Mattia Zaccagni war der italienische Erlöser des Abends.
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Leipzig – Italiens Mission Titelverteidigung lebt. Mattia Zaccagni ersparte der Squadra Azzurra am Montagabend in Leipzig mit einem Kunstschuss in der 98. Minute die Warteschleife, sein Tor zum 1:1 sicherte Gruppenplatz zwei. Kroatien muss als Dritter mit zwei Punkten schon eher beten als zittern, Prognosemodelle geben Luka Modric und Co eine etwa zweiprozentige Chance aufs Weiterkommen. Italien kann sich indes für das Achtelfinale gegen die Schweiz am Samstag aufwärmen. Gruppensieger Spanien beendete die Vorrunde mit einem 1:0 gegen Albanien.

Die Ausgangslage hatte Kroatien unter Druck gesetzt. Mit einem Sieg waren die "Feurigen" so gut wie fix im Achtelfinale, bei einem X musste man sich auf eine albanische Niederlage gegen Spanien verlassen und mit zwei Punkten unter die vier besten Gruppendritten kommen – wobei drei bereits drei Zähler haben. Italien reichte ein Punkt für das Date mit den Eidgenossen.

In Sachen Österreichbezug hatte Kroatiens Startelf Vorteile: Marin Pongracic kickte einst für Red Bull Salzburg, Luka Sucic tut es immer noch. In Sachen Atmosphäre hatte Kroatien ebenso Vorteile, im Leipziger Stadion herrschte rot-weiß-karierte Heimspielatmosphäre.

Italien präzisionslos

Der Ballbesitz war zu Beginn kroatisches Exklusivrecht, was den im 5-3-2 lauernden Italienern nicht völlig unrecht zu sein schien. Minute 5: Sucic versucht sein Glück aus der Distanz, Italiens Goalie Gianluigi Donnarumma beißt den Schuss aus dem Kreuzeck. Dass die Azzurri das Konterspiel nicht grundlos forcierten, demonstrierten sie mit einigen Fehlern im Spielaufbau. Die Steilpässe auf den Flügel saßen aber. Minute 21: Flanke von links, Mateo Retegui köpfelt aus feiner Position knapp am langen Eck vorbei. Minute 22: Diesmal schießt Retegui vom Elferpunkt, Pongracic blockt.

Nun machte Italien das Spiel, Kroatiens Defensive zog Schwimmflügel auf. Minute 27: Nach einer kurz geklärten Ecke flankt Nicolo Barella perfekt auf den völlig freien Bastoni, der köpfelt so unpräzise, dass Dominik Livakovic parieren kann. Dann wieder Kroatien: Donnarumma ließ einen Stanglpass vors Tor abprallen, Sucic säbelte in Bedrängnis am Ball vorbei. Das Match steuerte eher nicht auf ein 0:0 zu. 36.: Pellegrinis Flachschuss ist zu schwach. Dann verflachte die Partie, Kroatiens Fankurve hielt sich mit Pyrotechnik wach.

Nach der Pause brachten die Kroaten den Schwung zurück. 52.: Andrej Kramaric visiert im Strafraum das lange Eck an, trifft aber nur Davide Frattesis Unterarm. Moment! Während Schiedsrichter Danny Makkelie zum Monitor joggte, richtete sich Luka Modric den Ball schon am Elferpunkt her. Makkelie gewährte den Penalty, Modric schoss flach nach rechts – und Donnarumma parierte (54.).

Luka Modric vergab zunächst einen Elfmeter, eine halbe Minute später traf er zur Führung.
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Italiens Defensive revanchierte sich mit einem Sekundenschlaf bei einer Flanke aus dem rechten Halbfeld. Ante Budimirs Abschluss hexte Donnarumma noch von der Linie, beim Abstauber von Modric war er machtlos (55.).

Blaues Powerplay

1:0 Kroatien, jetzt hatte es Italien eilig. Bastoni köpfelte aus fünf Metern drüber (61.). Die euphorisierten Karoträger sahen dann ein kurzes blaues Powerplay ohne Kapitalgewinn. Mehrere Flanken schafften es gar nicht erst in den Strafraum, Freistöße und Ecken wurden souverän wegverteidigt. 86.: Der eingewechselte Gianluca Scamacca kommt bei einem Stanglpass einen Schritt zu spät, das wäre das Achtelfinale gewesen.

Danach kam von Italien erschreckend wenig – bis zur 98. Minute. Zaccagni wurde von Riccardo Calafioris Lochpass perfekt eingesetzt und schlenzte das Kunstleder mit dem ersten Kontakt vom Sechzehner unhaltbar ins Kreuzeck. (Martin Schauhuber aus Leipzig, 24.6.2024)

Fußball-EM, Gruppe B, 3. Runde:
Kroatien – Italien 1:1 (0:0). Leipzig, Red-Bull-Arena, SR Makkelie (NED)

Tore: 1:0 (55.) Modric, 1:1 (98.) Zaccagni

Kroatien: Livakovic - Stanisic, Sutalo, Pongracic, Gvardiol - Brozovic, Modric (81. Majer), Kovacic (70. Ivanusec) - Sucic (70. Perisic), Kramaric (90. Juranovic), Pasalic (46. Budimir)

Italien: Donnarumma - Di Lorenzo, Darmian (81. Zaccagni), Bastoni, Calafiori, Dimarco (57. Chiesa) - Barella, Pellegrini (46. Frattesi), Jorginho (81. Fagioli) - Raspadori (75. Scamacca), Retegui

Gelbe Karten: Sucic, Modric, Ivanusec, Stanisic, Pongracic, Brozovic bzw. Calafiori, Fagioli, Spalletti (Trainer)

Anm.: Modric scheiterte mit einem Elfmeter (54.) an Donnarumma.