Menschenrechtsaktivist Fayad Mulla will eine Liste mit der Kurzbezeichnung "Keine" in die Nationalratswahl führen. Kommende Woche können Kleinparteien mit dem Sammeln von Unterschriften beginnen.
Wandel

Die Aktivistinnen und Aktivisten der linken Partei Wandel wollen auch heuer wieder für die Nationalratswahl kandidieren. Bei der vergangenen Nationalratswahl 2019 erreichte der Wandel 0,5 Prozent der Stimmen und verpasste die Vierprozenthürde für den Einzug ins Parlament damit deutlich.

Größeren Zuspruch erhofft sich die Gruppierung nun von einem anderen Namen, der dieses Jahr auf dem Stimmzettel stehen soll. Man wolle als "Keine von denen" kandidieren, kündigt Wandel-Chef Fayad Mulla im STANDARD-Gespräch an. Als Kurzbezeichnung für die Partei soll im Herbst in großen Buchstaben "KEINE" auf dem Stimmzettel aufscheinen.

Inspiration durch Peter Filzmaier

Mulla erklärt die Idee dahinter so: "Es gibt derzeit leider keine Parlamentspartei, die uns vertritt. Wir vertrauen keiner von denen. Keine ist ehrlich und transparent." Man wolle mit dem Namen jenen großen Teil der Bevölkerung ansprechen, der von den Parlamentsparteien "enttäuscht und angewidert" sei, sagt Mulla, der in seiner Rolle als Flüchtlingshelfer vergangenes Jahr mit der New York Times Menschenrechtsverletzungen der griechischen Küstenwache aufgedeckt hatte.

Vom geplanten Listennamen verspricht sich der Wandel-Chef großes Mobilisierungspotenzial – und beruft sich dabei auf den bekannten Politologen Peter Filzmaier als Kronzeugen. Filzmaier hat kürzlich in mehreren Medienbeiträgen – mitunter etwas zugespitzt – behauptet, dass eine Liste namens "KEINE" locker den Sprung in den Nationalrat schaffen würde, weil die Unzufriedenheit mit den etablierten Parteien aktuell enorm verbreitet sei.

"Wir dürfen die Unzufriedenen nicht der FPÖ überlassen", sagt Mulla. Er sei überzeugt, dass nur wenige Wählerinnen und Wähler der Blauen wirklich rechts seien: "Viele andere sind einfach wütend und enttäuscht. Denen wollen wir eine Möglichkeit geben, das durch ihr Kreuz kundzutun."

Linkes Programm und pro Ukraine

Obwohl der Wandel im Wahlkampf thematisch hauptsächlich die allgemeine politische Vertrauenskrise bespielen will, sind die Positionen doch klar im linken Spektrum angesiedelt: gegen den Kapitalismus und Privatisierungen, für höhere Löhne, für staatlich gesteuerten Klimaschutz und einen humanen Umgang mit Flüchtlingen auf Basis der Menschenrechte.

Warum also versucht der Wandel – der derzeit bloß in Linz ein Gemeinderatsmandat hält – erneut einen Alleinantritt, anstatt ein Wahlbündnis mit anderen linken Kräften zu schmieden? Die KPÖ habe Gesprächsangebote jahrelang nicht erwidert, antwortet Mulla, wirft den Kommunisten aber auch finanzielle Intransparenz und einen "Zickzackkurs" im Hinblick auf den Ukrainekrieg vor. Für ihn sei klar, dass die russische Diktatur am Krieg schuld sei und die Ukraine sich mit allem Recht verteidigt. Einen Nato-Beitritt Österreichs oder eine Abkehr von der gesetzlichen Neutralität Österreichs fordert zwar auch der Wandel nicht, doch solle man der Ukraine im gegebenen Rahmen massiv zu Hilfe eilen – selbst mit eigenen Kräften bei der politisch umstrittenen Minenräumung vor Ort.

Auch die vom Wandel gewünschte – aber wohl nur asymmetrisch denkbare – Kooperation mit der SPÖ unter deren neuem Vorsitzenden Andreas Babler kam nicht zustande: "Es gab Gespräche, aber es ist von der SPÖ leider nie ein konkretes Angebot gekommen."

Unterschriften sammeln für Kandidatur

Für einen österreichweiten Antritt muss "Keine von denen" nun zuerst einmal 2600 Unterstützungserklärungen von Wahlberechtigten sammeln – die Frist läuft von 9. Juli bis zum 2. August. Welche Personen außer Spitzenkandidat Fayad Mulla noch auf der Bundesliste oder den neun Landeslisten aufscheinen sollen, stehe derzeit noch nicht fest, sagt er dem STANDARD: "Unsere Liste ist für alle Bewerberinnen und Bewerber offen, die etwas für Land, Mensch, Tier und Planeten weiterbringen wollen." (Theo Anders, 2.7.2024)