ballettmusik für die russische Tänzerin Ida Rubinstein komponiert. Es wurde schnell ein Welterfolg, die hypnotisch-monotone Melodie zog viele Hörer in ihren Bann. Ravel selbst sah sein Werk recht nüchtern: "Es ist ein einfaches und direktes Stück, das nicht den geringsten Anspruch auf Virtuosität erhebt", sagte er einmal.

Ravel starb unverheiratet und ohne Kinder im Jahr 1937. Sein einziger Erbe war sein Bruder Edouard, der 1960 verstarb. Der Streit um die weiteren Rechte an Ravels Werk beschäftigte danach mehrfach die Gerichte, Streitparteien waren unter anderem die Großneffen des Komponisten.

Der Urheberschutz des Stückes lief 2016 aus. Seitdem gilt der "Bolero" als Gemeingut. Jeder darf es seitdem lizenzfrei nutzen, ohne dass Tantiemen fällig werden.

"Gemeinschaftswerk"

Die Erben von Benois, der an der Uraufführung des "Bolero" mitgewirkt hatte, bestanden jedoch darauf, dass der Künstler als Mitautor ausgewiesen werden sollte, und forderten einen Anteil an den Einnahmen. Die Kläger verwiesen auf verschiedene Dokumente, in denen Benois als Mitautor der Musik genannt wird.

Ein Anwalt der Benois-Erben argumentierte, die Musik des Bolero sei "speziell für das Ballett geschaffen" worden und sollte nicht als eigenständiges Stück Orchestermusik betrachtet werden. Ravels Nachlassverwalter schlossen sich der Behauptung an, dass es sich um ein "Gemeinschaftswerk" mit dem russischen Bühnenbildner handle - nicht zuletzt deshalb, weil dann wieder Urheberrechtszahlungen fällig werden geworden wären.

Die französische Musikrechte-Gesellschaft Sacem hielt dagegen, die Klage basiere auf einer "historischen Fiktion". Sacem verweist auf eine von Ravel 1929 unterzeichnete offizielle Erklärung, die ihn als alleinigen Autor ausweist. "Es handelt sich um eine sehr gut begründete Entscheidung, bei der alle dem Gericht zur Kenntnis gebrachten Elemente sorgfältig geprüft wurden", erklärte Sacem-Vertreter Yvan Diringer am Freitag nach dem Urteil. (APA, 29.6.2024)