Ein sanfter Hügel auf dem Mars, darauf verstreute, runde Felsen. Rechts im Vordergrund der Marshelikopter.
Ein Bild von der Marsoberfläche mit dem inzwischen außer Dienst gestellten Marshelikopter Ingenuity. Trotz intensiver Suche konnten bisher keine Spuren von Leben auf dem Mars gefunden werden.
AFP/NASA/JPL/Caltech/HANDOUT

Der Mars mag einst fließendes Wasser und lebensfreundliche Bedingungen geboten haben, doch das ist lange her. Heute erweist er sich mit seiner dünnen Kohlendioxidatmosphäre und der mangels eines Magnetfelds starken kosmischen Strahlung als tödliche Umgebung für alles, was lebt.

Doch der Mars ist dennoch einer der lebensfreundlichsten Orte im Sonnensystem neben der Erde. Welche Pflanzen auf dem Mars vielleicht tatsächlich überleben könnten, hat nun ein Forschungsteam von der chinesischen Akademie der Wissenschaften untersucht. Man unterzog ein Moos namens Syntrichia caninervis, das auf der ganzen Nordhalbkugel verbreitet ist, einigen Härtetests und veröffentlichte die Ergebnisse nun im Fachjournal The Innovation.

Extreme Kälte ...

Und diese sind durchaus ermutigend: Dass Moose Dürre zum Teil sehr gut widerstehen können, war bereits bekannt. Doch es stellte sich heraus, dass Syntrichia caninervis sowohl Temperaturen bis zu minus 196 Grad Celsius als auch Gammastrahlen wie von kosmischer Strahlung auf dem Mars aushält.

"Unsere Studie zeigt, dass die Umweltresistenz von S. caninervis besser ist als die einiger hochstresstoleranter Mikroorganismen und Bärtierchen", schreibt das Team in seiner Arbeit. Sie sei damit eine vielversprechende Pionierpflanze für eine in ferner Zukunft liegende Begrünung fremder Planeten.

Die Anforderungen der Tests waren extrem: Mehrere Jahre wurden die Moose bei minus 80 Grad Celsius aufbewahrt. Mehrere Wochen wurden sie in einem Tank mit flüssigem Stickstoff sogar Temperaturen von minus 196 Grad Celsius ausgesetzt. Niedrige Temperaturen eignen sich bekanntermaßen hervorragend zur Konservierung, sind aber in der Regel für höherentwickelte Lebewesen absolut tödlich. Das Moos konnte sich danach jedoch wieder erholen.

... und Strahlung

Die Pflanze überstand in weiteren Tests mehr Gammastrahlung als die meisten anderen Pflanzen. Gammastrahlung ist eigentlich Licht, allerdings besitzt jedes Lichtteilchen extrem hohe Energie, die beim Auftreffen auf Materie zerstörerisch wirkt. Bereits ein Zehntel der in der Studie verabreichten Dosis würde einen Menschen töten, doch das Moos konnte sich wieder erholen.

Ähnliche Versuche kennt man von Bärtierchen. Auch von ihnen ließ sich zeigen, dass sie sogar Bedingungen wie im Weltraum überstehen würden und Strahlung gut aushalten. Doch es gibt eine Einschränkung, und die teilt auch das nun untersuchte Moos: Beide sind Meister darin, sich bei Wassermangel in eine Art Trockenschlaf zu versetzen. Erst in diesem trockenen, fast leblosen Zustand werden sie so extrem widerstandsfähig.

Dieses Video zeigt das Moos Syntrichia caninervis und seine Technik, wie es verfügbares Wasser schnell aufnehmen kann.
Andik Wijayanto

Simulierte Marsatmosphäre

In einer Atmosphärensimulationsumgebung der chinesischen Akademie der Wissenschaft wurde schließlich eine Atmosphäre geschaffen, die jener des Mars in Zusammensetzung und Druck stark ähnelt. Dazu kam marstypische UV-Belastung. In dieser Umgebung wurden die Pflanzen, bei wechselnden Temperaturen zwischen minus 20 und minus 60 Grad Celsius, Zeiträumen zwischen einem Tag und einer Woche ausgesetzt.

Diesen Bedingungen konnten auch Pflanzen, die nicht getrocknet waren, einen Tag lang standhalten. Sie regenerierten sich allerdings langsamer als ihre getrockneten Kollegen.

Bis zu sich selbst erhaltenden Ökosystemen auf anderen Planeten sei es noch ein langer Weg, betonen die Forschenden. "Aber wir haben das große Potenzial von S. caninervis als Pionierpflanze auf dem Mars demonstriert", schreiben sie in ihrer Studie. Sie hoffen, das Moos künftig mit einer Mission auf den Mars zu bringen, um es dort unter Realbedingungen zu testen. Solche Tests würden in einem Gebiet wie der Raumfahrt, wo penibel auf Keimfreiheit der verwendeten Komponenten geachtet wird, einiger Diskussionen bedürfen. Von einem möglichen Versuch der Begrünung des Mars ganz zu schweigen. (Reinhard Kleindl, 30.6.2024)