Masoud Pezeshkian winkt in die Menge
Gilt als moderater Vertreter unter den Kandidaten: Masoud Pezeshkian.
IMAGO/Morteza Nikoubazl

Teheran – Bei der iranischen Präsidentenwahl hat keiner der Kandidaten die absolute Mehrheit erreichen können. Das gab ein Sprecher des Innenministeriums am Samstag bekannt. Die notwendige Stichwahl wird am 5. Juli abgehalten. Zuvor haben sich der Reformer Masoud Pezeshkian und der Hardliner Saeed Jalili ein Kopf-an-Kopf-Rennen geliefert.

Nach Auszählung von mehr als 24 Millionen Stimmen lag Pezeshkian mit rund zehn Millionen Stimmen vor Ex-Atomchefunterhändler Jalili, der auf 9,4 Millionen Stimmen kam. Damit liegt jener Kandidat auf dem ersten Platz, der eigentlich nur als kosmetische Aufhellung in einer besonders reaktionären und aggressiven Phase der Islamischen Republik wahrgenommen worden war.

Niedrigere Wahlbeteiligung

Der amtierende Parlamentspräsident Mohammed Bagher Qalibaf folgte auf dem dritten Platz mit etwa 14 Prozent, wie der Leiter der Wahlbehörde am Samstag im Staatsfernsehen berichtete. Der vierte Bewerber, der Geistliche Mostafa Purmohammadi, kam nur auf rund 95.000 Stimmen.

Präsidentschaftskandidat Saeed Jalili jubelt
Hardliner Saeed Jalili gab sich bereits nach der Stimmabgabe zuversichtlich.
via REUTERS/West Asia News Agenc

Die Wahlbeteiligung lag nach Angaben des Innenministeriums bei rund 40 Prozent - der niedrigste Stand seit der Islamischen Revolution im Jahr 1979. Bei der letzten Wahl 2021, als Ebrahim Raisi zum Sieger gekürt wurde, lag sie bei 48,8 Prozent.

Die Wahlbeteiligung zu erhöhen war wohl auch der Grund, warum der Reformer Pezeshkian mit seiner Kritik an den herrschenden Verhältnissen zur Wahl zugelassen wurde. Zuvor war dem pragmatischen früheren Parlamentspräsidenten Ali Larijani die Kandidatur untersagt worden, 2021 war Pezeshkian noch von der Präsidentenwahl ausgeschlossen worden.

Das Interesse an Pezeshkian war zuletzt auch im Ausland gewachsen, seit er den früheren Außenminister und Architekten des Atomdeals von 2015, Mohammed Javad Zarif, zum außenpolitischen Berater ernannt hat. Ob der Reformer aber genügend Iranerinnen und Iraner für die Stichwahl motivieren kann, bleibt fraglich. Viele glauben nicht mehr an eine Reform.

Im September 2022 hatten sich die heftigsten Proteste seit der Islamischen Revolution am Tod der Kurdin Jina Mahsa Amini in Gewahrsam nach ihrer Festnahme durch die sogenannte Sittenpolizei entzündet. Die junge Frau soll ihr Kopftuch "unislamisch" getragen haben. Der damalige Präsident Raisi ließ die Massenkundgebungen unter dem Motto "Frau - Leben - Freiheit" mit großer Brutalität niederschlagen.

Angriff auf Fahrzeug mit Wahlurnen

Iranische Staatsmedien hatten zuvor berichtet, dass bewaffnete Männer in der iranischen Provinz Sistan-Belutschistan ein Fahrzeug mit Wahlurnen angegriffen und zwei Sicherheitskräfte getötet hätten. Der Vorfall ereignete sich etwa gegen Mitternacht (Ortszeit), wie die Nachrichtenagentur Tasnim in der Nacht auf Samstag berichtete. Demnach attackierten die Angreifer ein Fahrzeug, das Wahlstimmen in die Stadt Rask transportierte. Der Ort und die Provinz waren in der jüngeren Vergangenheit mehrfach Schauplatz von Terrorangriffen. Zunächst reklamierte keine Gruppe den Angriff für sich. In der Provinz ist die militant-islamistische Gruppe Jaish al-Adl aktiv. Die sunnitische Gruppe kämpft nach eigenen Angaben für Unabhängigkeit im Südosten des Irans.

Im Iran fand am Freitag die Wahl des neuen Präsidenten statt. Vor sechs Wochen war Präsident Ebrahim Raisi bei einem Hubschrauberabsturz ums Leben gekommen. Nun waren rund 61 Millionen Iranerinnen und Iraner aufgerufen, einen Nachfolger zu wählen. (APA, Reuters, red, 29.6.2024)