Pepe im Zweikampf.
Pepe (rechts) im Kampf um den Ball.
EPA/Leszek Szymanski

Pepe köpft den Ball aus dem Strafraum – einmal, zweimal, dreimal. Auch mit 41 Jahren räumt der markante Glatzkopf noch immer vor dem portugiesischen Tor auf. Aber nicht mehr mit der brachialen Gewalt jüngerer Jahre, der älteste Spieler der EM-Geschichte kommt tatsächlich ohne Fouls aus. Ist der "Menschenfresser" altersmilde geworden?

"Er ist ein Vorbild", sagt Trainer Roberto Martinez. "Wie er das Spiel liest, ist wunderbar." Ein Lob, das vor zehn Jahren noch wie Hohn geklungen hätte, als Pepe Thomas Müller bei der WM in Brasilien einen Kopfstoß verpasste. Als Videos mit seinen brutalsten Fouls das Internet fluteten. Als nicht wenige an seinem Verstand zweifelten. Wie 2009, als er im Trikot von Real Madrid einen Gegenspieler am Boden mehrmals trat, einem anderen ins Gesicht schlug und für zehn Spiele gesperrt wurde. Ein paar Jahre später zeigte ihn der katalanische Sender TV3 als den Kino-Kannibalen Hannibal Lecter. 17 Platzverweise und 210 gelbe Karten hat Pepe in 22 Profijahren gesammelt.

Doch bei seiner fünften Euro hat er laut Uefa-Statistik noch kein einziges Foulspiel begangen. Stattdessen stehen 17 Ballgewinne und eine Passquote von 95 Prozent zu Buche. Das "Monster", wie ihn Antonio Rüdiger einst nannte, ist zahm geworden.

Am Mittwoch (21 Uhr, ORF 1) trifft der Innenverteidiger mit Portugal in Gelsenkirchen auf Georgien, eines von sieben EM-Teilnehmerländern, die es bei seiner Geburt noch nicht gab. Damals in Brasilien, als ihn seine Eltern Kepler Laveran tauften, weil sie hofften, er würde wie seine beiden Namensvetter Wissenschafter werden, war eine solche Karriere nicht abzusehen. Auch nicht, als er mit fünf Euro in der Tasche auf Madeira landete und sich entscheiden musste, ob er davon ein Baguette kaufen oder seine Mutter anrufen sollte. Inzwischen hat Pepe 139 Länderspiele für Portugal bestritten, den EM-Titel ebenso gewonnen wie dreimal die Champions League.

Genug hat er aber nicht. Auch wenn der FC Porto bereits erklärte, dass sein auslaufender Vertrag nicht verlängert werde. "Ich höre auf, wenn Cristiano aufhört", kündigte er mit Blick auf den zwei Jahre jüngeren Ronaldo an. "Solange er da ist, bin ich auch da, um zu helfen." Das gelingt ihm mit 41 Jahren und 121 Tagen, die er am Mittwoch alt ist, noch immer erstaunlich gut. "Weil er 24 Stunden am Tag ein Fußballprofi ist, nicht nur zwei Stunden", meint Martinez, "er lebt für das Spiel, kennt alle taktischen Aspekte, die Gegner." Pepe hat die biologische Uhr angehalten. "Er hat Gene", sagt sein Coach und lacht, "die kannst du nirgendwo kaufen."

Die Portugiesen sind schon Gruppensieger, darin könnte eine Chance für Georgien liegen. Mehr Spannung verspricht das zweite Gruppe-D-Spiel, Tschechien muss gegen die Türkei in Hamburg (21 Uhr, Servus TV) auf Sieg spielen. Den Türken reicht ein Punkt garantiert zum Aufstieg, den Tschechen unter Umständen nicht. Allerdings muss die Türkei das 0:3 gegen Portugal verdauen. Trainer Vincenzo Montella hatte sich Kritik eingehandelt, da er Jungstar Arda Güler gegen die Portugiesen nicht von Beginn an gebracht hatte. Das wollen die wieder in Massen im Volksparkstadion erwarteten türkischen Fans nicht mehr sehen. Nach dem Gewinn der Qualifikationsgruppe vor Kroatien und Wales lechzen die Türken nach einem Erfolg. 2016 und 2021 war jeweils in der EM-Vorrunde Schluss.

Hochspannung in Gruppe E

Gruppe E wartet am Mittwoch (18 Uhr) mit einem heiklen Showdown auf. Rumänien, Belgien, die Slowakei und die Ukraine halten bei je drei Punkten, drei der Vier könnten ins Achtelfinale aufsteigen. Die Ukrainer haben die schlechtesten Karten, sie treffen in Stuttgart auf Gruppen-Favorit Belgien. Die Slowaken spielen in Frankfurt gegen Rumänien – beiden reicht ein Remis, weswegen die Partie unter besonderer Beobachtung steht.

