Die Aktion war lange vorbereitet und fiel entsprechend gründlich aus: Am Dienstag rückten die Ermittler in der Causa Signa rund um René Benko aus, um mehrere Standorte zu durchsuchen – darunter auch Benkos Villa in Igls nahe Innsbruck und einen weiteren Wohnsitz der Familie.

Benko im U-Ausschuss
Signa-Gründer René Benko am Mittwoch, 22. Mai 2024, vor dem Cofag-U-Ausschuss.
APA/GEORG HOCHMUTH

Am Abend bestätigte die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) in einer Aussendung, dass "Sicherstellungen möglicher Beweismittel an Unternehmens- und Privatadressen" in "Ermittlungen wegen des Verdachts auf Untreue, Betrug und betrügerische Krida" stattgefunden hätten.

Porsche abgeschleppt 

Genaueres erschließt sich zum Beispiel aus der Anordnung zur Durchsuchung der beiden genannten von Benko und seiner Familie privat genutzten Immobilien, über die zunächst Profil berichtet hat. Die Ermittler konzentrieren sich demnach auf vier Stränge, zu denen sie weiteres Material wie "Besprechungsprotokolle und -notizen, Memos, Präsentationen, Planrechnungen, Vertragsentwürfe, Buchhaltungs- und Geschäftsunterlagen" sowie Korrespondenzen und Chatprotokolle ab März 2020 sicherstellen wollten.

Inhaltlich geht es bei den Vorwürfen erstens um Benkos persönliche wirtschaftliche Gebarung (Faktum "Insolvenz Benko"). Da verdächtigen die Ermittler den Unternehmer, er habe "einen Bestandteil seines Vermögens beiseitegeschafft", um Schulden nicht bezahlen zu müssen.

Die Hausdurchsuchung am Dienstag in Benkos Villa bei Innsbruck.
APA/MARKUS ANGERER

In diesem Zusammenhang suchen die Ermittler auch nach Waffen, die auf Benko registriert sind, aber im Vermögensverzeichnis in seinem privaten Insolvenzverfahren nicht auftauchen. So sei noch im Oktober 2023 eine Glock-Pistole auf Benko registriert worden.

Gefunden und abgeschleppt wurde im Rahmen der Hausdurchsuchung auch ein Porsche Speedster 911, der bis Oktober 2023 auf Benko zugelassen war, dann aber für die Laura Bacchus GmbH angemeldet wurde. Kurz danach gingen laut Anordnung 150.000 Euro auf Benkos Konto ein. Die Ermittler wollen nun klären, ob das ein "fremdübliches" Geschäft war, also ob der Kaufpreis angemessen war.

Video: Hausdurchsuchung bei Benko-Villa in Innsbruck und Signa in Wien.
APA

Immobilien, die Benko "wichtig sein dürften"

Die Rede ist von auffällig hohen Bargeldabhebungen und Zusatzunterhalt für eine nahe Angehörige Benkos, die für ein Immobilieninvestment Anfang 2023 mehr als zwei Millionen Euro erhalten haben soll. Die Ermittler prüfen auch Benkos Abtretung seiner Geschäftsanteile am Wiener Nobelitaliener "Fabios" an die Laura Privatstiftung.

Zweitens geht es um Transaktionen rund um die liechtensteinische Ingbe-Stiftung, die Benko zugerechnet wird. Diese habe im Sommer 2023 "stark wertgeminderte" Aktien an der Signa Prime gegen Anteile an jenem Unternehmen "getauscht", dem Benkos Villa am Gardasee (Villa Eden Gardone) gehört. Salopp gesagt hegen die Ermittler den Verdacht, dass sich Benko so "luxuriöse Immobilien (...), die ihm persönlich wichtig sein dürften", gesichert habe.

Bei den anderen Ermittlungssträngen geht es vereinfacht gesagt um den Verdacht, dass Benko und andere Signa-Entscheidungsträger durch die Vorspiegelung falscher Tatsachen Geld aufgestellt hätten. Etwa durch den bereits bekannten Kredit von der Grawe-Bank Schelhammer Capital, die Strafanzeige erstattet hat.

"Kaskade an Überweisungen"

Zudem sollen Benko und andere Signa-Verantwortliche Investoren betrogen haben, indem mit einer "Kaskade an Überweisungen über mehrere involvierte Unternehmen" der Eindruck erweckt werden sollte, "dass die Familie Benko Privatstiftung ihrer Verpflichtung zur Kapitalerhöhung mit eigenen Geldern nachkommt". Das sei aber nicht der Fall gewesen, tatsächlich sei das mit dem Geld anderer Investoren geschehen. Die Ermittler sehen all diese Deals als "Karussell", und es sei "höchst zweifelhaft", dass diese Überweisungen "wirtschaftlich gerechtfertigt" gewesen seien.

Auch in den Signa-Büros in Wien gab es Hausdurchsuchungen.
APA/HELMUT FOHRINGER

Die Benko zuzurechnende Privatstiftung sei "klare Profiteurin der angeführten Tathandlungen (...), nachdem sie sich das zugesagte Investment quasi 'ersparte'", heißt es in der Anordnung. Geschädigt worden seien etwa der Schweizer Unternehmer Ernst Tanner und die Eugster/Frismag AG, bei Hans-Peter Haselsteiner und dem Fressnapf-Konzern sei es beim Versuch geblieben.

All das wiegt sehr schwer: Benko und etlichen seiner Wegbegleiter wird Untreue, Betrug und betrügerische Krida vorgeworfen. Die Ermittler sehen Benko als "faktischen Geschäftsführer" an, der quasi das letzte Wort bei wichtigen Signa-Deals hatte, und berufen sich dabei auch auf Aussagen von Zeugen, die das genauso schilderten, und auf Chats, die das nahelegen. Benko selbst betonte bisher stets, er habe keine operativen Entscheidungen getroffen und sei strategischer Berater gewesen.

Größte Pleite der Zweiten Republik

All diese Geschäfte fanden laut Ermittlungen der WKStA zu einer Zeit statt, als sich die Schieflage der Signa-Gruppe bereits manifestiert hat und auch in der Öffentlichkeit schon die Rede davon gewesen ist. Tatsächlich meldete die Signa-Holding als Dachgesellschaft bereits Ende November des Vorjahres Insolvenz an, wenig später folgten die Kerngesellschaften Prime und Development. Insgesamt handelt es sich um die größte Pleite der Zweiten Republik; auch in Deutschland sind zahlreiche Gesellschaften insolvent.

Steigende Zinsen, fallende Immobilienpreise und sündteure Ausflüge in die Handelssparte haben das vor allem von wohlhabenden Investoren und Banken finanzierte Signa-Imperium zum Einsturz gebracht.

Benkos Anwalt Norbert Wess hat bereits am Dienstag betont, sein Mandant sei "kooperativ und konstruktiv". Dem Vernehmen nach sollen sich die Hausdurchsuchungen bis in den späten Abend gezogen haben. René Benko und die übrigen Beschuldigten bestreiten die Vorwürfe, und für sie alle gilt die Unschuldsvermutung. (Renate Graber, Fabian Schmid, 26.6.2024)