Gedenken und Kerzen für Oliver Ivanović.
2018 wurde der Vorsitzende einer Belgrad-kritischen Bewegung, Oliver Ivanović, in Nord-Mitrovica ermordet.
REUTERS/ZORANA JEVTIC

Pristina – Sechs Jahre nach dem tödlichen Anschlag auf den serbisch-kosovarischen Politiker Oliver Ivanović sind im Kosovo vier Serben zu Haftstrafen zwischen vier und zehn Jahren verurteilt worden. Das Gericht in Pristina kam am Freitag zu dem Schluss, dass "dieser Mord aus politischen Gründen von einer Gruppe unter der Führung von Milan Radoičić begangen wurde mit der Absicht", in den überwiegend von Serben bewohnten Gebieten des Kosovo "die Kontrolle zu übernehmen".

Mit ihrem Urteil folgten die Richter den Anträgen der Staatsanwaltschaft. Sie befanden die vier Angeklagten, darunter ein Leibwächter und drei Polizisten, für schuldig, "als strukturierte kriminelle Gruppe" gehandelt zu haben, die 2011 gegründet worden sei und "von den flüchtigen Zvonko Veselinović und Milan Radoičić angeführt wird".

Belgrad spricht von "skandalösem" Urteil

Der Leibwächter erhielt mit zehn Jahren Gefängnis die härteste Strafe, die drei Polizisten wurden zu milderen Strafen verurteilt. Zwei weitere Verdächtige wurden freigesprochen. Die serbische Regierung kritisierte das Urteil als "skandalös".

Ivanović, Vorsitzender der Belgrad-kritischen Bewegung Freiheit, Demokratie, Gerechtigkeit, war am 16. Jänner 2018 vor seinem Büro in der serbisch dominierten Stadt Mitrovica erschossen worden. Der Politiker galt als moderat und als einer der wenigen, die zwischen der serbischen Minderheit und der albanischen Mehrheit im Kosovo vermitteln konnten. Zuvor war im Belgrader TV-Sender Pink eine Hetzkampagne gegen den Politiker geführt worden.

Er setzte sich zudem für die Bekämpfung der Kriminalität im serbischen Teil Mitrovicas ein. In seinem Umfeld vertraten viele die Theorie, dass die Drahtzieher des Anschlags aus dem kriminellen Milieu stammen und die Tat nicht mit dem politischen Konflikt in der Stadt in Zusammenhang steht.

Angriff auf kosovarische Polizeipatrouille

Radoičić gilt seit langem als einer der einflussreichsten kosovo-serbischen Politiker im Nordkosovo und als enger Vertrauter der Regierung in Belgrad. Wegen seiner mutmaßlichen Verwicklungen mit dem organisierten Verbrechen und der Korruption ist er seit 2021 mit US-Sanktionen belegt. Nach einem tödlichen Angriff auf eine kosovarische Polizeipatrouille Ende September floh er nach Serbien. Er wird verdächtigt, bei dem schwersten Zwischenfall in der Region seit Jahren für den Angriff auf eine Polizeipatrouille verantwortlich gewesen zu sein, bei dem ein Polizist getötet wurde.

Die überwiegende Mehrheit der 1,8 Millionen Bewohner des Kosovo sind ethnische Albaner. Hinzu kommen 120.000 Serben, die vor allem im Norden des Landes leben. 2008 hatte das Kosovo seine Unabhängigkeit von Serbien erklärt. Belgrad erkennt diese jedoch nicht an. (APA, red, 28.6.2024)