Aufgrund der Ausgangslage gibt es Befürchtungen, Frankfurt könnte ein zweites "Gijon" werden. Der Nichtangriffspakt in der spanischen Stadt hatte bei der WM 1982 dafür gesorgt, dass sowohl Deutschland als auch Österreich die nächste Runde erreichten – zulasten von Algerien. Ein friedliches Unentschieden würde sowohl den Slowaken als auch dem rumänischen Tabellenführer (live ServusTV und ARD) zum fixen Aufstieg reichen, unabhängig vom Ausgang der zweiten Partie. "Wir spielen um den ersten Platz, wir spielen um den Gruppensieg. So wie wir zuvor in jeder Sekunde alles gegeben haben, werden wir jetzt und immer in jeder Sekunde alles geben", kündigte der rumänische Trainer Edi Iordanescu an.

Bei einem Remis außen vor wären wahrscheinlich die – mit dem schlechtesten Torverhältnis ausgestatteten – Ukrainer, die in einem solchen Falle nur mit einem Sieg gegen Belgien (live ORF 1 und RTL) aufsteigen würden. Anderenfalls wären sie Gruppen-Vierter. Die Elf von Trainer Serhij Rebrow hofft daher auf einen Gewinner im Parallelspiel, dann wäre auch ein Unentschieden genug. Die "Roten Teufel" brauchen hingegen in jedem Falle nur eine Punkteteilung, um es in die K.o.-Phase zu schaffen. Der ukrainische LASK-Verteidiger Maksym Talowjerow geht aber davon aus, dass alle auf Sieg spielen werden. "Ich glaube, dass eine Mannschaft, die auf ein Unentschieden spielt, bereits zu 95 Prozent das Spiel verloren hat." (sid, red, APA, 25.6.2024)

Mögliche Aufstellungen, Gruppe E, 3. Runde:

Ukraine - Belgien (Stuttgart, 18.00 Uhr/live ORF 1 und RTL, SR Taylor/ENG)

Ukraine: 12 Trubin - 24 Tymtschyk, 13 Sabarnyi, 22 Matwijenko, 17 Sintschenko - 19 Schaparenko, 18 Braschko - 20 Subkow, 14 Sudakow, 10 Mudryk - 9 Jaremtschuk

Belgien: 1 Casteels - 21 Castagne, 4 Faes, 5 Vertonghen, 3 Theate - 8 Tielemans, 24 Onana - 20 Openda, 7 De Bruyne, 22 Doku - 10 Lukaku

Fraglich: 15 Meunier, 6 Witsel (alle angeschlagen)

Es fehlt: Lukebakio (gesperrt)

Ukraine - Belgien (Stuttgart, 18.00 Uhr/live ORF 1 und RTL, SR Taylor/ENG)

Ukraine: 12 Trubin - 24 Tymtschyk, 13 Sabarnyi, 22 Matwijenko, 17 Sintschenko - 19 Schaparenko, 18 Braschko - 20 Subkow, 14 Sudakow, 10 Mudryk - 9 Jaremtschuk

Belgien: 1 Casteels - 21 Castagne, 4 Faes, 5 Vertonghen, 3 Theate - 8 Tielemans, 24 Onana - 20 Openda, 7 De Bruyne, 22 Doku - 10 Lukaku

Fraglich: 15 Meunier, 6 Witsel (alle angeschlagen)

Es fehlt: Lukebakio (gesperrt)

Mögliche Aufstellungen, Gruppe F, 3. Runde:

Georgien - Portugal (Gelsenkirchen, 21.00 Uhr, live ORF 1, SR Schärer/SUI)

Georgien: 25 Mamardaschwili - 5 Kwerkwelia, 4 Kaschia, 3 Dvali - 2 Kakabadze, 21 Tsitaitschwili, 20 Mekwabischwili, 6 Kotschoraschwili - 9 Dawitaschwili, 22 Mikautadze, 7 Kwaratschelia

Fraglich: 17 Kiteishvili (angeschlagen)

Portugal: 22 Diogo Costa - 20 João Cancelo, 4 Rúben Dias, 3 Pepe, 19 Nuno Mendes - 18 Rúben Neves - 10 Bernardo Silva, 23 Vitinha, 8 Bruno Fernandes, 25 Pedro Neto - 7 Ronaldo

Es fehlt: Leao (gesperrt)

Tschechien - Türkei (Hamburg, 21.00 Uhr/live ServusTV, SR Kovacs/ROU)

Tschechien: 1 Stanek - 3 Holes, 4 Hranac, 18 Krejci - 5 Coufal, 22 Soucek, 14 Provod, 25 D. Jurasek, 17 Cerny, 9 Hlozek - 13 Chytil

Fraglich: 10 Schick (Muskelverletzung)

Türkei: 12 Bayindir - 18 Müldür, 2 Celik, 4 Akaydin, 20 Kadioglu - 10 Calhanoglu, 22 Ayhan, 8 Güler, 6 Kökcü, 7 Aktürkoglu - 21 Yilmaz