Kopfaufnahme eines Elefantenbabys, ein Mensch legt zwei Hände auf seinen Kopf und Körper, der Elefant greift mit seinem kurzen Rüssel nach einer davon.
Ein junger Elephas maximus borneensis, auch bekannt als Borneo-Zwergelefant – eine von vielen gefährdeten Tierarten.
AFP/MOHD RASFAN

Entgegen dem "maximus" in seinem wissenschaftlichen Namen ist der Borneo-Elefant kleiner als andere Unterarten des asiatischen Elefanten: Er kommt "nur" auf eine Schulterhöhe von 2,50 Metern anstelle von etwa 2,40 bis 3,40 Metern. Dennoch zieht dieser Zwergelefant gerade mediale Aufmerksamkeit auf sich. Er steht nun erstmals auf der Roten Liste der vom Aussterben bedrohten Arten. Mehr als 1000 Spezies sind 2024 neu hinzugekommen, wie die Weltnaturschutzunion IUCN mitteilt.

Damit gelten heute rund 45.000 Tier- und Pflanzenarten als in absehbarer Zeit vom Aussterben bedroht. Insgesamt zählt die Liste mehr als 160.000 unterschiedlich stark gefährdete Spezies. Seit den 1960er-Jahren warnt die IUCN als Dachverband von Behörden, NGOs und Fachleuten vor dem hohen Druck auf Tiere, Pflanzen und andere Lebewesen.

Gefährliche Nahrungssuche bei Menschen

Dafür ist vor allem die menschliche Industrie verantwortlich: Der natürliche Lebensraum wird zerstört, die Klimakrise verschärft die Lage zusätzlich, und hinzu kommen Faktoren wie illegaler Handel. Beim Borneo-Zwergelefanten sind das vor allem Abholzung, Landwirtschaft, Bergbau und Infrastrukturprojekte auf der südostasiatischen Insel, auf der er lebt. Heute gibt es geschätzt etwa 1000 frei lebende Exemplare. In den vergangenen 75 Jahren hat sich ihr Lebensraum so stark verkleinert, dass sie immer öfter in menschliche Siedlungen und Anlagen kommen, um nach Nahrung zu suchen.

Das hat zur Folge, dass sie teils Ernten zerstören und daher getötet werden. "Es handelt sich um eine kleine Population, die leicht verschwinden könnte, wenn wir die Entwicklung ohne Schutzmaßnahmen zulassen", sagt Craig Hilton-Taylor von der IUCN. Besorgniserregend sei außerdem die Jagd auf die Elefanten, um an Elfenbein zu kommen, Unfälle der Tiere mit Fahrzeugen sowie die Tatsache, dass sie mit schädlichen Agrochemikalien in Kontakt kommen.

Zwei Borneo-Zwergelefanten unterschiedlicher Größe unterwegs auf einem Kiesweg.
Borneo-Elefanten suchen in der Nähe von Menschen nach Nahrung, weil ihr Lebensraum stetig verkleinert wird. Das sorgt für Konflikte, die für die Elefanten oft tödlich ausgehen.
AP/VINCENT THIAN

Es gibt Aktionspläne der Regierungen Malaysias und Indonesiens zum Schutz der Tiere. Sie benötigen aber eine umfassende Koordinierung mit Unternehmen, privaten Landbesitzern und Naturschützerinnen. Behörden versuchen, Korridore zwischen den fragmentierten Gebieten zu schaffen, in denen Borneo-Elefanten leben. "Man lässt die Entwicklung zu, minimiert aber den Verlust von Lebensraum und die Auswirkungen auf die Elefanten. Das ist ziemlich knifflig", sagt Hilton-Taylor.

Kaktus unter Stress

Außerdem streicht die IUCN in einer Aussendung die Gefährdung der Copiapoa-Kakteen aus der Atacamawüste in Chile hervor. Sie sind zu beliebten Zierpflanzen geworden, verstärkt durch ehrgeizige "Pflanzeneltern" in sozialen Netzwerken, die ihre seltenen Besitztümer herzeigen und für hohe Nachfrage bei Pflanzenhändlern sorgen. Auf illegalem Weg findet die Copiapoa den Weg in immer mehr Wohnzimmer in Europa und Asien. Mittlerweile sind 82 Prozent dieser Kakteenarten vom Aussterben bedroht, vor zehn Jahren waren es noch 55 Prozent.

Kaktus mit zwei großen gelben Blüten
Der chilenische Copiapoa-Kaktus ist mit seinen bunten Blüten auch bei Hobbybotanikerinnen beliebt. Man sollte das Zuhause jedoch nicht mit illegal aus freier Wildbahnentfernten Pflanzen verzieren.
CostaRossi/Getty Images

Durch mehr Straßen in ihrer heimatlichen Wüstenregion werden die Kakteen besser zugänglich. Außerdem verursacht der Klimawandel Stress: Es fehlt an Feuchtigkeit, die per Nebel vom Ozean herüberweht, weil sich die Temperaturmuster verändern, heißt es in der Aussendung. "Die langlebigen Arten können sich nicht schnell genug vermehren, um entsprechend den Standort zu wechseln."

Um den illegalen Pflanzenhandel einzudämmen, empfiehlt Pablo Guerrero von der IUCN, beim Kauf darauf zu achten, ob die Copiapoa im Gewächshaus gezüchtet wurde oder aus freier Wildbahn stammt. Während kultivierte Pflanzen grüner erscheinen, haben wilde Copiapoa "einen grauen Ton und sind mit einer staubig aussehenden Schicht überzogen, die die Pflanzen in einer der trockensten Wüsten der Erde schützt".

Erholte Katze

Doch es gibt auch positive Beispiele, etwa aus der Katzenwelt. Die Bestände des Iberischen Luchses haben sich erholt. Gab es 2001 nur mehr 62 ausgewachsene Tiere in freier Wildbahn, waren es 20 Jahre später bereits mehr als 600 und heute mehr als 2000 Tiere. "Es ist die größte Erholung einer Katzenart, die jemals durch Naturschutzmaßnahmen erreicht wurde", sagt Francisco Javier Salcedo Ortiz, Leiter der Naturschutzmaßnahmen für den Iberischen Luchs.

Ein Iberischer Luchs unterwegs in felsigem Gelände. Die Wildkatze hat cremefarbenes Fell mit schwarzen Punkten und spitze Büschel an den schwarzen Ohren.
Der Iberische Luchs fühlt sich in seiner Heimat wieder wohler.
IMAGO/M. Woike/Blickwinkel

Hunderte Luchse wurden mit Blick auf möglichst große genetische Vielfalt neu in Spanien und Portugal angesiedelt, natürlicher Lebensraum wurde wiederhergestellt. Weil man auch für mehr Europäische Kaninchen sorgte, hatten die Luchse ein besseres Nahrungsangebot. Damit die Populationen längerfristig Bestand haben, gebe es aber noch viel zu tun. Zu stark schwankt die Populationsgröße durch Verkehrsunfälle, Wilderei und Beuteangebot. (sic, red, 28.6.2024)