Kleinkind löffelt ein Jogurt aus einem roten Becher 
In der Kindheit werden die Weichen für ein gesundes Leben gestellt. Gerade deshalb ist es nicht ideal, zu viel Zucker zu konsumieren.
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Eigentlich klingen die Versprechen auf den bunten Verpackungen von Riegeln, Knabberstangen, Quetschies und mehr wirklich gesund. "Nur mit Süße aus Früchten" oder "Ohne Zuckerzusatz", heißt es da etwa. Ein gesunder Snack, noch dazu vollgepackt mit Vitaminen für die Kleinen, denken Eltern dann vielleicht.

Tatsächlich sind die fruchtigen Zwischenmahlzeiten meist alles andere als gesund, berichtet Rebekka Siegmann von Foodwatch: "Fruchtsnacks mögen ein gesundes Image haben, doch in den meisten steckt sehr viel Zucker." Siegmann bezieht sich dabei auf das Ergebnis einer Foodwatch-Analyse. Die Verbraucherorganisation hat 77 Fruchtsnacks aus den Drogeriemärkten DM und Rossmann, die gezielt an Kinder vermarktet werden, untersucht.

Dabei hat sich gezeigt: Im Schnitt bestehen die Fruchtsnacks zu rund einem Drittel aus Zucker. Bei den beiden Produkten, die am schlechtesten abschnitten – die "Obsties Erdbeere Banane mit Joghurt" von Alete bewusst und die "Rosinchen" von Freche Freunde –, waren es sogar fast drei Viertel Zucker. Die Obsties von Alete bestehen beispielsweise zu 72 Prozent aus Zucker, und das obwohl der Hersteller mit dem Claim "ohne Zuckerzusatz" wirbt. Das Produkt ist deshalb heuer auch ganz vorne mit dabei im Rennen um den Goldenen Windbeutel – eine Negativauszeichnung, bei der Konsumentinnen und Konsumenten über die dreisteste Werbelüge abstimmen können.

Zucker versus Fruchtzucker

Ginge es nach der Weltgesundheitsorganisation (WHO), dürften die allermeisten der untersuchten Produkte nicht für Kinder beworben werden. Laut WHO-Kriterien dürften sich Hersteller mit ihren Werbebotschaften nämlich nur dann an Kinder richten, wenn ihre Fruchtsnacks maximal 12,5 Prozent Zucker enthalten. Das trifft aber nur auf 14 der 77 analysierten Produkte zu. Genau wie zahlreiche weitere Gesundheits- und Verbraucherverbände befürwortet deshalb auch Foodwatch Einschränkungen bei Werbung für Kinderprodukte. Zusätzlich sollte es auch Richtlinien für die Verpackungsgestaltung geben, fordern die Fachleute bei Foodwatch – damit ein zuckerhaltiges Lebensmittel optisch nicht als besonders gesund daherkommen könne.

Die Riegel und Knabbereien enthalten zwar ausschließlich Zucker aus Früchten. Dieser sei jedoch nicht gesünder als anderer Zucker, kritisiert man außerdem bei Foodwatch. "Egal ob es sich um Fruchtzucker oder eine andere Zuckerart handelt, der süße Knabberkram ist kein gesunder Kindersnack", stellt Siegmann klar.

Die gesündere Alternative wäre frisches Obst, etwa ein Stück Apfel. Damit nehmen die Kinder zwar auch Fruchtzucker auf, aber für die Verdauung macht es einen großen Unterschied, ob man Früchte in breiiger Form wie bei einem Quetschie isst oder ein Stück Obst. Das liegt daran, dass der Körper für die Verdauung eines Stücks Obst ein paar Schritte mehr benötigt. Der Zucker ist nämlich in einem Apfel oder einer Banane in die Fasern der Fruchtzellen eingebettet. Der Körper muss also erst die Faserzellen abbauen, um den Zucker dann freizusetzen. Der Blutzuckerspiegel steigt dadurch langsamer an und fällt auch langsam wieder ab. Das bedeutet: Man bleibt länger satt.

Der Zucker aus einem Fruchtriegel oder einem Mus kommt hingegen sehr viel schneller in den Blutkreislauf. Das heißt, der Blutzuckerspiegel steigt rasch an, daraufhin schüttet die Bauchspeicheldrüse Insulin aus, dadurch fällt der Blutzuckerspiegel wieder schnell ab. Übersetzt bedeutet das: Anders als nach dem Essen von frischem Obst ist man nach einem Snack in Riegelform oder Ähnlichem schneller wieder hungrig.

Weichenstellung in der Kindheit

Dazu kommt, dass die meisten (Klein-)Kinder ohnehin zu viel Zucker essen. Das ist laut Fachleuten vor allem deshalb besonders alarmierend, weil in der Kindheit das Geschmacksprofil entwickelt und damit der Grundstein für ein gesundes Leben gelegt wird. Die Ernährungsmuster aus der Kindheit spiegeln sich meist auch im Erwachsenenleben wider. Wer als Kind abwechslungsreich, vollwertig und gesund ernährt wurde, wird das tendenziell auch im späteren Leben beibehalten.

Umso wichtiger sei eine entsprechende Weichenstellung durch die Bezugspersonen. Denn Kinder lieben Zucker, das ist zum Teil genetisch bedingt. Früher haben zuckerhaltige und hochkalorische Lebensmittel das Überleben gesichert. In Zeiten des Überflusses gehe es nun aber darum, die Zuckeraufnahme zu drosseln, sind sich Fachleute einig. Die WHO rät deshalb zu einer deutlichen Verringerung des Zuckerverzehrs. Bei ein- bis dreijährigen Kindern mit einem angenommenen Energiebedarf von 1200 Kilokalorien sollten es laut WHO nicht mehr als 30 Gramm Zucker, besser noch 15 Gramm, sein.

Das liegt auch daran, dass überschüssiger Zucker vom Körper in Fett umgewandelt wird. Ein zu hoher Zuckerkonsum schadet also nicht nur den Zähnen und befördert Karies, sondern unterstützt auch die Entstehung von Übergewicht. "Das kann im späteren Leben zu schwerwiegenden Folgeerkrankungen führen", sagt Siegmann von Foodwatch – und meint damit etwa Bluthochdruck, Krebs, Typ-2-Diabetes oder ein erhöhtes Risiko für Herzinfarkte. (poem, 26.6.2024)