Spiele (hier im Bild "Sackboy") werden aus unterschiedlichen Gründen gekauft. Manchmal ist es einfach nur die berühmte Angst, etwas zu verpassen.
Valve

Wer beim Summer-Sale der Spieleplattform Steam schon einmal die Kreditkarte gezückt hat, kennt das vielleicht: Auf der Suche nach dem nächsten Lieblingsspiel landet das eine oder andere Schnäppchen im Warenkorb. Dabei ist natürlich dieses eine Spiel, nennen wir es Baldur's Gate 3, das man zwar kauft, aber nie spielt, weil man es sich erst vornehmen und genießen will, wenn man ganz viel Freizeit hat. Nur kommt dieser Moment nie, nicht einmal im Sommerurlaub oder über die Weihnachtsfeiertage.

Oder ist es die berühmte Angst, etwas zu verpassen, die Fear of missing out, für die sich mittlerweile die Abkürzung Fomo etabliert hat? Irgendwann ist der Pile of Shame der gekauften Spiele groß. Und immer wieder kommen neue Games dazu, denn der nächste Sale kommt bestimmt oder es gibt ein unwiderstehliches Bundle.

Steam bietet mittlerweile sogar eine eigene Sortierfunktion an, bei der Spiele in der eigenen Bibliothek angezeigt werden, deren Spieldauer mit "0" ausgewiesen ist. Über die Analyseplattform Steam.db kann man sogar eine Art Roulette spielen: Man meldet sich mit seinem Account an, und der Zufallsgenerator wählt ein Spiel aus der Bibliothek aus, das man zwar besitzt, aber noch nie gespielt hat.

Doch wie viele Spiele sind es genau, die in den Bibliotheken ihrer Besitzerinnen und Besitzer herumliegen und keinerlei Beachtung erhalten? PCGamesN hat ein Tool namens SteamIDFinder entwickelt und will damit einen erstaunlichen Wert ermittelt haben: Der weltweite Pile of Shame ist 19 Milliarden Dollar (17,7 Milliarden Euro) wert. Das entspricht der Wirtschaftsleistung des mittelamerikanischen Staats Nicaragua.

Die Wirtschaftsleistung von Nicaragua

Von allen registrierten Steam-Konten in der Welt sind nur etwa zehn Prozent öffentlich. Das entspricht rund 73 Millionen Einträgen in der Datenbank von SteamIDFinder. Auf der Grundlage der Daten dieser Konten haben wir berechnet, dass es insgesamt Spiele im Wert von 1,9 Milliarden Dollar gibt, die gekauft und dann nie auch nur ein einziges Mal gespielt wurden. Multipliziert man das mit zehn, um alle nicht öffentlichen Steam-Profile zu berücksichtigen, kommt man auf 19 Milliarden Dollar, mehr als das Bruttosozialprodukt von Nicaragua, Niger, Tschad oder Mauritius.

Bei PCGamesN scherzt man, dass 19 Milliarden US-Dollar wohl reichen würden, um Steam-Eigentümer Valve die Lizenz für Half-Life abzukaufen, anschließend ein Studio anzuheuern und endlich einen dritten Teil zu entwickeln. Der dann freilich wiederum von zahlreichen Menschen gekauft und nie gespielt wird.

Bei Ars Technica hegt man hingegen ernsthafte Zweifel, ob die Berechnungsmethode auch nur annähernd korrekt ist. Zunächst einmal verwendet SteamIDFinder den aktuellen Verkaufspreis jedes ungespielten Spiels in der Bibliothek. Etwaige Rabatte oder Käufe im Sale werden nicht berücksichtigt. Ebenso wenig wie Spiele, die im Rahmen von Paketangeboten wie bei Humble Bundle angeboten werden. Dazu kommt, dass Spiele, die vor März 2009 gekauft wurden, als ungespielt gewertet werden, weil Valve vorher keine Stundenzählung vornahm. Half-Life 2 dürfte bei den meisten Menschen also ebenfalls auf dem Pile of Shame landen.

Der Pile of Shame wird nicht kleiner

Wer es ganz genau wissen will, der kann auch auf Steamdb.info nachschauen. Hier kann man mit einem Klick auf den passenden benannten Button "Get disappointed in your life" den Wert der eigenen Steam-Bibliothek schätzen lassen. Hier werden auch aktuelle Rabatte berücksichtigt, die Zahlen dürften also etwas näher an der Realität liegen. Auf Wunsch wird der Gesamtwert durch die Spielzeit dividiert und so ein Kosten-pro-Stunde-Wert ermittelt. Im Fall des Autors waren es 0,45 Cent, die ihn eine Stunde PC-Spiele kostet. Bei 7369 gespielten Stunden seit 2008.

Aktuell ist ja die enorm herausfordernde Erweiterung zum Hitspiel Elden Ring in aller Munde. Shadow of the Erdtree dürfte aber ebenfalls den "Haufen der Schande" weiter wachsen lassen. Denn um Zugang zur Schattenwelt zu erhalten, müssen zuvor Mogh und Radahn besiegt werden. Damit man zu einem der Bosse gelangt, muss man aber erst eine Passage zu Mohgwyns Palast finden. Damit die spielenswerte Erweiterung nicht auf ewig ungespielt in der Bibliothek bleibt, hat DER STANDARD eine Anleitung erstellt, wie man in den Genuss des neuen Inhalts kommt. (pez, 28.6.2024)