Bierkrug auf einem Tisch.
Der Bierkonzern rückte zuletzt in den Fokus der Wettbewerbsbehörde. Deren Handhabe ist allerdings beschränkt.
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Wer blind ins Bierregal eines österreichischen Supermarkts greift, hält mit hoher Wahrscheinlichkeit ein Produkt der Brau Union in Händen. Gösser, Schwechater, Zipfer, Wieselburger, Puntigamer, Kaiser, Schlossgold – all diese Marken gehören dem Branchenriesen, der sich in den vergangenen Jahrzehnten einen Marktanteil von deutlich über 50 Prozent erarbeitet hat. Sein größter Konkurrent, Stiegl, kommt gerade einmal auf etwas mehr als zehn Prozent.

Dass das für den freien Wettbewerb eines Marktes nicht unbedingt förderlich ist, versteht sich von selbst. Die Bundeswettbewerbsbehörde (BWB) ermittelt schon länger gegen die Brau Union und hat kürzlich eine Geldbuße und Auflagen gegen den Konzern beim Kartellgericht beantragt. Der Vorwurf: Das Unternehmen soll Druck auf Getränkelieferanten gemacht haben, abseits von Bier auch Wein, Alkoholfreies und Spirituosen ausschließlich von ihr zu beziehen. Die Brau Union bestreitet das.

Doch unabhängig davon, wie das Verfahren ausgeht: Am Grundproblem der enormen Marktmacht wird es kaum etwas ändern. Hätte man den Ausbau des Marktanteils also schon früher bremsen müssen? Und könnte man das Unternehmen, das zum niederländischen Heineken-Konzern gehört, theoretisch auch nachträglich noch zerschlagen?

Alter Platzhirsch

Die Brau Union wurde nicht plötzlich, sondern schrittweise zum österreichischen Platzhirsch. Das Unternehmen entstand 1998 durch den Zusammenschluss der Österreichischen Brau AG und der Steirerbrau. Im Jahr 2003 erfolgte dann die Übernahme durch Heineken, die von der EU-Kommission als zulässig erachtet wurde. Grundsätzlich können Fusionen ab einer bestimmten Größe von der Behörde überprüft und gegebenenfalls untersagt werden. "Die an europäische Standards angepasste Fusionskontrolle, wie wir sie heute kennen, gibt es aber erst seit 2006", sagt Nina Sterzl, Anwältin für Kartellrecht bei Brandl Talos.

Bei weiteren Übernahmen durch die Brau Union seit 2006 hat die Behörde das Risiko der marktbeherrschenden Stellung erkannt und teilweise Auflagen erteilt – etwa beim Kauf des Verbands der Kärntner Brauereien im Jahr 2014 oder der Übernahme des Vorarlberger Unternehmens Fohrenburg im Jahr 2020: "Dort hat die Behörde zum Beispiel festgelegt, dass regional fünf Jahre keine neuen Gaststätten gekauft oder gepachtet werden und weitere Brauereien nur unter bestimmten Voraussetzungen erworben werden dürfen", erklärt Sterzl. Untersagt wurden die Zusammenschlüsse jedoch nicht. Vonseiten der Brau Union hat man im Verfahren damit argumentiert, dass die Fusion aus wirtschaftlichen Gründen notwendig sei – etwa um die Wettbewerbsfähigkeit der übernommenen Unternehmen zu gewährleisten.

Der Weg zurück ist nun schwierig: Eine nachträgliche Entflechtung des Konzerns ist in Österreich nicht möglich – selbst dann nicht, wenn ein konkreter Verstoß gegen das Kartellrecht nachweisbar ist, sagt Sterzl. Möglich sind nur Bußgelder, Unterlassungsverfügungen und Auflagen, mit denen betroffenen Unternehmen bestimmte Geschäftspraktiken untersagt werden.

Deutschland geht weiter

In Deutschland gibt es nach einer Reform im vergangenen Jahr dagegen weitreichendere Möglichkeiten. Stellt das deutsche Kartellamt fest, dass eine "erhebliche andauernde Störung des Wettbewerbs" vorliegt, ist als letztes Mittel künftig auch eine Entflechtung von Konzernen möglich, und zwar ohne nachweisbaren Verstoß gegen das Kartellrecht.

Natalie Harsdorf, Leiterin der österreichischen Wettbewerbsbehörde, wäre einer ähnlichen Reform in Österreich nicht abgeneigt. Es gebe hohe Erwartungen an die Behörde und "marktstrukturelle Probleme", allerdings keine Instrumente, um gegenzusteuern. Das ÖVP-geführte Wirtschaftsministerium sieht eine derartige Reform dagegen kritisch. Rechtskonformes Verhalten zu bestrafen wäre "ein Paradigmenwechsel im Kartellrecht", der zu Unsicherheit führen könnte. "Aus Wettbewerbssicht wäre eine derartige Reform vielleicht sinnvoll, aber sie wäre natürlich ein enormer Eingriff", sagt Anwältin Sterzl.

Die Brau Union muss sich vorerst also nicht vor einer Entflechtung fürchten. Sehr wohl möglich wären jedoch Schadenersatzansprüche betroffener Händler oder Restaurants. Noch ist das Verfahren freilich nicht abgeschlossen – die Gerichtsentscheidung steht noch aus. (Jakob Pflügl, 27.6.2024)