Nach einem riesigen Bergsturz in Papua-Neuguinea sind zehntausende Menschen von Hunger bedroht. Durch den Erdrutsch in der Provinz Enga im gebirgigen Landesinneren des pazifischen Inselstaats wurden am 24. Mai zahlreiche Menschen verschüttet. Während lediglich rund ein Dutzend Menschen tot aus dem Schutt geborgen werden konnten, gehen die Schätzungen über die Verschütteten weit auseinander und reichen von 160 bis über zweitausend. Der Erdrutsch erstreckt sich über eine Länge von 600 Metern und bedeckt eine Fläche von rund 90.000 Quadratmetern.

Über die genaue Opferzahl der Katastrophe herrscht auch nach einem Monat noch immer Unklarheit.
via REUTERS/UNDP Papua New Guine
Der Erdrutsch unterbrach die einzige Straße zur Porgera-Goldmine und trennte ein großes Gebiet ab.

Die Folgen der Katastrophe entfalten nun jedoch eine noch weitaus größere Dramatik: Die Erdmassen zerstörten auch eine wichtige Straße, die die einzige Zufahrt zur riesigen Porgera-Goldmine darstellt. Die Mine hatte erst kürzlich nach jahrelangem Stillstand den Betrieb wiederaufgenommen und ist der größte Arbeitgeber in der Provinz Enga. Engas Gouverneur Peter Ipatas erklärte nun, dass rund 80.000 Menschen im Porgera-Tal infolge der Katastrophe vom Hungertod bedroht seien. Der Zugang nach Porgera ist noch immer versperrt, was die Lieferung von Gütern verunmöglicht.

Der Berg ist noch immer instabil, weitere Abbrüche werden befürchtet.
IMAGO/Emmanuel Vincent Eralia

Lebensmittelversorgung unterbrochen

Der Bergbauingenieur und Gemeindevorsteher Miok Michael sagte, dass nun der Hunger für viele Menschen zu einer echten Bedrohung werde. 80.000 Menschen lebten seinen Angaben zufolge im Bereich der Goldmine. "Aufgrund des Erdrutschs und der Blockade der Straße gibt es keine Lebensmittelversorgung für die Menschen, die in diesem Gebiet leben." Michael zufolge hätte das von der Provinzregierung eingesetzte Katastrophenkomitee den Menschen geraten, das Gebiet zu verlassen, da der Berg noch immer instabil sei. Doch die Überlebenden leiden unter Nahrungsmangel, und es gebe keinen Plan für eine Umsiedelung, sagt Michael. Die Betreiber der Mine, die kanadische Barrick Gold Corporation und der chinesische Zijin-Konzern, kündigten nach dem Erdrutsch an, der Bevölkerung Hilfe in Höhe von einer Million US-Dollar zur Verfügung zu stellen. Auch Papua-Neuguineas Nachbar Australien stellte Mittel in Millionenhöhe für den Wiederaufbau zur Verfügung.

Der Schüttkegel des Erdrutsches auf einer Drohnenaufnahme von oben gesehen.
AP/Juho Valta

Mangel an Daten

Dass die Opferzahlen noch immer nicht konkret beziffert werden können – offizielle Angaben sprechen von 670 Toten –, liegt auch an einem Mangel an validen Daten zu den Einwohnerzahlen. Dazu befanden sich im betroffenen Gebiet Lokale, die von Minenarbeitern frequentiert wurden, außerdem sollen sich Menschen in dem Bereich aufgehalten haben, die aufgrund von Kämpfen zwischen rivalisierenden Stämmen vertrieben worden waren.

Starkes Bevölkerungswachstum

In Papua-Neuguinea findet derzeit eine Volkszählung statt, diese begann am 17. Juni und soll bis 30. Juni abgeschlossen werden. Miok Michael sieht dies als eine "große Herausforderung" für das Katastrophengebiet, da das abgeschnittene Gebiet natürlich auch für die Erhebung nicht mit Fahrzeugen erreichbar ist. Die Volkszählung soll Daten zum Bevölkerungswachstum in Papua-Neuguinea bringen, das als tickende Zeitbombe beschrieben wird. Während 1950 noch rund 1,7 Millionen Menschen in dem Land lebten, waren es im Jahr 2000 5,6 Millionen und 2021 bereits 9,9 Millionen. Die Volkszählung wird also voraussichtlich einen Bevölkerungsstand von über zehn Millionen Menschen ergeben, und die Prognosen sagen eine Verdoppelung bis zum Jahr 2050 voraus. Papua-Neuguinea ist damit hinter Australien der bevölkerungsreichste Staat der Region. Während Australien rund die Hälfte der Bevölkerung der Pazifikregion stellt, leben in Papua-Neuguinea bereits fast zwanzig Prozent. (Michael Vosatka, 27.6.2024)