Lange konnte Apple in aller Ruhe zusehen, wie ein Konkurrent nach dem anderen ins Visier der Wettbewerbsbehörden geriet. Doch diese Ruhe ist mittlerweile vorbei – und zwar nachhaltig: Der iPhone-Hersteller könnte das erste Unternehmen werden, das nach dem Ende März in Kraft getretenen Digital Markets Act (DMA) der EU bestraft wird. In einer vorläufigen Stellungnahme erhebt die EU-Kommission nun nicht nur schwere Vorwürfe gegen Apple, sondern droht auch mit einer großen Geldstrafe.

Nicht ausreichend

Jene Anpassungen, mit denen Apple auf den DMA reagiert hat, seien gleich an mehreren Stellen unzureichend, betont Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager. Im Zentrum steht dabei vor allem das Thema der alternativen Bezahlwege. Hatte Apple zuvor bis zu 30 Prozent an allen über den App Store abgewickelten Käufen mitverdient und gleichzeitig keine Alternativen zugelassen, musste man für den DMA Anpassungen vornehmen.

Der EU-Kommission gehen die Anpassungen der App-Store-Regeln von Apple nicht weit genug.
AFP/CHRIS DELMAS

Statt einer echten Öffnung für alternative Bezahlwege gab es vor einigen Monaten dann aber ein sehr komplexes Geflecht an Optionen, bei denen Apple wiederum so gut wie überall auf unterschiedlichen Wegen mitverdient. App-Hersteller könnten ihre Kunden noch immer nicht frei auf andere Bezahldienste umleiten, heißt es nun entsprechend vonseiten der EU-Kommission. Auch Nutzung und Betrieb alternativer App-Stores seien mit zu vielen Hürden verbunden.

Direkt damit verwandt ist ein weiterer Kritikpunkt: Das neue Lizenzmodell für die EU sieht eine "Kerntechnologiesteuer" vor. Diese beträgt 50 Cent pro Download und greift, wenn eine App mehr als eine Million Mal heruntergeladen wurde. Entwicklerinnen und Entwickler hatten bei der Vorstellung dieses Modells betont, dass damit ein unberechenbares Risiko einhergeht, falls eine App zu schnell zu erfolgreich würde. In Wirklichkeit wolle Apple damit nur alle dazu bringen, erst recht wieder das alte – und weiterhin als Alternative angebotene – Modell mit einer fixen Beteiligung zu verwenden, so die Kritik.

Video: App Store von Apple verstößt gegen EU-Wettbewerbsregeln.
AFP

Eine Drohung

Die "vorläufige Stellungnahme" ist auch als eine Art Hinweis an Apple zu verstehen, die unzureichenden Anpassungen noch einmal zu überarbeiten. Das aber in Kombination mit einer unmissverständlichen Drohung. Sollte sich das Unternehmen nicht beugen, droht Apple eine saftige Strafe. Bis zu zehn Prozent des jährlichen Umsatzes könnte diese betragen – das wären derzeit dann rund 35 Milliarden Euro, die Apple im schlimmsten Fall zahlen müsste. Im wiederholten Falle könnte sich diese Strafe dann sogar verdoppeln.

Bis es so weit ist, wird allerdings noch etwas Zeit vergehen, die Untersuchung der EU-Kommission soll erst nächsten März abgeschlossen sein, also exakt ein Jahr nachdem sie aufgenommen wurde. Bei Apple zeigt man sich von alledem wenig beeindruckt. In einer Stellungnahme des iPhone-Herstellers heißt es, dass man davon überzeugt ist, dass die vor einigen Monaten getätigten App-Store-Anpassungen die Vorschriften des DMA vollständig erfüllen. Das auch, weil man ohnehin auf Feedback der Kommission bereits kleinere Änderungen vorgenommen hat.

Die Rolle der Gatekeeper

Im Rahmen des Digital Markets Act wurden besonders dominante Techfirmen als sogenannte "Gatekeeper" definiert, für die besondere Regeln gelten. Neben Apple betrifft das etwa auch Meta und Google, auch bei diesen beiden Unternehmen hat die EU bereits Untersuchungen zur DMA-Compliance angekündigt. (Andreas Proschofsky, 24.6.2024)