Donauinselfest Babler Ludwig SPÖ Wahlkampf
Immerhin Burgfrieden mit Wien: Der Wiener Bürgermeister Michael Ludwig war von Andreas Babler als SPÖ-Chef nicht überzeugt, doch man zeigt sich gemeinsam und richtet einander öffentlich nichts aus. Schwieriger hat es Babler mit dem Burgenland und Tirol.
APA/FLORIAN WIESER

Der EuGH hat Ungarn vor kurzem zu einer saftigen Strafzahlung wegen dessen Asylpolitik verdonnert. 200 Millionen Euro plus ein Zwangsgeld von einer Million Euro für jeden Tag, an dem Ungarn weiterhin "schwer gegen den Grundsatz der Solidarität in der Union verstößt" – sprich: weiterhin seine rigide Flüchtlingspolitik auf Kosten anderer EU-Staaten zelebriert.

Insofern geht Andreas Babler kein Risiko ein, wenn er zur Untermauerung des überarbeiteten Migrations- und Asylkonzepts der SPÖ ankündigt, Ungarn klagen zu wollen. Das ist Wahlkampfgetöse. Etwas, das die Union ohnehin als Vertragsbruch ahndet, noch zusätzlich einzuklagen ist politisch nicht sonderlich beherzt.

Mutiger war da schon, was Babler dieser Ankündigung im Ö1-Morgenjournal vorausschickte: "sobald ich Regierungsverantwortung habe". Und er schob nach: "Wir werden Erste werden."

Nicht der Elan, nicht die Themen

Diese Einschätzung teilen momentan wohl nicht viele. Die SPÖ bewegt sich in Umfragen seit Monaten nicht vom Fleck – und liegt stabil auf dem dritten Platz hinter FPÖ und ÖVP, auch bei der EU-Wahl. Dies allein an Babler festzumachen ist zu kurz gegriffen. Babler scheint unermüdlich auf Achse zu sein, um Wähler zu überzeugen. Es sind auch nicht die Themen: etwas gegen die Teuerung tun; weniger arbeiten, mehr Work-Life-Balance; mehr Verteilungsgerechtigkeit. Das könnte durchaus ein mehrheitsfähiges Programm sein.

Auch das überarbeitete Asyl- und Integrationspapier verdient eine tiefere Betrachtung. Etwa die Idee mit dem "Spurwechsel": Asylwerbende sollen die Möglichkeit bekommen, vom Asyl- in ein Aufenthaltsverfahren zu wechseln, wenn sie sich integrieren und arbeiten. Abgesehen von der Frage, wie das rechtlich umsetzbar wäre, ist dies ein pragmatischer Zugang, wie ihn wohl auch die nach Arbeitskräften lechzende Wirtschaft nur begrüßen kann.

Es fehlt an Loyalität

Schwierig wird das Terrain für Babler, wenn es um aktuelle politische Debatten geht. Selten, dass der SPÖ-Chef da sofort auf den Punkt kommt, einhakt, die Regierungsparteien beharrlich vor sich hertreibt – wie dies die Aufgabe eines Oppositionspolitikers wäre. Möglich, dass ihm hier oft der Atem fehlt – weil er immer noch bis zum Kinn in parteiinternen Querelen feststeckt.

Es ist ein ewiges Pingpongspiel zwischen Eisenstadt und Innsbruck. Entweder der burgenländische Landeshauptmann Hans Peter Doskozil fährt Babler in die Parade – oder der Tiroler SPÖ-Chef Georg Dornauer hat etwas beizutragen. Konstruktiv sind die beiden selten.

Klarheit muss her

Die heiße Phase des Wahlkampfs rückt immer näher. Trotzdem ist nicht davon auszugehen, dass Babler aus diesen Ecken Ruhe gegönnt wird. So diszipliniert ist die SPÖ längst nicht mehr. Also muss Babler die Machtfrage stellen: entweder die oder ich, entweder Ruhe, oder ich stehe nicht mehr zur Verfügung. Und er muss dies jetzt tun, glaubhaft. Es wird sich niemand finden in der SPÖ, der jetzt gerne an Bablers Stelle einspringen würde – auch Doskozil und Dornauer werden sich hüten.

Babler würde auch nach außen an Format gewinnen, wenn er klarmachen könnte, dass er sich nicht auf der Nase herumtanzen lässt. Eine Wahl gewinnt man nicht mit wenig motivierten Funktionären, sondern mit Wählerstimmen. Und man verliert, wenn niemand weiß, wofür die SPÖ steht – außer für interne Streitigkeiten. (Petra Stuiber, 24.6.2024)