Ich flüchtete vor dem Wetter in Stockholm ins Nationalmuseum – und war fasziniert von den Gemälden des schwedischen Malers Anders Zorn (1860–1920). Da waren nackte Frauen in der Sauna zu sehen. Wie realistisch ihre vor Hitze gefärbte Haut leuchtete, wie unspektakulär und nicht sonderlich voyeuristisch das Setting war: Völlig in sich versunken, den Blick abgewandt, genossen sie die Hitze. Man spürte die Wärme förmlich aus dem Bild fließen.

Hausfassade mit einem großen Porträt des schwedischen Malers Anders Zorn
Das Zorn-Museum in Stockholm.
Karin Cerny

Zorn ist einer der bekanntesten schwedischen Maler. Durchaus traditionell erzählte er vom ländlichen Alltagsleben, aber seine fotorealistische Form war höchst modern. In Mora, das vier Stunden nördlich von Stockholm liegt und mit dem Zug erreichbar ist, ist Zorn ein eigenes Museum gewidmet. Seine späteren Werke werden impressionistischer, es gibt aber auch Gemälde, die von der Perspektive wirken, als hätte sie jemand mit dem Handy geschossen – etwa ein Gondoliere von hinten. Und es gibt ein frühes Selfie: Dieses hat der Malerfürst 1913 von sich gemacht.

Zwei nackte Frauen vor einem offenen Feuer
Reflexionen des offenen Feuers sind auf der nackten Haut zu sehen.
Karin Cerny

Noch spannender als das Museum ist das Haus, das Zorn für sich und seine Frau Emma entworfen hat: von außen eine schlichte Holzhütte, aber im Inneren eine Wunderkammer. Jedes Zimmer ist anders, englisches Kunsthandwerk trifft auf französischen Schick, Wikingerarchitektur auf modernsten Komfort – die ersten Kühlschränke, eine Zentralheizung und ein frühzeitlicher Staubsauger. Am imposantesten ist der Raum unter dem neun Meter hohen Dach: Renaissance-Teppiche aus Flandern und Frankreich schmücken die Wände, mittelalterliche Heiligenfiguren stehen herum, die Möbel wurden nach Zorns Entwürfen gefertigt.

Ein eisernes
Das Wohnhaus von Anders Zorn in Mora.
Richard Lindor

Wie sich Dekadenz und Bodenständigkeit hier mischen, ist absolut einzigartig. Man muss eine Führung buchen, um das eigenwillige Zorn-Wohnhaus betreten zu dürfen. Beim Eingang hängt noch ein schwerer Mantel aus Wolfsfellen, den Zorn im Winter getragen hat – in einem Video im Museum sieht man ihn damit durch den Schnee stapfen. Das Zorn-Haus war ein beliebter Künstlertreff, zwei Gästezimmer standen immer bereit. Es ist so gut in Schuss, dass man das Gefühl hat, der Maler könnte jederzeit zurückkommen. Erstaunlich nur, dass es keine Sauna hat. (Karin Cerny, 1.7.2024)