Ein Roboter mit im Labor gezüchteter menschlicher Haut.
Takeuchi et al.

Wozu könnte ein Roboter mit Selbstheilungskräften, einem sensorischen "Gefühl" und einer menschlich wirkenden Haut wohl gut sein? Dieser Frage ist ein Forscherteam aus Tokio nachgegangen und hat unter Beweis gestellt, dass es künstlich gezüchtete menschliche Haut über einem metallischen Endoskelett anbringen kann.

Noch hat Professor Shoji Takeuchi zwar keinen unangenehmen Besuch von einem T-800 Terminator aus der Zukunft erhalten, aber es wirkt schon wie Science-Fiction, was er und sein Team vollbracht haben. Es ist ihnen mit einem eigens entwickelten Verfahren gelungen, ein Stück künstliche lebende Haut an einem Roboter zu befestigen. Dabei bedienten sie sich des Vorbilds menschlicher Haut und der Art, wie diese mit ihrem Bindegewebe an tieferliegenden Strukturen "montiert" ist.

Lächeln auf Kommando

Wie sich nämlich in der Vergangenheit herausgestellt hat, ist es gar nicht so einfach, menschliche Haut über die Oberfläche eines Roboters zu spannen. Bislang wurden Minianker oder Haken für diese Zwecke benutzt. Dabei entstand aber das Problem, dass die Haut bei Bewegungen beschädigt wurde. Außerdem war es bei diesen Befestigungsmethoden nicht möglich, annähernd menschliche Bewegungen nachzuahmen.

The Terminator (Arnold Schwarzenegger) all smile scenes
KeMo

Der Roboter aus Tokio kann nämlich auf Kommando lächeln. Das ist durch kleine V-förmige Perforationen an der Oberfläche des Roboters möglich. Dem Forscherteam ist es gelungen, ein spezielles Kollagengel in die feinen Strukturen der Oberfläche einzubringen, an dem die Haut festwachsen konnte. Die natürliche Flexibilität der Haut und die starke Methode der Anbringung machen es möglich, dass sich die Haut mit den mechanischen Komponenten des Roboters bewegen kann, ohne zu reißen oder sich abzulösen.

"Die Manipulation von weichem, feuchtem biologischem Gewebe während des Entwicklungsprozesses ist viel schwieriger, als Außenstehende vielleicht denken. Wenn zum Beispiel die Sterilität nicht aufrechterhalten wird, können Bakterien eindringen, und das Gewebe stirbt ab", so Takeuchi.

"Selbstheilung ist eine große Sache"

"Aber jetzt, wo wir das können, kann lebende Haut Robotern eine Reihe neuer Fähigkeiten verleihen. Selbstheilung ist eine große Sache – einige Materialien auf chemischer Basis können dazu gebracht werden, sich selbst zu heilen, aber sie benötigen Auslöser wie Hitze, Druck oder andere Signale, und sie vermehren sich auch nicht wie Zellen. Biologische Haut repariert kleine Risse, und es können Nerven und andere Hautorgane hinzugefügt werden, um sie für die Wahrnehmung zu nutzen", so der Leiter des Labors für biohybride Systeme.

"Lächelnde" Haut in 2D.
Takeuchi et al.

Eingesetzt werden soll die Methode in der medizinischen Forschung, vor allem in den Bereichen Hautalterung und Kosmetik, sowie bei chirurgischen Verfahren wie der plastischen Chirurgie. Wenn Sensoren eingebaut werden können, können Roboter auch mit einem größeren Umgebungsbewusstsein und besseren interaktiven Fähigkeiten ausgestattet werden. Wohin das in Zukunft führen wird, ist laut Takeuchi klar: das menschliche Aussehen nachzubilden. Das sei nun bis zu einem gewissen Grad schon gelungen.

"Herausforderung ist die Mimik"

Perfekt ist die Methode noch nicht. Um ein menschenähnlicheres Aussehen zu erreichen, sind etwa Falten in der Oberfläche nötig. Noch wirkt der Roboter mit der menschlichen Haut nämlich sehr glatt und so, als wäre er mit Gummi überzogen. Außerdem müsse die Haut insgesamt dicker werde, um menschlich zu wirken. "Wir glauben, dass eine dickere und realistischere Haut durch die Einbeziehung von Schweißdrüsen, Talgdrüsen, Poren, Blutgefäßen, Fett und Nerven erreicht werden kann. Natürlich ist auch die Bewegung ein entscheidender Faktor, nicht nur das Material. Eine weitere wichtige Herausforderung ist die Schaffung einer menschenähnlichen Mimik durch die Integration hochentwickelter Aktuatoren oder Muskeln in den Roboter. Die Entwicklung von Robotern, die sich selbst heilen, ihre Umgebung genauer wahrnehmen und Aufgaben mit menschenähnlicher Geschicklichkeit ausführen können, ist unglaublich motivierend", so Takeuchi.

Takeuchi ist ein Pionier auf dem Gebiet der biohybriden Robotik, in dem Biologie und Maschinenbau aufeinandertreffen. Bislang hat sein Labor mit biologischem Muskelgewebe laufende Miniroboter, 3D-gedrucktes Fleisch, künstliche Haut, die heilen kann, und vieles mehr entwickelt. (pez, 27.6.2024)