Es war bzw. ist ein buntes Potpourri an Hürden, mit dem die Wirtschaft seit mehr als zwei Jahren zu kämpfen hat. Inflation, Zinsen auf Rekordhoch und explodierende Energiekosten führten besonders in der Start-up-Szene zu einer Zäsur. Bis zur Jahreshälfte 2022 floss praktisch unbegrenzt Risikokapital, Bewertungen überschlugen sich, und schnellem Wachstum wurde alles untergeordnet. Die ökonomische Zeitenwende setzte dem ein jähes Ende, auf einmal war es wichtig, dass Start-ups profitabel wirtschaften. Und viele Risikokapitalgeber drehten gezwungenermaßen den Geldhahn zu.

Zahlen unterstreichen den Trend. Von 2022 auf 2023 nahm das Investmentvolumen in österreichische Start-ups um ein Drittel ab, wie aus dem EY-Start-up-Barometer hervorgeht. Doch es tut sich wieder einmal etwas in die andere Richtung. Fünf heimische Business-Angels, die gemeinsam über mehr als 150 Start-up-Beteiligungen verfügen, haben sich zusammengetan und investieren künftig gemeinsam in junge Tech-Unternehmen. Angels United heißt die neu gegründete GmbH, und mit dabei sind Markus Ertler, Hermann und Niki Futter, Karl Büche sowie Michael Edtmayer, der die Geschäftsführung übernimmt.

ein Papierschwan verwandelt sich in einen Flieger.
Die vergangenen beiden Jahre waren hart für die Start-up-Szene. Die abrupte Änderung der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen haben viele Jungunternehmen nicht überstanden. Allmählich kommt wieder Schwung in die Branche.
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Größter Frühphaseninvestor werden

"Wir bündeln unsere Kräfte, wodurch größere Investments für Start-ups möglich werden. Außerdem können wir gemeinsam die Managementabläufe standardisieren, was uns schneller und effizienter macht. So sollten wir relativ bald der größte Frühphaseninvestor des Landes werden", sagt Hermann Futter im Gespräch mit dem STANDARD. Es sei immer noch sehr schwer, ordentliche Finanzierungsrunden aufzustellen, und gemeinsam ließen sich die Probleme der vergangenen beiden Jahre besser ausbalancieren. Über 30 Investments sind für die kommenden zwei bis drei Jahre geplant.

Klare Investmentstrategie gibt es keine, fest steht nur, dass man sich auf die Frühphase konzentriert. Fondsstrukturen oder große Wachstumsrunden seien kein Thema, heißt es. Geplant sind Ticketgrößen von bis zu 300.000 Euro zuzüglich Folgerunden. "In den Anfängen geht es bei einer Due-Diligence-Prüfung oft darum, ein Gründerteam richtig einzuschätzen. Jeder hat sich schon mal in einem Menschen geirrt, die Erfahrung mehrerer Investoren reduziert also die Wahrscheinlichkeit, dass man sich in jemandem täuscht", meint Niki Futter.

Von Unternehmen für Unternehmen

Welche Start-ups haben eine Chance? Gesucht werden österreichische Unternehmen mit einem Geschäftsmodell, das einen Exit mit einer Vervielfachung des eingesetzten Kapitals erwarten lässt. "Der Fokus liegt auf Tech-Unternehmen, in Energydrinks oder hippe Müsliriegel werden wir nicht investieren", sagen alle unisono. Die besten Erfahrungen hätten alle mit "B2B-SaaS-Modellen". Das steht für "Business-to-Business-Software-as-a-Service", und dabei handelt es sich um Softwarelösungen, die von einem Unternehmen (dem Anbieter) an andere Unternehmen (die Kunden) als Dienstleistung über das Internet bereitgestellt werden. Ein solches Geschäft läuft meist über ein Abo-Modell, der Kunde muss nichts oder nur wenig installieren, und auch die Wartung übernimmt der Anbieter.

Eine Gruppe Männer lehnt an einer Wand
Niki Futter,Michael Edtmayer, Hermann Futter,Karl Büche und Markus Ertler bilden zusammen Angels United (v. li.). Alexandra Ruzsa ist geschäftsführende Gesellschafterin der Compass-Gruppe und zählt zum Team von Hermann Futter.
Angels United

Einfachere Internationalisierung

Für Unternehmen aus einem kleinen Land wie Österreich ist es mit einem B2B-SaaS-Ansatz tendenziell am einfachsten, auch international zu reüssieren. Hier kann ein kleines Team große Erfolge erzielen. Prominente Beispiele aus Österreich sind Blockpit, Mostyl AI, Planradar, Txture oder Eversports. Produziert man eigene Hardware, ist das ein langwieriges und kapitalintensives Geschäft. Direkt an Konsumenten zu verkaufen, also B2C, ist noch kapitalintensiver.

"Der Weg hinaus aus dem Heimmarkt ist immer schwer, sind die Kunden andere Unternehmen, wird es schon einfacher. Im SaaS- oder Plattformbereich geht dann auch die Internationalisierung einfacher. Österreich ist in dem Fall kein Standortnachteil", sagt Markus Ertler.

Wer sind die Protagonisten im Detail? Markus Ertler, Hermann Futter und Niki Futter waren alle bereits "Business Angel of the Year". Ertler gründete 1994 die weltweit erste Immobilienplattform und führte Immobilien.net 2014 zum Exit. Die Futter-Brüder stehen hinter der Compass-Gruppe, Niki hat diese allerdings vor vier Jahren verlassen und konzentriert sich seither ausschließlich auf Investments. Karl Büche hat mehrere Unternehmen gegründet und war Manager bei Henkel, und Michael Edtmayer betreut seit Jahren die individuellen Portfolios der anderen Investoren. (Andreas Danzer, 27.6.2024)