Süßes und Saures erwartet jene österreichischen Politiker, die auf den Einzug in die nächste Bundesregierung hoffen. Denn neben der Regierungsbeteiligung winken ihnen auch Aufgaben, die alles andere als gut verkäuflich und populär sind: das Zimmern eines Sparpakets. Als Folge der Pandemie waren zwischen 2020 und 2023 jene EU-Regeln, die den Staaten vorschreiben, wie viel Schulden sie machen dürfen, ausgesetzt.

Österreichs Finanzminister Magnus Brunner will wieder mehr Ausgabendisziplin – nach hohen Defiziten der vergangenen Jahre.
APA/GEORG HOCHMUTH

Seit April 2024 gilt ein neues Regelwerk. Dieses soll zwar den Regierungen etwas mehr Spielraum beim Budget lassen. Allerdings haben Länder wie Deutschland und Österreich erfolgreich dazu beigetragen, dass das Korsett weiterhin eng bleibt. Und jetzt geht es schon Schlag auf Schlag: Vergangenen Freitag hat die EU-Kommission dem Finanzministerium unter Magnus Brunner (ÖVP) ein Schreiben übermittelt, indem sie darlegt, wie viel Österreich in den kommenden Jahren einsparen muss. Das Ministerium prüft diese Zahlen noch und will das Schreiben kommende Woche offiziell ans Parlament übermitteln. In der Zwischenzeit hat der SPÖ-Klub im Parlament die Zahlen aus dem Brüsseler Brief am Dienstag öffentlich gemacht: Demnach muss die künftige Regierung zwischen 2025 und 2028 jährlich einen Betrag von etwa 2,6 Milliarden Euro einsparen. Jedes Jahr zusätzlich, wohlgemerkt, sodass im Endergebnis 2028 rund 11,6 Milliarden Euro weniger ausgegeben werden als aktuell.

Die Sparvorgabe entspricht pro Jahr 0,5 Prozent der Wirtschaftsleistung. Zum Vergleich: Etwa 11,6 Milliarden Euro gibt die Regierung heuer für Bildung aus.

Die Debatte über einen möglichen Sparkurs, der Österreich bevorsteht, hatte der Fiskalrat in der vergangenen Woche ausgelöst, als er vor der ungünstigen Entwicklung von Österreichs Neuverschuldung warnte.

Ministerium: Viele müssen sparen

Sofern die nächste österreichische Regierung argumentieren kann, dass sie etwas mehr Spielraum für wachstumsfördernde Investitionen braucht, lässt sich der Zeitraum der Einsparungen auf sieben Jahre strecken. Dann müsste zwar weniger gekürzt werden, dafür aber über einen längeren Zeitraum. Es gilt als wahrscheinlich, dass letztere Variante bevorzugt wird. Keine politisch und ökonomisch einfachen Aussichten jedenfalls. Im Herbst wird die Regierung einen Plan an Brüssel übersenden müssen.

Die aktuelle Bundesregierung, allen voran Finanzminister Brunner, habe den "Karren in den Dreck gefahren", sagte SPÖ-Budgetsprecher Kai Jan Krainer im Hinblick auf die heimische Budgetsituation am Dienstag. Für ihn steht fest: Die ÖVP habe ihrer Klientel in der Pandemie und darüber hinaus sündteure Zuckerln zugeschanzt. Krainer erwähnte etwa die Senkung der Gewinnsteuern für Unternehmen von 25 auf 23 Prozent oder generöse Zuschüsse für den Ausgleich gestiegener Energiekosten an Unternehmen. Eine Gegenfinanzierung für all das habe es nicht gegeben.

Im Finanzministerium wollte man die von der SPÖ publik gemachten Zahlen nicht direkt kommentieren. Nur so viel auf Nachfrage: Die Krisen der vergangenen Jahre seien im Budget sichtbar. Das Anspruchsdenken müsse nun zurückgefahren werden. Für Wahlzuckerln sei kein Spielraum. Belastet würde der Haushalt aber auch von der aktuell schwachen Wirtschaftsentwicklung. "Insgesamt haben zehn EU-Länder ein höheres Defizit als Österreich. Das zeigt, dass viele EU-Länder vor Herausforderungen stehen“, teilt das Finanzministerium schriftlich mit.

Richtig ist jedenfalls, dass die neuen EU-Vorgaben eine Vielzahl von Ländern in einen Sparkurs zwingen werden. Für Italien und Frankreich, beide Staaten sind deutlich höher verschuldet als Österreich, dürften die Sparvorgaben fast doppelt so hoch ausfallen. Das zeigt eine Berechnung des Brüsseler Thinktanks Breugel auf Basis von Wirtschaftsdaten. Der Inhalt der Briefe der EU-Kommission an Paris und Rom ist nicht bekannt. Auch Ungarn muss mehr sparen als Österreich, deutlich moderater werden die Vorgaben für Deutschland ausfallen.

SPÖ will Gewinnsteuern wieder anheben

Ziel der Vorgaben der Kommission ist es, längerfristig den Verschuldensgrad eines Landes zu drücken. Konjunkturelle Schwankungen beeinflussen die Sparvorgaben nicht wirklich: Ob sich die Wirtschaft etwas besser oder schlechter entwickelt als prognostiziert, macht keinen Unterschied. Die Ausgaben für Arbeitslose werden in der komplexen EU-Berechnung herausgerechnet. Wenn die Kosten für Arbeitslose also ansteigen, weil sich die Wirtschaft schlechter entwickelt als gedacht, muss ein Staat deshalb nicht mehr kürzen. Umgekehrt hilft hier eine besser als erwartet ausgefallene Entwicklung nichts. Genauso verhält es sich bei Zinsen.

Welche Schlüsse zieht die SPÖ aus den Zahlen? Finanzminister Brunner müsse schnell Vorschläge auf den Tisch legen, was er zu tun gedenke, so SPÖ-Politiker Krainer. Die SPÖ, sollte sie in die Regierung kommen, würde in einem ersten Schritt die "ungedeckten Schecks", die Brunner und seine ÖVP-Vorgänger ausgestellt haben, zurücknehmen. Dazu gehört etwa die Wiedererhöhung der Gewinnsteuer für Unternehmen auf 25 Prozent. Krainer pochte auch auf eine Erbschafts- und Vermögenssteuer, wobei in den jüngsten Wahlvorschlägen von Parteichef Andreas Babler davon die Rede ist, die daraus resultierenden Einnahmen für anderweitige Ausgaben zu verwenden. Damit ließe sich also nichts einsparen. Pensionskürzungen werde es mit der SPÖ nicht geben, so Krainer. Dabei wäre hier schnell Geld zu holen: Sechs Milliarden Euro kosten die gesetzlich vorgegebenen Pensionsanpassungen heuer, die dafür sorgen, dass Renten mit der Inflation mitsteigen. Eine Anpassung nur in halber Höhe der Inflation würde also für die Staatskasse einiges bringen. (András Szigetvari, 26.6.2024)