Egisto Ott ist aus der Untersuchungshaft entlassen worden. Dem ehemaligen BVT-Mitarbeiter wird jahrelange Spionagetätigkeit vorgeworfen. Ott wurde am 29. März fest- und in weiterer Folge in Untersuchungshaft genommen. Das Oberlandesgericht (OLG) Wien gab am Mittwoch einer Haftbeschwerde des ehemaligen Beamten des Bundesamts für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT) Folge und ordnete seine Enthaftung an.

Egisto Ott
Gegen Egisto Ott gab es zuletzt Spionagevorwürfe.

Dieser Beschluss wurde unverzüglich umgesetzt. "Er hat vor rund einer Stunde die Justizanstalt Josefstadt verlassen", bestätigte der Sprecher des Wiener Landesgerichts für Strafsachen, Christoph Zonsics-Kral, zu Mittag der APA. Das OLG begründete seine Entscheidung in einer Pressemitteilung damit, dass zwar der dringende Tatverdacht "weitgehend" bestehe, aber der Haftgrund der Tatbegehungsgefahr nicht gegeben sei. "Es gibt keine Anhaltspunkte dafür, dass der Beschuldigte nach einer früheren Untersuchungshaft Anfang des Jahres 2021 weitere Straftaten verübt hat. Die Fakten, auf die sich der dringende Tatverdacht bezieht, liegen vor der seinerzeit verhängten Untersuchungshaft", hieß es in der Medienerklärung.

Bei "Verdunkelungsgefahr", die von der Staatsanwaltschaft (StA) Wien bei Ott ebenfalls angegeben wurde, dürfe die U-Haft höchstens zwei Monate dauern. Fluchtgefahr habe die StA Wien damals nicht angeführt.

Übergabe an russische Agenten

Ermittler werfen Ott vor, im Sommer 2022 – also deutlich nach Anfang 2021 – drei Smartphones, die hochrangigen Spitzenbeamten gehörten, sowie einen Laptop an russische Agenten übergeben zu haben. Diese holten die Geräte an zwei Terminen bei der Wohnung von Otts Schwiegersohn ab, der mit der Sache nichts zu tun haben will. Offenbar stufte das OLG die Vorgänge rund um die Übergabe, bei der auch Geld geflossen sein soll, nicht als etwaige Straftaten ein.

Zudem soll Ott die Meldeadresse des Investigativjournalisten Christo Grozev ausgeforscht haben, der erst am Dienstagabend mehr Spionageabwehr gefordert hat. Dieselbe Agentenbande, der Ott mutmaßlich Geräte übergab, war auch in Grozevs Wohnung in Wien eingebrochen, um dort Recherchematerial des Kreml-kritischen Aufdeckers zu besorgen. Die Spione wurden in Großbritannien geschnappt, im Herbst soll dort ein Prozess beginnen.

Laut britischen Ermittlern ist die Bande vom ehemaligen Wirecard-Manager Jan Marsalek geleitet worden, der nun offenbar in Moskau für den russischen Inlandsgeheimdienst FSB aktiv ist. Recherchen von Spiegel, ZDF und STANDARD hatten im Frühjahr offengelegt, dass Marsalek wohl schon seit einem Jahrzehnt mit russischen Diensten involviert ist. Spätestens ab 2015 bestand auch ein Kontakt zwischen Marsalek und dem damaligen BVT-Abteilungsleiter Martin Weiss, der damals Otts Vorgesetzter war. Weiss hält sich derzeit in Dubai auf. Ott hat die Vorwürfe, für Russland tätig zu sein, stets bestritten. Es gilt die Unschuldsvermutung. (red, 26.6.2024)