Zweimal Liebes-Aus in Oe24: Putin und Netrebko.
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Was Medien betrifft, gibt es diese Woche eine schlechte und eine gute Nachricht. Erst die schlechte. Zensur-Hammer: Russland sperrt "Oe24". Gesperrt wurden auch einige weniger bedeutende Medien, wie etwa "Der Spiegel", "Die Zeit", die "Frankfurter Allgemeine" und "Le Monde", sowie eine ORF-Korrespondentin. Aber eben auch "Oe24" als einziges privates Medienhaus. So berichtete es Mittwoch "Österreich", vermutlich als einziges privates Medienhaus. Was Putin der unter dem Zensur-Hammer schmachtenden russischen Bevölkerung angetan hat, lässt sich noch gar nicht ermessen. Im Außenministerium wurde dem Geschäftsträger der russischen Botschaft in Österreich ordentlich hineingesagt, was dieser möglicherweise ohnehin schon wusste, nämlich: "Diese Entscheidung ist ein weiterer Schritt Putins, die Medienvielfalt zu unterdrücken und so die eigene Bevölkerung im Dunkeln zu halten."

Doch nun zur guten Nachricht, sie stammt von einem Vertreter des einzigen privaten Medienhauses persönlich, der als Hausnachricht verkündete: "Oe24" lässt sich jedenfalls nicht von dieser absurden Aktion einschüchtern. Wir werden auch weiter kritisch und unabhängig über den russischen Angriffskrieg berichten. Das Putin-Verbot, also den Zensur-Hammer, tragen wir als Orden! Und das zu Recht, trägt doch das einzige private Medienhaus das Seine dazu bei, die eigene Bevölkerung im Dunkeln zu halten.

Schock und aufreizende Kleider

Natürlich nicht jeden Tag. Schon am nächsten erhellte "Österreich" die eigene Bevölkerung mit Berichten, die entweder als Schock oder unter Top Secret dargeboten wurden. Beim Schock handelte es sich um das Liebes-Aus bei Anna Netrebko, das in der "Kronen Zeitung" als Donna Annas letzter Ehe-Akt angeboten wurde. Wo der Hund begraben lag, drang dabei nicht durch, nicht einmal bis zur "Krone", bis zu der doch sonst jeder Hund durchdringt. Zu "Österreich" war hingegen durchgedrungen, es gab bereits erste Anzeichen: In den letzten Monaten zeigte sich Netrebko stets solo auf Instagram. Sie trug dabei oft aufreizende Kleider, verlor auch viel Gewicht, wie einigen Fans auffiel. Wenigstens die aufreizenden Kleider hätten bis zur "Krone" durchdringen müssen.

Zum Ausgleich gab es in "Österreich" unter Top Secret ein Liebes-In: Jacqueline tritt dieser Tage vor den Traualtar. Wenn der Name Jacqueline fällt, ist Lugner nicht weit, das weiß in Österreich sogar die sonst im Dunkeln gehaltene eigene Bevölkerung. Bei dem Auserwählten handelt es sich um einen FPÖ-Politiker (37), der auch so aussieht. Was die Hochzeitsfeier angeht, war nichts Genaues herauszubekommen, und auch die mehr als 100 geladenen Gäste schweigen. Aber wie lange?

Wenn unsere Politiker müde wirken, heißt das noch lange nicht, dass dieses Land unermüdlicher Kämpfer entraten müsste. Einem von ihnen, der ihren Reihen entsprossen und in der wirtschafts­liberalen Denkfabrik Agenda Austria zum Direktor aufgestiegen ist, hat die "Presse am Sonntag" eine ganze Seite für die gute Sache eingeräumt. Irgendetwas läuft hier gewaltig schief, versuchte er, dem Welträtsel nachzugrübeln, warum wir den Kapitalismus, die "Ökonomie für die kleinen Leute" geißeln, aber nicht den Sozialismus kritisieren. Nicht nur das! Im reichen Europa wird dem Sozialismus gehuldigt, während sich die Armenhäuser der Welt nach dem Kapitalismus sehnen.

Ethnisch-kulturelles Substrat

Für seinen Glauben holte er sich als Kronzeugen den Historiker Werner Plumpe, der behauptet, Kapitalismus ist die "Ökonomie der kleinen Leute". Aber verstockt, wie die sind, wollen sie das nicht verstehen. Und frech, wie sie auch noch sind, fragen sie sich womöglich, wo im reichen Europa dem Sozialismus gehuldigt wird. Da ist es kein Wunder: Der Kapitalismus hat ein gewaltiges Imageproblem. Aber das Angebot, ihn zu retten, steht.

Ein anderer Unermüdlicher ist Andreas Mölzer, der diese Woche in "Zur Zeit" der betrüblichen Tatsache nachhing, dass eine Internationale der Nationalen nur als Notwehrgemeinschaft mit einem Minimalkonsens möglich ist. Das liegt daran, dass allen europäischen Rechtsparteien eine starke plebiszitäre Rückkoppelung zu ihrer Wählerschaft und ihrem ethnisch-kulturellen Substrat eigen ist. Aber ethnisch-kulturelles Substrat hin oder her, wenn etwa Orbáns ungarische Fidesz vom EU-Establishment ausgegrenzt wird und Italiens Rechtsregierung unter Meloni diese Ausgrenzung mitträgt, ist das ein Verrat am gemeinsamen Projekt im Dienste der europäischen Völker. Die Meloni enthält einfach zu viel ethnisch-kulturelles Substrat. (Günter Traxler, 30.6.2024)