Kaja Kallas wird wie Ursula von der Leyen bald einen EU-Spitzenjob bekleiden.
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Mark Rutte brauchte einen langen Anlauf, um neuer Generalsekretär der Nato zu werden. Es dauerte ein Jahr, bis sich die Partnerstaaten im Bündnis einigen konnten. Dieser politische Job steht traditionell Europäern zu, der militärische Oberbefehlshaber den USA. Zuletzt gab Ungarn sein Veto auf. Rumäniens Präsident Klaus Johannis verzichtete "freiwillig".

So werden Deals bei allen Schlüsselposten in EU und Nato gemacht: im breiten Kompromiss zwischen Parteifamilien, im Abtausch zwischen großen und kleinen Staaten, auch nach regionalen Gesichtspunkten. Und im Paket. Der liberale niederländische Premier Rutte ist nach vierzehn Dienstjahren einer der Besten, den Europa aufzubieten hat. Er kommt aus einem reichen, westeuropäischen Land. Gute Wahl, gutes Omen.

Personen mit hoher Qualität

Beim EU-Gipfel werden die 27 Staats- und Regierungschefs jetzt alle weiteren EU-Spitzenposten besetzen. Wenn das im Vorfeld ausgehandelte Paket hält, könnte das gemeinsame Europa bald eine beachtliche Führung bekommen, Personen mit hoher Qualität, die für Stabilität stehen.

Was dabei auffällt: Vier von sechs Topjobs wären mit Frauen besetzt. Die Chefin der Euro-Zentralbank, Christine Lagarde aus Frankreich, ist noch bis 2027 im Amt. Die Deutsche Ursula von der Leyen, seit 2019 als krisen- und kriegsfest bewährt, ginge in eine zweite Amtszeit. Roberta Metsola aus Malta bliebe EU-Parlamentspräsidentin. Neu zu den Christdemokratinnen käme Kaja Kallas. Die 45-jährige Premierministerin von Estland gilt als Ass, nicht nur wegen ihrer sehr bestimmten Haltung zu Wladimir Putin und dem Ukrainekrieg.

Ex-Premier António Costa, ein Sozialist, der Portugal aus der Krise führte, rundet den Sechserpack ab, auch er parteiübergreifend angesehen. Durchwegs so erfahrene, durchsetzungsfähige Leute gab es an der EU-Spitze bisher selten. (Thomas Mayer, 26.6.2024)