Auch dieses Jahr erscheinen wieder einschüchternde Zahlen zum Aufnahmeverfahren für das Medizinstudium. Auch wenn es leichte Unterschiede zwischen den Standorten beziehungsweise den Quoten gibt, bleibt eine Tendenz doch gleich: Die Zahl der aufgenommenen Bewerber:innen schwankt schon seit Jahren zwischen zehn und 15 Prozent der Antretenden.

Für viele Maturant:innen, Zivil- und Grundwehrdiener wie auch ältere Bewerber:innen bedeutet dies nicht selten einen monate- beziehungsweise jahrelangen, emotional anstrengenden Kampf um einen Studienplatz – mit ungewissem Ausgang. Für die allermeisten führt das nur einmal jährlich stattfindende Aufnahmeverfahren bei mehrmaligem Antreten zu viel weder staatlich noch sozial anerkannter Zeit. Denn abgesehen vom möglichen Verlust der Kinderbeihilfe kann sich auch niemand zwei Jahre Testvorbereitung in den Lebenslauf schreiben.

Junge Menschen auf Tischen in einem großen Raum
Der Medizin-Aufnahmetest ist eine enorme Hürde.
APA/ROBERT JAEGER

Die Zeit, in der sich die Antretenden auf den Aufnahmetest vorbereiten, ist oft ohnehin mit hohen finanziellen Ausgaben für private Lernförderungen (ohne die es praktisch nicht geht) und mittlerweile auch immer mehr für mentale Unterstützung bei wiederholten Misserfolgen verbunden. Die Argumentation der Universitäten ist schlüssig: mehr Studienplätze würden die Qualität der Lehre – sowie deren internationale Vergleichbarkeit (das Thema um Medizinstudienplätze ist in ganz Europa vorhanden) – beeinträchtigen. Gerade in Sezierkursen, Laborübungen und Kommunikationseinheiten ist die Lehre in kleinen Gruppen ein großer Vorteil, aber auch eine logistische Belastung, weshalb die Reglementierung der Studienplätze eine bittere, aber notwendige Maßnahme bleibt.

Ein neuer Weg?

Meiner Meinung nach könnte man hier einen neuen Weg einschlagen: Ein Vorstudium der Medizin ohne Zulassungsbeschränkung über zwei bis vier Semester, in dem hauptsächlich naturwissenschaftliche und biologische Grundlagen erarbeitet und abgeprüft werden. Diese können gut in großen Hörsälen unterrichtet oder auch in Büchern und online erlernt werden. Dieser Vorstudiengang sollte das reguläre Aufnahmeverfahren nicht ersetzen, sondern einen Einblick in die Grunddisziplinen der Medizin geben, allen voran: Physik, Chemie, Biologie.

Dies würde dem Staat wenig Geld kosten und medizininteressierten Menschen die Möglichkeit geben, sich schon einmal in einem universitären Umfeld zu bewegen, auch wenn sie noch keinen echten Studienplatz haben. Sie wären damit gesellschaftlich und sozial abgesichert. In diesem Vorstudium würde sich auch schnell herausstellen, wer unter den Bewerber:innen bereit ist, viel Zeit in das Studium der Grundlagen zu investieren.

Abgelegte Prüfungen beziehungsweise ein komplett absolviertes Vorstudium sollten dann den Aufnahmetest – zumindest den naturwissenschaftlichen Teil – bestehbar machen und eventuell auch schon in manchen Fächern angerechnet werden. Das würde in den ersten beiden, meist als stressig empfundenen Semestern des Medizinstudiums eine Honorierung und Entlastung bringen. Auch in ähnlichen Studiengängen wären so abgelegte Leistungen nicht umsonst. Dies wäre zumindest besser als der aktuelle Zustand, in dem viele Student:innen ein paar Semester Biologie oder Chemie studieren, um versichert zu sein und etwas vorweisen zu können, in Wirklichkeit aber anderen Student:innen – auch dort gibt es einen Aufnahmetest – den Platz wegnehmen.

Eine Art Vorstudium der Medizin wäre wohl finanziell kein großer Aufwand und würde jungen Menschen – ähnlich einem Studium generale – einen Überblick über die medizinischen Disziplinen geben, vor allem aber auch eine Perspektive, die oft wichtige Zeit zwischen Matura und Studium nicht ohne Hilfe bewältigen zu müssen. (Alwin Schuen, 5.7.2024)