Wie veranlagen wirklich reiche Menschen ihr Kapital? Investieren sie es tatsächlich klüger hinsichtlich der zu erwartenden Erträge als die breite Bevölkerung ihr Erspartes? Bei Letzterer bildet nämlich das Sparbuch den Grundstock der Veranlagung, mehr als 300 Milliarden Euro werden auf diese Weise bei heimischen Banken gebunkert. Allein, obwohl die Europäische Zentralbank (EZB) wegen der Inflation ihre Nullzinspolitik längst beendet hat, sind die Erträge dieser Sparformen auf lange Sicht eher bescheiden. Für reiche Personen jedenfalls zu bescheiden, bei ihnen spielen mit dem Sparbuch vergleichbare Anlagen nur eine untergeordnete Rolle.

Große Yachten im Hafen von Monte Carlo.
Das Fürstentum Monaco zieht als nach dem Vatikan weltweit zweitkleinster Staat viele Menschen mit sehr großen Vermögen an.
IMAGO/Jean François Ottonello

Das zeigt eine Studie der Schweizer Großbank UBS, die 320 sogenannte Family Offices der Reichen bei der Veranlagung über die Schulter geschaut hat. Jedes davon verwaltet im Mittel ein Vermögen von 2,6 Milliarden Dollar für sehr reiche Familien. Wie reagieren sie auf die Zinsanstiege in den westlichen Industriestaaten, und welche Ängste plagen die Vermögensverwalter der Superreichen?

Größte Sorgen

Es zeigt sich, dass auf kurze Sicht die derzeitigen Kriege im Vordergrund stehen. Aber auch die Angst vor einer Staatsschuldenkrise treibt sie um, ebenso die Auswirkungen des Klimawandels. "Die größte Sorge mit Blick auf die kommenden zwölf Monate ist die Eskalation eines geopolitischen Konflikts", sagt der leitende UBS-Anlagestratege Maximilian Kunkel gegenüber dem Handelsblatt. Zudem gebe es Bedenken, wie sich der Klimawandel auf das Vermögen auswirke. "56 Prozent der europäischen Family Offices sehen dies als eines der Kernrisiken der nächsten fünf Jahre", ergänzt Kunkel.

Wie reagieren die Vermögensmanager der Reichen darauf? Ein starker Trend ist die Umschichtung in Anleihen der Industriestaaten, seit die EZB und andere Notenbanken das Zinsniveau deutlich angehoben haben. Mit durchschnittlich 19 Prozent legen die Reichen fast ein Fünftel ihres Vermögens in Staats- und Unternehmensanleihen mit guter Bonität an.

Nur fünf Jahre

Dabei hat der überwiegende Anteil der Papiere eine Restlaufzeit von maximal fünf Jahren. Warum nicht länger? "Family Offices sehen hier tendenziell das Risiko-Rendite-Verhältnis als nicht so attraktiv an wegen der größeren Schwankungsanfälligkeit, aber auch längerfristigen Bedenken hinsichtlich der steigenden Verschuldung vieler Industriestaaten", erklärt Kunkel. Mit bloß zehn Prozent Anteil erfreuen sich auch wenig verzinste Barreserven nur geringer Beliebtheit.

Veranlagung von Family Offices | Auftteilung nach Anlageklassen und Themen | Angaben in Prozent [gerundet]

Anders als Aktien, die mit durchschnittlich 28 Prozent am höchsten gewichtet sind. Danach folgt mit 22 Prozent Anteil eine andere Form von Unternehmensbeteiligungen, nämlich Private Equity. Fonds aus diesem Bereich veranlagen das Kapital von größeren Investoren wie Family Offices in mittelständische Unternehmen oder Konzernteile, um sie nach Jahren der betriebswirtschaftlichen Optimierung mit Gewinn weiterzuverkaufen oder an die Börse zu bringen.

Künstliche Intelligenz

Insgesamt wird also neben Anleihen und Cash die Hälfte des Vermögens in Unternehmen investiert. Dabei setzen sie vor allem auf die Bereiche künstliche Intelligenz, Gesundheit sowie Automatisierung und Robotik. Abgerundet wird das Portfolio von zehn Prozent Immobilien und kleineren Positionen in Hedgefonds, private Kreditfonds, Gold, Kunst und Infrastruktur.

"Family Offices neigen dazu, sehr schlank aufgestellt zu sein", wird in der UBS-Studie ein ehemaliger Manager zitiert. Zwei Drittel dieser Vermögensverwalter für reiche Familien kommen mit bis zu zehn Mitarbeitern aus. Die jährlichen Kosten belaufen sich dabei auf durchschnittlich etwa 0,4 Prozent des verwalteten Vermögens pro Jahr. (Alexander Hahn, 30.6.2024)