Blick auf einen Industrieschlot, aus dem weißer Rauch kommt.
Durch die Schlote mancher Industrieanlagen gelangt viel klimaschädliches Kohlendioxid in die Atmosphäre. Das CO2 herauszufiltern, zu einer geeigneten Lagerstätte zu bringen und dort permanent zu speichern wäre eine Möglichkeit, prozessbedingte Emissionen zu reduzieren.
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Nach 13 Jahren effektiven Verbots der Speicherung von Kohlendioxid (CO2) in Österreich hat die Regierung nun die Weichen dafür gestellt, dass davon abgerückt werden kann. Gesetz gibt es noch keines und geht sich in dieser Legislaturperiode angesichts des Wahltermins Ende September auch nicht mehr aus; ÖVP und Grüne haben sich aber erstmals auf Regeln zur Abscheidung und Speicherung von CO2 geeinigt, eine Art Empfehlung für die kommende Regierung, wie immer diese zusammengesetzt sein mag.

Frage: Was versteht man unter Carbon Capture?

Antwort: Als Carbon Capture (CC) wird das Abscheiden oder Einfangen von Kohlendioxid (CO2) aus industriellen Abgasen oder aus der Luft bezeichnet. Damit soll der Anteil an klimaschädlichen CO2-Emissionen in der Atmosphäre reduziert werden.

Frage: Was versteht man unter Carbon Capture and Storage – kurz CCS?

Antwort: Darunter versteht man die Abscheidung, den Transport und die langfristige Speicherung von CO2. Als Speicherstätten eignen sich zum Beispiel ausgeförderte Öl- und Gasfelder, die so einer neuen Bestimmung zugeführt werden. Die Speicher können entweder unterirdisch an Land (on-shore) oder unter dem Meeresboden (off-shore) sein.

Frage: Oft ist auch von Carbon Capture and Utilisation (CCU) die Rede. Was ist das?

Antwort: So bezeichnet man die Abscheidung, den Transport und die anschließende Nutzung von CO2. Zum Beispiel kann CO2 in Beton, Schlacke oder Flugasche permanent gespeichert werden (Mineralisation). Einige Weiternutzungen führen allerdings nur zu verlagerten oder verzögerten Emissionen, weil das CO2 nicht permanent gebunden wird. Dazu zählen etwa E-Fuels oder der Einsatz in Kunststoffen, weil Erstere energetisch genutzt werden und Letztere am Ende ihres Lebenszyklus in der Abfallverbrennung landen.

Frage: Wäre es nicht besser, CO2 zu vermeiden, statt Kohlendioxid mit hohem Energieaufwand einzufangen und zu speichern?

Antwort: CO2 vermeiden, wo immer es geht, ist sicher der Königsweg. Es gibt aber Prozesse, wo CO2 unweigerlich anfällt, etwa bei der Zementerzeugung oder der Abfallverbrennung. Genau dafür soll CCS künftig in Österreich erlaubt werden.

Frage: Welche möglichen Risiken gibt es bei der Speicherung von CO2?

Antwort: Kritiker und Kritikerinnen warnen vor unter der Erde oder dem Meeresboden austretendem CO2, einer Gefährdung des Trinkwassers oder gar der Gefahr von Erdbeben, sollte Kohlendioxid in bereits zu dichte Gesteinsschichten gepresst werden. Dann wären kleinere Erdstöße, vergleichbar mit einer vorbeifahrenden Straßenbahn, möglich. Die Risiken seien bei sorgfältigem Umgang aber überschaubar, sagen Experten.

Frage: Lässt sich sagen, wie hoch die prozessbedingten CO2-Emissionen in Österreich sind?

Antwort: Laut Umweltbundesamt verbleiben in den Sektoren Energie und Industrie, Landwirtschaft und Abfallwirtschaft trotz CO2-Vermeidungsanstrengungen Restemissionen. Im Szenario Transition 2040 sind es etwa 15 Prozent der ursprünglichen Emissionen, was rund elf Millionen Tonnen CO2-Äquivalenten entspricht. In Teilen dieser Sektoren wie der Zement-, Kalk-, Feuerfest-, Eisen-, Stahlproduktion oder Siedlungsabfallverbrennung entstehen an einzelnen Standorten große Mengen an CO2.

Frage: Wie erfolgt die Abscheidung von CO2?

Antwort: Das CO2 wird von den anderen Gasen getrennt, häufig durch eine chemische Lösung. Moderne Technologien können theoretisch das gesamte CO2 im Abgasstrom, zum Beispiel im Kamin eines Zementwerks, abscheiden.

Frage: Der Ort der Abscheidung ist wohl in den wenigsten Fällen der Ort, wo das CO2 gespeichert werden kann. Wie wird das CO₂ transportiert?

Antwort: Das abgeschiedene CO₂ kann mittels Pipeline, Lastwagen, Tankwaggon oder Tankschiff (wenn es sich um eine Off-shore-Speicherstätte handelt) transportiert werden. Laut Experten macht es für den Transport großer CO₂-Mengen aus ökologischer und wirtschaftlicher Sicht Sinn, ein Pipelinenetz aufzubauen.

Frage: Welche Voraussetzungen muss eine Lagerstätte haben, damit dort CO₂ gespeichert werden kann?

Antwort: Sie sollte wegen des Drucks mindestens 1000 Meter tief sein. Dort wird das abgeschiedene CO₂ in Gesteinsformationen injiziert. Das CO₂ wird in den Poren geologischer Formationen mit undurchlässigen Gesteinsschichten eingeschlossen, die wie Dichtungen wirken und verhindern, dass CO₂ zurück in die Atmosphäre entweicht.

Frage: Wie viel CO₂ kann in Österreich geologisch gespeichert werden?

Antwort: Bisher gibt es wenige quantitative Untersuchungen dazu. Zu den Einflussfaktoren auf die Speicherkapazität zählen beispielsweise die Größe der geologischen Formationen und die Lagerstättendruckbedingungen.

Frage: Wie ist die Rechtslage in Österreich?

Antwort: Die geologische CO₂-Speicherung ist in Österreich seit 2011 verboten. Eine Ausnahme gibt es für Forschungsvorhaben bis maximal 100.000 Tonnen CO₂.

Frage: Haben andere EU-Länder Pläne, CO₂ geologisch zu speichern oder zu nutzen?

Antwort: Vor allem Küstenländer wie Schweden, die Niederlande, Dänemark und Norwegen haben sehr konkrete Pläne und teilweise Anlagen für Abscheidung, Transport und Speicherung von CO₂ in Betrieb.

Frage: Wie ist die Haltung der EU-Kommission zu Carbon Capture?

Antwort: Mit der Industrial Carbon Management Strategy will die Kommission die Entwicklung und Anwendung von Technologien zur Abscheidung, zum Transport, zur Speicherung und zur Nutzung von CO₂-Emissionen aus Industrieanlagen sowie zur Entfernung von CO₂ aus der Atmosphäre fördern, wie einer Stellungnahme vom Februar dieses Jahres zu entnehmen ist. Im Hintergrund steht das Ziel, die CO₂-Emissionen bis 2040 im Vergleich zu 1990 EU-weit um 90 Prozent zu reduzieren – Voraussetzung, um im Jahr 2050 die angestrebte Klimaneutralität zu erreichen. Die industrielle CO₂-Entnahme, die künftig auch in Österreich möglich sein soll, ist dabei ein Puzzlestein. (Günther Strobl, 27.6.2024)