Yamandu Costa, brasilianischer Gitarrenkönner, in entrückter Pose.
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Es ist nicht so, dass ihm die große symphonische Soundwelt nicht ebenfalls angenehm wäre. Der brasilianische Gitarrist Yamandu Costa war schon mit großen Klangkörpern im Bunde, etwa wenn es darum ging, Astor Piazzollas Konzert für Gitarre, Bandoneon und Orchester zu veredeln.

Im Grunde allerdings charmiert Costa selbst vornehmlich unbegleitet als eine Art kleines Orchester. Seine siebensaitige klassische Gitarre (gemeinhin hat eine solche sechs Saiten) vermag, so man sie beherrscht, eine Schatztruhe der subtilen Kammermusik zu sein. Bei Costa ist dies der Fall. Er trägt eine Tradition fulminant weiter, die in alle Stilrichtungen ausstrahlt und mit Gitarrist Baden Powell (1937–2000) weltweite Bekanntheit erlangte.

Geniale Tradition

Costa hat Powell, der Barock, Jazz, Bossa Nova und afrikanische Traditionen genialisch verschmolz, als Junge kennengelernt. Aber natürlich gab es da auch Einflussgrößen wie Gitarrist Rafael Rabello. Und selbstverständlich durchzieht Costas Spiel auch der "Geist" des bekanntesten Komponisten Brasiliens. Heitor Villa-Lobos (1887–1959) prägte das Genre der brasilianischen Klassikgitarre mit seinen Etüden und Präludien nachhaltig.

Dieser Mix aus Virtuosität und melodischer Grandezza ist auch bei Costa zentral, der auch Antônio Carlos Jobim als Einfluss anführt. Mit diesem Songschreiber verbindet sich wiederum eine Unmenge an Klassikern, die international ab den 1960ern für beschwingt-melancholische Laune sorgten. Etwa 1964 mit Saxofonist Stan Getz, der mit Sänger Joao Gilberto und Jobim am Klavier Jazz und Bossa zusammenbrachte.

Bekannt aus Kaurismäkis Doku

Bei seinem Abend im Porgy & Bess (29.6.) wird Costa vielleicht Jobims Girl from Ipanema, Desafinado oder die poetische Ballade Luiza spielen, dann aber in seiner individuellen Version. Der Spross einer Musikerfamilie befasste sich ja auch mit der Folklore Argentiniens und Uruguays.

Manche werden ihn über Filme kennengelernt haben. 2005 wirkte er in der Doku Brasileirinho von Regisseur Mika Kaurismäki mit. Andere werden ihn bereits in etablierten Konzerträumen Europas gehört haben, etwa mit Symphonieorchestern wie dem Orchestre de Paris oder dem Orchestre National de France unter Kurt Masur. Der verstorbene Dirigent nannte Costa dabei einen Paganini des Gitarrenspiels. Wobei: Ganz so wilde Fingerkapriolen wie beim Geigengenie wird man bei ihm nicht erleben. Technik dient bei Costa immer der poetisch-sanglichen Substanz der Töne. (Ljubiša Tošić, 27.6.2024)