Die meisten Touristen schlafen noch, wenn Gabriela und Sebastian Knöbl beim Maria-Theresien-Denkmal zwischen Naturhistorischem und Kunsthistorischem Museum auf ihre Mitläuferinnen und Mitläufer warten. Das Geschwisterpaar bietet mit seinem Unternehmen Rebel Tours Vienna nicht nur Walking Tours, sondern auch einen "History Run" an. Dieser startet meist frühmorgens, damit den Knöbls und ihren laufbegeisterten Touristen auf der etwa sieben Kilometer langen Strecke durch die Stadt keine Autos oder gemächlichere Touri-Gruppen in die Quere kommen.

Elisabeth Niedereder (rechts) hat sportliche Touren durch Wien im Angebot.
Tristyle

In gemütlicher Pace wird dann die Stadt erkundet, unterbrochen von kurzen Verschnaufpausen mit Infos zur Wiener Geschichte. "Das buchen nicht nur Marathonläufer", betont Sebastian Knöbl, sondern auch jene, denen klassisches Sightseeing im Schritttempo zu fad ist. Und zu lange dauert. Denn vom Maria-Theresien-Platz vorbei an den Sights des ersten Bezirks und bis ins Obere Belvedere schaffen es die meisten Touristinnen und Touristen nicht in flotten eineinhalb Stunden.

Ein Wasserstopp

Zwar gibt es von den geprüften Tourguides auch Infos zur Geschichte und Sehenswürdigkeiten – aber komprimierter als bei einer Walking Tour. "Das Gefühl sollte sein, dass man mit Freunden spazieren geht und dabei Infos kriegt", sagt Knöbl. Mitbringen müsse man nur die Laufschuhe. Im Sommer plant er Stopps bei Trinkbrunnen ein: "Dort erzähl ich dann über das Wiener Wasser."

Auch die Sporttrainerin Elisabeth Niedereder von Tristyle hat seit einigen Jahren spezielle Lauftouren für Touristinnen und Touristen im Angebot. Das sei zwar nach wie vor eine Nische, betont sie, in den warmen Monaten des Jahres habe sie aber mindestens eine private Tour pro Woche. "Meistens sind das Business-Reisende, die aus der kurzen Zeit das Optimum herausholen wollen", sagt sie. Manche würden die Tour auch dafür nutzen, sich am ersten Tag ihres Urlaubs ein wenig Orientierung zu verschaffen.

Genusslauf ins Kaffeehaus

Wie schnell die Kunden laufen wollen, wird vorab geklärt. "Die meisten sind Genussläufer", sagt die Trainerin. Ein Kunde habe aber auch schon einmal einen sehr ambitionierten Schnitt von 4:30 Minuten auf den Kilometer angepeilt, weshalb ein besonders schneller Guide geschickt wurde, der dieses Tempo nicht nur laufen, sondern dabei auch noch ganz locker plaudern kann. "Wollt ihr mehr sehen oder mehr laufen?", wird am Anfang jeder Tour gefragt. Meist liege der Fokus auf Letzterem, weshalb Niedereder, die auch 20-Kilometer-Touren durch den Prater im Angebot hat, gern den Donaukanal ansteuert.

Bei einer weiteren Anbieterin, der Sporttrainerin Ruth Riehle, ist die Melange-Tour beliebt, bei der es um die Kaffeehauskultur geht und die etwa beim berühmten Hawelka vorbeiführt. Kaffeetrinken ist beim Laufen zwar nicht ratsam, manche der Läuferinnen und Läufer würden aber nach dem Lauf auf eine Tasse Kaffee zurückkehren. Vielleicht auch auf eine der berühmten Buchteln. Ob mit oder ohne Stärkung: Die Begeisterung sei nach den Touren immer groß, berichten die Anbieter. Nicht nur, weil Laufen erwiesenermaßen glücklich macht. Sondern auch, weil man danach ein bisschen mehr weiß als zuvor. (Franziska Zoidl, 2.7.2024)