Während rund um Sam (Lupita Nyong’o) die Welt untergeht, wollen sie und ihre Katze die letzte Pizza von New York essen.
Während rund um Sam (Lupita Nyong'o) die Welt untergeht, wollen sie und ihre Katze die letzte Pizza von New York essen.
Paramount Pictures

Der Horrorfilm A Quiet Place war 2018 sowohl bei Kritikern als auch an der Kinokasse eine Überraschung. Die Erde ist darin von blinden, aber dafür besonders geräuschempfindlichen Aliens geplagt. Man muss schleichen, um ihnen zu entkommen. Beim leisesten Schallereignis werden sie angelockt und fallen zerfleischend über Menschen her. Regie führte John Krasinski, der lustige Jim aus The Office, der lustigsten Sitcom der Welt.

Mit Oscargewinnerin Lupita Nyong'o (12 Years a Slave) in der Hauptrolle kommt nach einer Fortsetzung (2020) jetzt auch noch die Vorgeschichte in die Kinos. Krasinski fungiert bei A Quiet Place: Tag Eins nur mehr als Produzent und Ideengeber, hier führte Michael Sarnorski Regie. Den kennen Genreliebhaber von seinem Regiedebüt Pig, einem Nicolas-Cage-Trüffelschwein-Drama. Erzählt wird in Tag Eins die Geschichte von dem Tag, an dem die Aliens erstmals auf die Erde kamen. Und wenn Außerirdische unseren Planeten invadieren, das weiß man aus der Filmgeschichte, kann das die verschiedensten Farben, Formen und Geräusche annehmen.

Aliens lieben uns!

Am ohrenbetäubendsten hat wohl Roland Emmerich in seinem 1996 erschienen Science-Fiction-Blockbuster Independence Day die Welt – vor allem Amerika – von Aliens angreifen lassen. Ganz ähnlich, aber quietschbunt und absichtlich komisch war das im selben Jahr in Tim Burtons Mars Attacks!. Dort fand man glücklicherweise rechtzeitig heraus, dass irdische Jodelei die überproportionalen und frei sichtbaren Gehirne der unheimlichen Wesen dritter Art platzen lässt. Die Erde konnte auch hier gerettet werden.

Sogar in der malerischen Landschaft von Neuseeland landeten sie einmal. Mit wenig Budget, aber blühend brutaler Kreativität verwirklichte Herr der Ringe-Regisseur Peter Jackson zwischen 1983 und 1987 sein Regiedebüt Bad Taste. Unter blutspritzenden Bemühungen wollten die Aliens darin die Menschheit zu wohlschmeckendem Alien-Fastfood verarbeiten. Um Kostümkosten einzusparen, erkannte man die Außerirdischen im Großteil des Films nur an den hellblauen Hemden, die sie in ihrer Menschengestalt trugen.

Neben Filmen wie No One Will Save You, Signs (Großartig: Mel Gibson als Aluhutträger) oder The Worlds End ergänzt A Quiet Place: Tag Eins das totgelaufene Genre um einen recht sehenswerten Eintrag. Vor allem liegt das an der charismatischen Hauptdarstellerin Lupita Nyong'o. Sie verkörpert die krebskranke Poetin Sam, die nihilistisch in einem Hospiz am Stadtrand von New York auf den Tod wartet. Begleitet wird sie dabei von Therapiekatze Frodo. Von einem Pfleger lässt sich Sam zu einem Ausflug ins Theater nach Manhattan überreden. Dort will sie eigentlich nur eine letzte New York Pizza essen.

The Sound of Silence

Zerberstendes Glas, Sirenen, Geschrei – New York ist als einer der lautesten Orte der Welt wohl ideal, um von geräuschempfindlichen Aliens eingenommen zu werden. Die dröhnenden Evakuierungshubschrauber locken die grauslich gestalteten Viecher nur noch mehr an. Relativ schnell erkennt die Menschheit aber ihre Schwachstelle, auf dem intergalaktischen Herkunftsplaneten konnte man wohl kein Seepferdchen-Schwimmabzeichen absolvieren. Während die Menschenmassen sich also zu den Evakuierungsbooten durchkämpfen, schlägt sich Sam, später auch begleitet vom bisserl nervigen britischen Jus-Studenten Eric (Joseph Quinn), in die entgegengesetzte Richtung durch. Zu ihrer Lieblingspizzeria.

Das dystopische Endzeitszenario in A Quiet Place: Tag Eins ist wie seine Vorgänger weder besonders innovativ noch logisch. Trotzdem schafft es der Film, emotional zu berühren. Wir erleben eine Welt, in der es den Tod bedeuten kann, raschelnd einen Schokoriegel auszupacken. Katzen und Pizza, das sind wohl auch noch während der drohenden Apokalypse die kleinen Freuden, die das Leben lebenswert machen.

Wortlos zu riskieren, dass ein blutrünstiger Alien über einen herfällt, um der Mieze die Thunfischdose zu öffnen – das ist Liebe. Aber auch große Schauspielkunst von Mensch und Tier.

Als Zuseher wünscht man sich vor allem eines: Die Katze soll überleben. Miau. (Jakob Thaller, 28.6.2024)