Im ZiB 2-Interview mit Armin Wolf am Montagabend hat Verfassungsministerin Karoline Edtstadler (ÖVP) einmal mehr betont, dass die ÖVP nach der Zustimmung der grünen Umweltministerin Leonore Gewesslers zum Renaturierungsgesetz nur aus Verantwortung für das Land die Koalition mit den Grünen weiterführe und "die Zähne zusammenbeiße". Ein sogenanntes freies Spiel der Kräfte hätte den Staat Milliarden an Steuergeld gekostet.

ZIB 3: ÖVP erstattet Anzeige gegen Gewessler
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Gewesslers Verhalten sei aber auch für Edtstadler als Verfassungsministerin "schwer zu nehmen". Ihre Zustimmung zum EU-Renaturierungsgesetz habe zu einem "weiteren Diktat aus Brüssel" geführt, das viel Bürokratie beinhalte. Gewessler führe mit ihrem Ja, das ja aus Sicht der ÖVP einer Bundesländerstellungnahme entgegenläuft, den Föderalismus ad absurdum. Das Verhältnis zum Koalitionspartner sei angespannt. Und Gewesslers Verhalten disqualifiziert die Grünen laut Edtstadler auch für eine erneute Regierungszusammenarbeit nach der Nationalratswahl im September.

Warum man dennoch keine Entlassung der Ministerin angestrebt habe? Diese, so Edtstadler, wäre einem Ende der Koalition gleichgekommen und sei deswegen nicht angestrebt worden. Man arbeite nicht aus taktischen Gründen, etwa wegen Postenbesetzungen, weiter. Es gehe vielmehr um Beschlüsse, die noch gefällt werden müssten.

Edtstadler verteidigt Neuregelung der Handysicherstellung

Edtstadtler kritisierte insbesondere, dass Gewessler die Empfehlung des Verfassungsdiensts als anerkannter Institution ignoriert habe. An der Expertise des Verfassungsdiensts habe noch nie jemand so öffentlich gezweifelt, wie die Grünen es nun getan hätten. Auf die Frage, warum man dem Ex-Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP) keinen Verfassungsbruch vorgeworfen hatte, als dieser Akten für den Untersuchungsausschuss nicht vorlegen wollte, antwortete Edtstadler, es handle sich um eine andere Sachlage. Es sei eine schwierige Frage, was im Untersuchungsausschuss vorgelegt werden müsse, dabei müsse ebenso der Datenschutz gewahrt werden. Das Verhalten Gewesslers sei im Vergleich schwerwiegender.

In Bezug auf die massiven Bedenken der österreichischen Staatsanwälte an der Neuregelung der Handysicherstellung betonte Edtstadler, dass das Justizministerium die neuen Stellungnahmen zum Gesetzesentwurf selbstverständlich noch prüfen werde. Sie verteidigte die organisatorische Trennung zwischen der forensischen Auswertung der Daten und den Ermittlungen. Die Bedenken der Staatsanwaltschaft konnte sie nicht nachvollziehen: Im Gegenteil, sie erwarte sich von der Änderung, dass es künftig schneller gehe, Strafverfahren zu beenden, "weil von Anfang an zielgerichteter vorgegangen werden kann und auch muss", sagte die Ministerin. Auf das Argument Armin Wolfs, dass mit so einem Gesetz die Chatnachrichten rund um Ex-Kanzler Sebastian Kurz und Thomas Schmid nie öffentlich geworden wären, entgegnete Edtstadler, "das ist genau der Grund", warum der Entschluss dazu noch im Juli gefällt werden solle.

Auf Wolfs Nachfrage, ob Edtstadler die Nachfolge des EU-Kommissars Johannes Hahns antreten würde, antwortete die Verfassungsministerin ausweichend. Sie habe nie ein Hehl daraus gemacht, dass ihr Herz für Europa schlage. Die Entscheidung stehe aber noch nicht fest. (Helene Dallinger, 24.6.2024)