Ein Mann schneidet rohen Fisch aus dem Labor in Scheiben
Das Thunfisch-Sashimi von Wanda Fish aus Israel soll weder von Mikroplastik noch von Quecksilber oder Chemikalien belastet sein.
Wanda Fish / Noam Preisman

Nicht Fisch und nicht Fleisch: Ersatzprodukte für tierische Lebensmittel werden von manchen Kunden gerne gekauft, von anderen skeptisch gesehen. Die Aktie des US-Konzerns Beyond Meat, der vegane Fleischersatzprodukte herstellt, stürzte im Dreijahresvergleich zum Beispiel um rund 95 Prozent ab. Aus Umfragen weiß man, dass Kundinnen und Kunden von Ersatzprodukten erwarten, dass diese möglichst so schmecken, aussehen und sich, auch sehr wichtig, beim Kauen so anfühlen wie die fleischlichen Vorlagen.

Bei all diesen Eigenschaften will Wanda Fish vorn mitschwimmen. Das Start-up aus Israel arbeitet daran, einen künstlichen Thunfisch auf den Markt zu bringen – roh und unter anderem erzeugt aus tierischen Zellen. Konkret tüftelt die Biotech-Firma an einem bestimmten Stück des Bauchfilets des Roten Thuns, das als "Tuna Toro" in der gehobenen japanischen Küche angeboten wird. Dieses Stück vom Fisch ist butterweich, weil fett. Derzeit feilt Wanda Fish am zweiten Prototyp. In einem Labor in der Nähe von Tel Aviv verschmilzt das Unternehmen in seinen Tanks bereits Thunfischzellen mit Eiweiß aus Algen und Erbsen.

Ein paar künstliche Thunfischscheiben liegen auf Eis in einer Schüssel
Ab Ende 2026 soll es die Spezialität in Restaurants rund um den Globus zu bestellen geben.
Wanda Fish / Noam Preisman

Frisch und roh aus dem Labor

In österreichischen Supermärkten findet man Fischersatzprodukte bisher etwa aus Reismehl oder Erbsenprotein. "Es gibt einige Unternehmen, die pflanzliche Fischersatzprodukte anbieten, aber weltweit noch kein Produkt, das Fischzellen enthält", sagt Daphna Heffetz, Geschäftsführerin von Wanda Fish, dem STANDARD über die ambitionierten Pläne. Andere Tech-Firmen, die daran forschen, würden ihre zell- und pflanzenbasierten Zutaten beim Mischen erwärmen. Das Verfahren von Wanda Fish arbeite hingegen ohne Hitze. "Das macht es anspruchsvoller, weil es absolut keimfrei und steril geschehen muss", sagt Heffetz.

Bei Wanda Fish zeigt man sich zuversichtlich, dass das Start-up nicht nur viele Fische retten, sondern auch einmal Gewinne erzielen wird. Der künstliche Rote Thun sei eines der wenigen Lebensmittel, die so teuer sind, dass sich die hohen Herstellungskosten lohnten. Der Markt für Thunfisch sei so groß, dass sich auch im Luxussegment des "Tuna Toro" genügend Kundschaft finden lasse, so die Hoffnung. Laut dem Marktforschungsinstitut Polaris nahm die Thunfischbranche im Vorjahr weltweit 41,5 Milliarden US-Dollar ein. Bis 2032 sollen es mehr als 50 Milliarden sein.

Ein Stück Sushi auf einem schwarzen Teller
Mehr als 40 Milliarden US-Dollar Umsatz machte die Thunfischbranche im Vorjahr. Wanda Fish sieht einen Markt für sein Produkt, wenngleich die Herstellung nicht billig sei.
Wanda Fish / Noam Preisman

Kein Fischen nötig

Einen Teil der gewaltigen Nachfrage will Wanda Fish decken, und zwar ohne die Meere weiter zu belasten und den Bestand von Wildfisch zu verkleinern. Für das Produkt habe man nur zu Beginn der Entwicklung Fische gefangen, erzählt Heffetz. "Wir organisierten uns dafür ein paar wenige Thunfische, von denen wir wussten, dass sie ohnehin gefangen worden wären", sagt die israelische Forscherin. Aus diesen Fängen habe man die Zellkulturen gewonnen, mit denen man bis heute arbeite.

Sollte der Thunfisch aus den israelischen Labortanks zur Marktreife gelangen, werde das aber nicht nur den Fischbeständen helfen. Das Filet werde auch gesünder, weil "frei von Mikroplastik, Quecksilber, Giftstoffen und Chemikalien" sein, so das Unternehmensversprechen.

Daphna Heffetz, israelische Tech-Unternehmerin
Co-Gründerin und Start-up-Chefin Daphna Heffetz: "Es gibt einige Unternehmen, die pflanzliche Fischersatzprodukte anbieten, aber weltweit noch kein Produkt auf dem Markt, das Fischzellen enthält."
Chen Galili

Nicht unbedingt vegetarisch

In rund zwei Jahren, bis Ende 2026, soll es Sashimi und Sushi, produziert von Wanda Fish, in Restaurants zu bestellen geben. "Wir arbeiten laufend an Verbesserungen der Textur, bis dahin soll ein Gast keinen Unterschied mehr merken", sagt Heffetz. Zehn Millionen Dollar habe man in zwei Finanzierungsrunden bisher dafür gesammelt. Zielgruppen seien Lieferanten und Restaurants rund um die Welt.

Wäre ein Fischersatzgericht, das auch Fischzellen enthält, aber eigentlich für Vegetarier geeignet? Das sei eine Frage, die viele in der Fleisch- und Fischersatzproduktion beschäftigte, sagt Heffetz. Es gehe dabei nicht nur um Vegetarier und Veganer, sondern auch um Allergiker. Tatsächlich sei es so: "Wenn jemand allergisch gegen Fisch sein sollte, wird er auch den 'Tuna Toro' wahrscheinlich nicht essen können." (Lukas Kapeller, 28.6.2024)