Putin (links), Kim (rechts) halte jeweils eine Mappe in die Kamera, im Hintergrund die Flaggen Russlands und Nordkoreas
Zu Gast bei Freunden in Pjöngjang: Russlands Präsident Wladimir Putin mit Diktator Kim Jong-un.
Foto: Reuters / Kreml / Sputnik / Kristina Kormilitsyn

Wer hätte gedacht, als Jewgeni Prigoschin mit seinen aufständischen Wagner-Söldnern auf dem Vormarsch nach Moskau war, dass sich ein Jahr später ein wiedergewählter Präsident Wladimir Putin auf einem militärischen und politischen Erfolgskurs befinden würde? Nach der Bekräftigung der "grenzenlosen Freundschaft" mit dem chinesischen Staats- und Parteichef Xi Jinping im Mai in Peking hat Putin nun in Pjöngjang mit Nordkoreas unberechenbarem Diktator Kim Jong-un einen bedenklichen strategischen Pakt geschlossen und mit seinem Besuch in Hanoi den geopolitischen Einfluss Russlands (auch bisher Vietnams größter Waffenlieferant) symbolisch unterstrichen.

Der Aufstand brach bekanntlich nach 48 Stunden zusammen; Prigoschin und seine engsten Mitarbeiter starben zwei Monate nachher bei einem ungeklärten Flugzeugsabsturz. Mit dem plötzlichen Tod des 47-jährigen Alexej Nawalny in einem sibirischen Straflager im Februar 2024 verschwand dann der gefährlichste Oppositionspolitiker. Trotz der anfänglichen Fehlkalkulation beim Überfall auf die Ukraine ist Putins Regime heute von innen und von außen ungefährdet.

Schwere Folgen

Während die Schlafwandler von Berlin bis Paris der ums Überleben kämpfenden Ukraine zu wenig und zu spät militärische Hilfe zukommen lassen, hat Nordkorea nach US-amerikanischen Angaben elftausend Container mit rund fünf Millionen Artilleriegeschoßen und dutzenden Raketen nach Russland geschickt. Dafür erhält Kim das russische Veto im UN-Sicherheitsrat gegen neue Sanktionen sowie Lebensmittel, Treibstoff und Rüstungshilfe. US-Militärexperten warnen vor den Folgen möglicher russischer Technologiehilfe für die Atommacht Nordkorea. Professor Victor Cha, der für Asien zuständige Vizepräsident des Washingtoner Thinktanks Center for Strategic and International Studies, bezeichnet das Putin-Kim-Gipfelreffen als "die größte Bedrohung für die nationale Sicherheit der USA seit dem Koreakrieg".

Ob die westlichen Mutmaßungen über chinesisches Unbehagen bezüglich des Schmusekurses der beiden Diktatoren stimmen und ob Peking tatsächlich nordkoreanische Provokationen gegen Südkorea unterbinden möchte, muss dahingestellt bleiben.

Nuklearer Imperialismus

Fest steht jedenfalls, dass Südkorea bisher trotz des US-amerikanischen Drucks keine Munition an die Ukraine geliefert hat. Angesichts der angekündigten "militärischen Zusammenarbeit" Russlands mit dem Schurkenstaat Kims will nun auch Südkorea seine zurückhaltende Waffenexportpolitik "überdenken".

Angesichts von Putins imperialistischer Politik unter der Deckung des eigenen Nuklearschirms zieht der deutsche Historiker Jürgen Osterhammel in der FAZ die Folgerung: Nuklearer Imperialismus sei ein Novum in der Geschichte des Imperialismus. Er verweist auf die immer weniger verklausulierten russischen Drohungen mit einem Ersteinsatz von Atomwaffen, die bereits auf die deutsche Bundesregierung Wirkung gezeigt haben. Seine berechtigte Warnung lautet: "Wenn nukleare Erpressung bereits in schwachen Dosen den gewünschten Effekt zeigt, wird ein ungebremster Putin, der die Schwachstellen des Westens identifiziert hat, sie auch für ehrgeizigere Ziele einsetzen." (Paul Lendvai, 24.6.2024)