picture in the style of a graphic novel, showing a young rapper standing inside a music studio with lots of equipment --ar 3:2
Diese Illustration eines Studios wurde mit einer KI generiert. Prompt: "picture in the style of a graphic novel, showing a young rapper standing inside a music studio with lots of equipment --ar 3:2".
Midjpourney/Stefan Mey

"Künstliche Intelligenz (KI) soll die Hausarbeit machen, damit ich Zeit zum Schreiben von Gedichten habe. Und nicht Gedichte schreiben, während ich die Hausarbeit mache." Dieser Spruch, der auf Social Media in den vergangenen Monaten zunehmend kursierte, steht exemplarisch für die zahlreichen Bedenken rund um das Wechselspiel zwischen KI-Tools und menschlicher Kreativität – wie auch Beispiele der vergangenen Tage zeigen.

Urheberrecht

So klagt die Recording Industry Association of America (RIAA) gegen die beiden Start-ups Suno und Udio, die das Generieren von kurzen Musikstücken mit einfachen Prompts ermöglichen. Vor allem um Suno war in den vergangenen Monaten ein kleiner Hype entstanden: Nach einer Probephase via Discord lässt sich das Tool nun einfach im Browser bedienen, in einem STANDARD-Versuch liefert das aktuelle Modell auf den Befehl "Ein Punkrocksong über meinen Freund Martin, der gerne Computerspiele spielt" eine überzeugend wirkende Soundspur, mit der ich dem besagten Kumpel eine Freude machen konnte. Außerdem ist Suno als Plug-in für Microsoft Copilot verfügbar, lässt sich dort also ohne zusätzlichen Account bedienen.

Der US-Branchenverband wirft Suno und Udio nun vor, urheberrechtlich geschütztes Material zum Training der KIs verwendet zu haben. Eine Thematik, die nicht neu ist und sich über diverse andere Werkgattungen erstreckt. So steht auch das Start-up Perplexity.ai – eine Art KI-Suchmaschine, die aktuelle Nachrichten aus dem Web abruft und zusammenfasst – unter anderem in der Kritik, weil man angeblich auch journalistische Texte abgreift, die sich hinter einer Paywall befinden.

Adobe wiederum sorgt bei seinen Usern für Unwohlsein, weil diese fürchten, dass ihre Werke ohne ihre Zustimmung für das Training der Firefly-KI verwendet werden. Adobe hatte zuvor stets betont, mehr Rücksicht auf die Rechte der Kreativen zu nehmen als die Konkurrenz – nachdem zuvor Anbieter wie Stable Diffusion und Midjourney wegen genau dieser Thematik in der Kritik gestanden waren. Bis hier rechtlich das letzte Wort gesprochen ist, sollen Tools wie Nightshade helfen, das KI-Trainingsmaterial gezielt zu "vergiften".

Kreativität

Die andere Frage ist jene, was das Aufkommen von KI-Werken für die Wertigkeit menschlicher Kreativität bedeutet. So wurde zuletzt in London die Premiere eines Films namens The Last Screenwriter gestrichen, dessen Script komplett von GPT-4.0 verfasst worden war. Die Handlung: Ein erfolgreicher Drehbuchautor merkt, wie er schrittweise von einer KI ersetzt wird. In der Vergangenheit hatten Scriptwriter in Hollywood unter anderem für klare KI-Regeln demonstriert, in London war nun massive Kritik von verschiedenen Seiten der Grund für den Abbruch der Premiere.

In Österreich wiederum tut sich in dieser Hinsicht auch einiges. So wird ein insgesamt eine Million Euro schweres Förderprogramm für Kulturprojekte zu Künstlicher Intelligenz ins Leben gerufen. Ein schweizerisch-österreichisches Forschungsprojekt ergründet mit KI die Strukturen erfolgreicher Musik, von Mozart bis Taylor Swift.

Klare Worte zu der Thematik findet aber auch der Kunsthistoriker Wolfgang Ullrich im Interview mit meinem Kollegen Ronald Pohl: "Die erste Verblüffung über die künstlichen Artefakte verpufft meist rasch", sagt Ullrich. In Erinnerung bleibt ein KI-Stück eigentlich nie, weil es eben auch keine echten Innovationen bietet, sondern auf bestehenden menschlichen Werken aufbaut.

Das gilt übrigens auch für den eingangs erwähnten Song für meinen Freund Martin: Der freute sich zwar über das in wenigen Sekunden erstellte, virtuelle Geburtstagsgeschenk – in die Charts werde ich es mit dem Werk aber sicher nicht schaffen. (Stefan Mey, 29.6.2024)