Ein geöffnetes iPhone ist zu sehen
Apple unterstützt das Recht auf Reparatur – und gibt für Europa ein Diagnosetool frei.
Apple

Apples Kurs beim Recht auf Reparatur ist offenbar von Kehrtwenden geprägt. Nach jahrelangem Widerstand hieß es im August 2023 zuerst überraschend, dass man das Recht aktiv unterstützen werde. Im Februar wurde dann bekannt, dass Apple der Selbstreparatur nur unter besonderen Bedingungen zustimmen wolle – vor allem wolle man die Kontrolle über die verwendeten Ersatzteile behalten.

Ein Tool zur Selbsthilfe

Jetzt will der Tech-Konzern wieder ein Schritt in Richtung Selbstreparatur setzen, indem er europäischen Kundinnen und Kunden ein Diagnosetool zur Reparatur von iPhone-, Mac- und Studio-Display-Modellen zur Verfügung stellt. Die Software "Diagnostics for Service Repair" steht nämlich ab sofort in 32 europäischen Ländern zur Verfügung, darunter auch Österreich. Unterstützt werden mittlerweile 42 Geräte, auch die neuesten Macbook-Air-Modelle mit M3-Chip.

Die Software, die im Dezember 2023 in den USA eingeführt wurde, gibt den Nutzern die gleichen Diagnosemöglichkeiten, die bisher autorisierten Apple-Dienstleistern und unabhängigen Reparaturbetrieben vorbehalten waren. Sie ermöglicht es, die Diagnose auf einem zweiten Gerät zu starten und detaillierte Anweisungen zur Überprüfung des Zustands des betroffenen Geräts zu erhalten. Anhand der Diagnose können Nutzerinnen und Nutzer feststellen, ob und welche Reparaturen notwendig sind.

Geplante Langlebigkeit

Offiziell gestartet ist das Reparaturprogramm von Apple bereits im April 2022 und ist grundsätzlich dazu gedacht, Nutzern mit dem nötigen technischen Know-how Zugang zu offiziellen Handbüchern, Ersatzteilen und Werkzeugen zu gewähren. Im Rahmen der aktuellen Ankündigung führte der Tech-Konzern auch die Unternehmensphilosophie aus, wie er die Lebensdauer seiner Produkte zu verlängen gedenkt.

Unter dem Titel "Longevity, by Design" führt ein Whitepaper aus, wie sich Produkt-Lebenszyklen konkret verlängern und mitunter dazu führen sollen, dass "hunderte Millionen iPhones länger als fünf Jahre im Einsatz sein werden". Das Unternehmen sei bestrebt, "ständig neue und innovative Wege zu suchen, um diese Mission zu erfüllen".

Umstrittenes Programm

Dabei geht Apple auch auf seine vier grundlegenden Reparaturprinzipien ein, die teilweise umstritten sind. Zunächst fokussiert sich das erste Prinzip auf die Minimierung der Umweltauswirkungen mit dem Ziel, bis 2030 klimaneutral zu werden. Apple betont dabei die Nutzung erneuerbarer Energien und den Einsatz recycelter Materialien in seinen Produkten. Das zweite Prinzip gewährt den Kunden einen leichteren Zugang zu Reparaturdiensten, indem das Netzwerk von Serviceanbietern erweitert und Selbstreparaturmöglichkeiten angeboten werden, wie es auch mit besagtem Diagnosetool der Fall ist.

Im dritten Prinzip steht die Sicherheit, Sicherung und Privatsphäre der Kunden im Vordergrund, wobei Apple ausschließlich Originalteile verwenden möchte, um – nach Eigendefinition – die Einhaltung von Sicherheits- und Datenschutzstandards zu gewährleisten. Das vierte Prinzip beinhaltet die Transparenz in der Reparatur, wodurch Kunden genau informiert werden sollen, ob, warum und welche Teile ihres Geräts repariert oder ausgetauscht wurden.

"Parts Pairing" inklusive

Problematisch daran ist das dritte Prinzip, in dem sich "Parts Pairing" versteckt. Das bezeichnet eine Methode, die Apple praktiziert, um die Verwendung seiner Original-Ersatzteile in seinen Geräten sicherzustellen. Dabei werden Hardwarekomponenten durch Softwaremaßnahmen wie das Paaren von Seriennummern miteinander verknüpft. Wenn ein Teil ersetzt wird, muss es also spezifisch für dieses Gerät autorisiert sein, andernfalls könnte das Gerät seine volle Funktionsfähigkeit verlieren.

Apple rechtfertigt diese Praxis gerade im Zusammenhang mit Wechselakkus einmal mehr mit der Notwendigkeit, die Sicherheit und Funktionsfähigkeit der Geräte zu gewährleisten und stützt sich dabei auf Studien. Der Konzern argumentiert, dass "Parts Pairing" dazu beitrage, dass Reparaturen vor allem zuverlässig ausgeführt werden, was letztendlich den Nutzern zugutekomme.

Tatsächlich ist diese Methode umstritten, weil sie die Möglichkeiten für Reparaturen durch Dritte einschränkt und somit auch die Reparaturkosten für die Verbraucher erhöhen kann. Und zwar auf ein Maß, das gerade Selbstreparaturen oft nur unwesentlich günstiger machen soll, als die Produkte gleich bei Apple oder seinen zertifizierten Partnern reparieren zu lassen.

Kritiker werfen Apple also vor, dass "Parts Pairing" weniger der Sicherheit der Nutzer dient, sondern vielmehr eine Strategie ist, um die Kontrolle über den Reparaturmarkt zu behalten – und natürlich um zusätzliche Einnahmen zu generieren. Unter diesen Voraussetzungen ist dann auch ein noch so gutes Diagnose-Tool für Nutzerinnen und Nutzer nur eingeschränkt hilfreich. (bbr, 27.6.2024)