Menschengruppe vor Schautafeln.
Justizministerin Alma Zadić (Grüne) und Landesgerichts-Präsident Friedrich Forsthuber (re.) bei der Eröffnung der neuen Schau im ehemaligen Hinrichtungsbereich des Landesgerichts Wien. Der scheinbare Tritt des Journalisten gegen die Frau Justizministerin ist der perspektivischen Verzerrung geschuldet.
APA / BMJ / AZEMI

Wien – "Mein Kopf wird euch auch nicht retten" steht in schwarzen Buchstaben auf der weißen Wand über einer Schautafel. Diese ist Teil der am Dienstag eröffneten neuen Dauerausstellung im ehemaligen Hinrichtungsraum des Landesgerichts für Strafsachen Wien, von der Stadtbevölkerung gern "Landl" genannt, und das Zitat stammt von einem hier mit dem Fallbeil von der NS-Justiz Ermordeten, das er als seine letzten Worte an die Beamten wählte.

Hausherr und Landesgerichtspräsident Friedrich Forsthuber erklärte seiner Dienstherrin, Justizministerin Alma Zadić (Grüne), beim Eröffnungsrundgang durch die vom Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes und dem Verein Justizgeschichte und Rechtsstaat kuratierte Übersichtsschau die Geschichte der Gedenkstätte.

"Gerät F" für Hinrichtungen

Zunächst ein Lagerraum, wurde er nach der von großen Teilen der österreichischen Bevölkerung bejubelten Machtübernahme durch die Nationalsozialisten zu einem Raum des Todes umgebaut. Aus dem "Altreich" wurde die als "Gerät F" bezeichnete Guillotine in das nunmehr "Ostmark" genannte besetzte Österreich gebracht und im Erdgeschoß des Landesgerichts aufgestellt. Die neuen Machthaber verlegten einen Abfluss für das Blut der Getöteten, kachelten einen Teil der Wand und installierten einen Wasserhahn, um die Spuren ihrer Justizverbrechen rasch beseitigen zu können.

Besuchergruppe geht an einem Bild einer Guillotine vorbei.
"Gerät F" war die Tarnbezeichnung der Nationalsozialisten für die Guillotine, von der heute nur noch ein Foto zeugt.
moe

Nach dem Ende der NS-Diktatur sollte der Raum ursprünglich wieder für Lagerzwecke verwendet werden, wie Forsthuber der interessierten und aufmerksamen Justizministerin schildert, er wurde zum Teil baulich verändert, konnte aber auf Initiative von Widerstandskämpfern doch als Gedenkstätte erhalten werden. Für die Öffentlichkeit ist er allerdings erst seit 1967 zugänglich. Mittlerweile finden einmal im Monat Führungen für Interessierte statt.

Die kleine, aber übersichtlich aufbereitete Ausstellung im Vorraum der Hinrichtungsstätte ist durchaus auch für Museumsmuffel oder Schulklassen geeignet. Knapp, aber prägnant werden Namen und Schicksale der 1219 hier Hingerichteten beleuchtet, wird ein geschichtlicher Abriss geliefert, aber auch die Aufarbeitung der Unrechtsjustiz im Nachkriegsösterreich behandelt.

Schautafeln mit Schicksalen von in Wien von der NS-Justiz Hingerichteten.
Seine Meinung öffentlich zu äußern war im nationalsozialistischen Großdeutschen Reich ein Grund, getötet zu werden.
moe

Ein bezeichnendes Exponat ist dabei eine an der Wand befestigte Steintafel, die im Jahr 1953 von der Kommunistischen Partei Österreichs im Gedenken an sechs ermordete Widerstandskämpfer auf einem Gebäude der Steyr-Daimler-Puch AG angebracht wurde. Das Haus wurde 1994 abgerissen, die Tafel verschwand. Erst zwanzig Jahre später tauchte sie auf einem Flohmarkt wieder auf, vor drei Jahren gelangte sie ins Landesgericht.

Mahnung der Justizministerin

Im Rahmen des Festakts zur Eröffnung im Großen Schwurgerichtssaal mahnt Zadić: "Gerade in einer Zeit, in der die rechten Ränder wieder erstarken, ist es wichtig, an die Grauen der NS-Zeit zu erinnern. Denn es ist das Vergessen, das eine Wiederholung erst ermöglicht. Das dürfen wir niemals zulassen." Forsthuber erinnert an das Privileg, "in einem demokratischen Rechtsstaat zu leben. Dieser und seine Institutionen benötigen unser Vertrauen und unseren Respekt". (Michael Möseneder, 25.6.2024)