Angelika Hinteregger und Reinhard Maxbauer mit ihren beiden Rädern Wilde Hilde und Rudy.
Saddle Stories

Angelika Hinteregger und Reinhard Maxbauer haben ihren Traum, mit dem Fahrrad um die Welt zu fahren, in die Tat umgesetzt. 2018 haben sie ihre Wohnung aufgegeben, ihre Jobs gekündigt und alles verkauft. Ihr gesamtes Hab und Gut passte danach in die Packtaschen auf zwei Trekkingräder, mit denen sie im Juli von Salzburg aus losradelten. Ihr Ziel war es, von Österreich bis nach Neuseeland zu radeln. Doch das ging sich nicht ganz aus.

Die Eventmanagerin und der Geologe fuhren über den Balkan und die Türkei bis in Wüste des Omans. Auf dem tibetischen Hochplateau auf 4700 Meter Höhe haben sie den höchsten Punkt der Reise erreicht. In Laos wurden ihre Räder bei einem Autounfall schwer zerstört. Als dann alle Ersatzteile beisammen waren, mussten sie letztlich in Malaysia stoppen. Die Corona-Pandemie kam dazwischen und hat sie zur Heimkehr gezwungen. Insgesamt radelten sie in 20 Monaten 19.700 Kilometer durch 24 Länder.

Ein Mix aus beiden Welten

Nach dem abrupten Abbruch der Weltreise ging es zunächst zurück nach Salzburg. Ein Jahr verbrachten sie zu Hause. Im Juni 2021 brachen sie erneut auf, blieben aber wegen der weiterhin unsicheren Lage in Europa: Sie radelten ein Jahr durch Skandinavien und wohnten sechs Monate in Nordnorwegen in einer Hütte. "Im Winter hat Angi Heimweh bekommen, und wir machten uns auf den Weg heim", erzählt Reinhard Maxbauer. Seither führen sie ihr Leben mit einem Mix aus beiden Welten: Es gibt weiterhin eine Homebase in Salzburg, wo Familie und Freunde griffbereit sind. Gleichzeitig zieht es die beiden immer wieder zum Reisen.

Zwei Radfahrer auf einer Schotterstraße im Wald.
Auf einsamen Schotterwegen sind die beiden mit dem Gravelbike am liebsten unterwegs.
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Jedoch hat sich einiges verändert. Sie bleiben in Europa. Sie sind nicht mehr mit den Trekkingrädern und dem schweren Gepäck wie auf der Weltreise unterwegs, sondern leichter und schneller auf Gravelbikes. "Es macht extrem viel Spaß, ist sportlicher, leichter, und es ermöglicht uns, anders unterwegs zu sein", sagt Maxbauer. Mit einem Bikepacking-Setup fahren sie nun mit leichtem Gepäck auf einsamen Schotterwegen. Ihr Gepäck verstauen sie in einer scherzhaft als "Arschrakete" bezeichneten Satteltasche, einer Rahmen- und einer Lenkertasche. Die Räder wiegen neun Kilo, das Gepäck zehn bis 15 Kilo. Zum Vergleich: Bei ihrer Weltreise waren sowohl die Räder mit 20 Kilo als auch das Gepäck mit 30 Kilo mehr als doppelt so schwer.

Die vielseitigen Gravelbikes namens Rudy und Wilde Hilde verstauen die Radreisenden meist in großen Packtaschen und hieven sie in den Zug. "Wir buchen uns im Zug immer ein ganzes Abteil, damit wir Platz haben mit unseren Rädern", sagt Angelika Hinteregger. "Wir würden uns Züge wünschen, die einen eigenen Waggon haben für Fahrräder und nicht nur fünf Plätze im ganzen Zug." So müsse man eben improvisieren. Aus Umweltgründen vermeiden sie das Fliegen, und auch die Räder freut es. "Jedes Mal, wenn wir geflogen sind, war was verbogen", sagt Hinteregger. "Das geht mit den Carbon-Rädern nicht", ergänzt Maxbauer.

Mit dem Rad dem Sonnenuntergang entgegen.
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Erst vor ein paar Tagen sind die beiden von einer Umrundung des eigenen Bundeslandes zurückgekommen. Die sogenannte "harte" Gravelrunde wartet in zehn Tagen durch das Salzburger Land auch mit einigen Bergetappen auf. Vom Zwölferhorn blickten die Gravelbiker auf den Wolfgangsee, über die Radstädter Tauern ging es in den Lungau und im Bike-Ort Leogang auf den Asitz. Der Höhepunkt der Runde, bei der insgesamt 650 Kilometer und satte 12.700 Höhenmeter zusammenkommen, ist die Großglockner Hochalpenstraße. Maxbauer und Hinteregger haben die Runde im Auftrag von Salzburger Land Tourismus getestet und täglich auf ihrem Instagram-Kanal gepostet. Als Content-Produzenten haben sie das Radreisen nun zum Beruf gemacht und sind seit zwei Jahren selbstständig. Ihr wichtigster Partner sind Tourismusverbände. Sie testen Routen, schreiben über ihre Reiseerlebnisse, posten Fotos und Videos auf Social Media und erzählen von ihren Abenteuern in einem Podcast und Blog-Saddle-Stories.

Bootcamp für das Selbstvertrauen

Seit ihrem Aufbruch zur Weltreise war das Paar immer zu zweit unterwegs. "Wir verbringen 24 Stunden sieben Tage die Woche seit fast zehn Jahren miteinander", sagt Hinteregger. Im Frühjahr haben sie daher bewusst das getrennte Abenteuer gesucht. Maxbauer ist die Great British Divide gefahren. Er durchquerte die britische Insel in der Diagonalen und legte dabei 2000 Kilometer und 27.000 Höhenmeter mit dem Gravelbike zurück. Hinteregger fuhr eine eigene Route, ganz allein. Ziel war es, in dieser Zeit auch keinen Kontakt zueinander zu haben und nicht den anderen um Hilfe zu fragen, sagt sie.

Vor allem für Hinteregger eine Herausforderung. "Ich wollte nie alleine unterwegs sein, weil ich mich davor gefürchtet habe." Doch all ihre Befürchtungen haben sich nicht bewahrheitet. "Ich habe nie Angst gehabt. Mein Selbstbewusstsein hat einen Riesentritt bekommen, und ich hab mich unaufhaltbar gefühlt. Das war ein Bootcamp für das Selbstvertrauen." Eine Radreise allein wollen sie künftig jedes Jahr machen.

Die nächste Tour liegt wieder sehr viel näher. Im Auftrag der Österreich Werbung testet das Paar einen Abschnitt der neuen Gravel Austria – einer Gravelroute 3000 Kilometer auf Schotter und Asphalt quer durch Österreich vom Neusiedler See bis zum Bodensee. Ein Teilstück davon zwischen Tirol und der Steiermark werden die Radreisefreaks im August fahren und ihre Follower auch online wieder mitnehmen. (Stefanie Ruep, 28.6.2024)