Studio Dan, dynamisch und qualitätsvoll im Sinne der stilistisch vielfältigen Moderne aktiv.
Ditz Fejer

Ein Festival der zeitgenössischen Töne wie Wien Modern bringt durchaus kleine Massen in Bewegung. Es schickt Hörende – auch abseits von Konzerthaus und Musikverein – auf eine Stadtreise, was nicht nur Taxiunternehmen und Öffis freut. Katalog und Folder geben Auskunft über Orte und Werke. Überblick behalten wird leicht gemacht. Uraufführungen gibt es in Wien allerdings unentwegt auch abseits der großen Häuser. Selbst Interessierte dürfen jedoch über die Werkmenge, die in Sargfabrik, Porgy & Bess, Muth, Echoraum und Schönberg-Center zusammenkommt, staunen.

Ein altes Gefühl drängt sich auf: Ohne gemeinsame Präsentation sind Buntheit und Vielfalt der Szene zu schattenhafter Unscheinbarkeit und Frust verdammt. Als Abhilfe muss kein Haus für Neue Musik errichtet werden. Das Vorhaben, Defiziten an Öffentlichkeit und Sichtbarkeit durch einen Zentralort zu begegnen, blickt auf ernüchternde Erfahrungen zurück. Die Freie Opernszene oder die Freie Theaterszene örtlich zu vereinen wurde zum Versuch, der im Streit unterging.

Wie wäre es mit Berlin-Imitation? Dort gibt es "Field Notes", immerhin eine kalendarische Auflistung der vielen Aktivitäten. Eine Wiener Plattform, ein Folder – es schiene ein nützlicher Bonsaischritt zur Bündelung des Angebots. Der Szene selbst, die immer schon an Selbstausbeutung litt, sollte man die Umsetzung nicht aufbürden. Auch bräuchte es dazu keine neue Institution. Womöglich wäre das Musikinformationszentrum Mica prädestiniert dafür. Still und ein wenig heimlich feiert die Institution ihren 30er.

Viele gute Ensembles

Es gibt gute aktuelle Beispiele. Die in einem Folder versammelten Aktivitäten des Schönberg-Jahrs zeigen, wie viel Klarheit eine haptische Broschüre schafft. Warum aber nicht träumen? Denkt man an die Lange Nacht der Museen, wünscht man sich auch eine Lange Nacht der Neuen Musik. Zu viel in zu kurzer Zeit? Dann vielleicht einen Frühling der Moderne ausrufen, an dem viele Institutionen und Orchester teilnehmen. Ensembles wie Studio Dan, Janus Ensemble, Phace Ensemble für Neue Musik und das Ensemble XXI. Jahrhundert wären wohl dabei. Bedarf gäbe es – nicht zuletzt, wenn man an die nach wie vor nicht überbordende Präsenz von lebenden Komponistinnen und Komponisten im etablierten Konzertleben denkt.

"Nett" diesbezüglich, wenn die Wiener Festwochen mit ihrer Akademie zweite Moderne den Eurozentrismus in der Avantgarde besiegen wollen. Nur, in der "eurozentristischen" hiesigen Szene, die sich ein wenig verhöhnt vorkommen darf, ist Diversifizierung seit Jahren Programm. Auch deshalb bräuchte es Transparenz und Bündelung der Aktivitäten zwecks Sichtbarkeit. Schönberg gründete den Verein für Privataufführungen, um die Musik nach der Erfahrung von Prügelkonzerten vor der Öffentlichkeit zu schützen. Prügel gibt es nicht mehr. In Wahrheit braucht es nun mehr Öffentlichkeit. Was nicht gehört wird, existiert nicht wirklich. (Ljubiša Tošić, 28.6.2024)