Justizpalast in Wien.
Die Gerichtspräsidenten melden sich nur selten zu Wort. Wenn sie es doch tun, dürfte es ihnen wichtig sein.
APA/EVA MANHART

Die Präsidenten der Oberlandesgerichte üben in einer aktuellen Aussendung scharfe Kritik an der Bundesregierung. Hintergrund ist die geplante Reform der Sicherstellung von Handys und anderen Datenträgern. Die Begutachtungsfrist sei mit zwei Wochen zu kurz. "Wir fordern daher die Bundesregierung auf, für die Begutachtung dieser und aller weiteren derart umfassenden Gesetzesänderungen eine in einem demokratischen Rechtsstaat angemessene Frist in der Dauer von mindestens sechs Wochen vorzusehen", heißt es in der Erklärung.

Smartphones können bis dato unter ähnlich niedrigen Voraussetzungen sichergestellt werden wie etwa Messer oder Notizblöcke. Strafverteidiger kritisieren schon länger, dass das in einer Welt, in der Menschen praktisch ihr gesamtes Leben auf dem Handy speichern, höchst problematisch ist. Der Verfassungsgerichtshof (VfGH) gab diesen Bedenken Ende vergangenen Jahres recht und hob die entsprechende Bestimmung in der Strafprozessordnung (StPO) auf.

Die türkis-grüne Koalition muss nun eine Neuregelung schaffen. Doch die kürzlich präsentierte Reform stößt auf Widerstand. Fachleute kritisieren, dass das Vorhaben den Staatsanwaltschaften die Möglichkeit nimmt, sichergestellte Daten selbst aufzubereiten.

"Entspricht nicht Anforderungen"

Begutachtungsverfahren gelten "mit gutem Grund als ein wesentlicher Bestandteil einer demokratischen Gesetzgebung", heißt es in der Aussendung der Gerichtspräsidenten. Zwar sei die Dauer nicht gesetzlich geregelt, der Verfassungsdienst habe aber schon 1971 eine sechswöchige Mindestfrist empfohlen. Auch Greco, die Staatengruppe gegen Korruption, habe 2016 darauf hingewiesen, dass eine zu knappe Begutachtungsfrist das Risiko erhöhe, dass "bestimmte Interessen" das Gesetzgebungsverfahren beeinflussen.

"Eine Frist von zwei Wochen zur Begutachtung des Entwurfs für das Strafprozessrechtsänderungsgesetz 2024 entspricht diesen Anforderungen nicht", schreiben nun die Präsidenten der Oberlandesgerichte. Zudem sei für sie auch der weitere Zeitplan zu knapp bemessen. Die Friste ende am 1. Juli, das Gesetz soll aber bereits am 3. Juli im Nationalrat behandelt werden. "Es ist nicht nachvollziehbar, wie an einem Tag, nämlich am 2. Juli, Änderungen eingearbeitet werden sollen."

Die Präsidenten weisen nicht zuletzt darauf hin, dass die Reform zusätzliche Richterkapazitäten notwendig mache. Die im Entwurf vorgesehenen "zu knappen zusätzlichen Richterkapazitäten" würden bei Inkrafttreten des Gesetzes am 1. Jänner 2025 nicht vollständig zur Verfügung stehen. (japf, 25.6.2024)