Wer jüngere Kinder hat, kann selten schon die sechste Urlaubswoche beanspruchen. Fehlen also vier Wochen Urlaub, um die Kinder im Sommer selbst zu betreuen. In Wahrheit sind es viel mehr, denn auch in den Oster-, Herbst- und Weihnachtsferien lässt man seine Kinder ungern allein zu Hause. Freilich ließe sich argumentieren, die Eltern könnten ja abwechselnd Urlaub nehmen. Single-parent-Urlaube können aber – so die Eltern nicht ohnehin getrennt sind – wohl auch nicht Zweck des Erholungsurlaubs sein. Wer es sich leisten kann, bezahlt meist teure Feriencamps, wer Glück hat, verschickt die Kids zu Großeltern und Co. Und was tut der Rest, wenn das Kind nicht tagelang vor einem Display sein soll?

Wie regeln Sie die Ferienbetreuung Ihrer Kinder?
APA/dpa/Ralf Hirschberger

Mehr als fünf Wochen Jahresurlaub ließen sich vereinbaren, und immer mehr Firmen bieten freiwillig eine sechste Urlaubswoche an, um für Bewerber und Bewerberinnen attraktiver zu sein. Mehr scheint aber derzeit kaum verhandelbar.

Homeoffice

Wer Homeoffice als die Lösung für sommerliche Kinderbetreuung darstellt, missversteht die Bedeutung von Homeoffice gravierend: Es bedeutet nichts anderes, als dass dieselbe Arbeit zu denselben Bedingungen wie immer zu erbringen ist, nur eben zu Hause. Homeoffice ist keine Erlaubnis, in der Arbeitszeit Privates zu erledigen, schon gar nicht, private Tätigkeiten als Arbeitszeit zu verzeichnen. Derlei kann sogar eine Entlassung rechtfertigen. Wer von zu Hause aus arbeitet, kann sich unmöglich gleichzeitig mit den Kindern beschäftigen. Es kann allenfalls helfen, gemeinsam Mittag zu essen (oder Handyzeit zu verlängern) – mehr aber auch nicht.

Einarbeiten

Bezahlte Freizeit lässt sich ein- oder besser vorausarbeiten, indem monatelang Zeitguthaben aufgebaut wird. Das bedeutet aber eine erhebliche Mehrbelastung für den Vater oder die Mutter, und kann für Unternehmen – je nach Arbeitszeitmodell – teuer sein. Abgesehen von der Problematik, dass Firmen im Sommer weiterarbeiten und daher selten neun Wochen auf eine Arbeitskraft verzichten können. Außerdem ist keineswegs gesichert, dass in den restlichen Monaten überhaupt Bedarf an so viel Mehrarbeit besteht.

Teure Zuschläge

Wer fixe Arbeitszeiten hat und über den Rest des Jahres Mehrarbeitsstunden (bei Teilzeit) oder Überstunden (bei Vollzeit) aufbaut, erlangt damit Anspruch auf Zuschläge von 25, 50 oder sogar mehr Prozent. (Nur bei Teilzeit-Zeitausgleich innerhalb eines Drei-Monats-Zeitraums entfällt der 25-Prozent-Zuschlag, doch werden drei Monate kaum reichen, um den notwendigen Zeitpuffer aufzubauen.) Der Zeitausgleich in den Sommerferien ist daher länger als die zuvor geleistete Mehrarbeit. Selbst wenn die Eltern diesen Vorteil gar nicht wollen und daher gerne auf die Zuschläge verzichten, hält das nicht: Sie sind aufgrund des einseitig zwingenden Charakters arbeitsrechtlicher Ansprüche unverzichtbar.

Gleitzeit als Lösung

Im Vorteil ist, wer in einem Durchrechnungs- oder Gleitzeitmodell arbeitet. Gilt Gleitzeit über ein ganzes Jahr, können – bei geschickter Einteilung – Mehrstunden aufgebaut werden, ohne dass besagte Zuschläge entstehen. Allerdings braucht es einige 50-Stunden-Wochen, um genug Zeit anzusparen. Dazu kommt die gesetzliche Begrenzung auf durchschnittlich 48 Wochenstunden pro 17-Wochen-Zeitraum – bei sonstiger Bestrafung des Unternehmens. Wer also viel Zeitguthaben aufbauen will, muss gut rechnen, und wird es kaum ohne Unterstützung der Personalabteilung schaffen.

Durchgerechneter Sommer

Ähnlich könnte es im Rahmen eines Durchrechnungsmodells funktionieren, das sich im Wesentlichen durch fixe Arbeitszeiteinteilung (oder Dienstplanmethode) von der Gleitzeit unterscheidet und außerdem nur bei Vollzeit infrage kommt. Hier wird besonders deutlich, dass es eine kooperative Arbeitgeberin braucht: Das Unternehmen müsste über das Jahr die Arbeit so einteilen, dass im Sommer weniger oder nicht gearbeitet wird. Dazu kommt: Durchrechnung braucht für die allermeisten Branchen eine Ermächtigung im Kollektivvertrag. Wo sie fehlt, darf nicht durchgerechnet werden.

Teures Vertragsende

Der Aufbau von Zeitguthaben birgt trotz Gleitzeit und Durchrechnung für den Arbeitgeber die Gefahr, dass der geplante 1:1 Ausgleich scheitert, weil das Arbeitsverhältnis vorher endet. Das dann (unter Umständen schon beträchtliche) bestehende Zeitguthaben muss ausbezahlt werden, und zwar mit Zuschlag.

Arbeitszeitreduktion

Gegen eine Arbeitszeitreduktion über den Sommer spricht zunächst nichts – vorausgesetzt, beide Arbeitsparteien sind damit einverstanden. Weniger Arbeit heißt aber auch weniger Geld – das kann sich nicht jede oder jeder leisten.

Dasselbe Problem ergibt sich, wenn von vornherein Teilzeit statt Vollzeit oder ein geringeres Maß an Teilzeit als eigentlich geplant vereinbart wird, um über das Jahr Mehrarbeitsstunden aufzubauen und sie dann im Sommer zu konsumieren. Der unvermeidbare Zuschlag, der die Sache für das Unternehmen recht teuer macht, könnte bei der Bemessung des Gehalts (so über Kollektivvertrag bezahlt wird) eingepreist werden. In diesem Modell werden gemeinsame Sommerferien statt mit unterjähriger Mehrbelastung mit einer dauerhaften Gehaltseinbuße "erkauft".

Änderungsbedarf

All das ist mehr als Anlass genug, um die Dauer der Sommerferien intensiv zu hinterfragen, über eine finanzielle Förderung von berufstätigen Eltern mit Betreuungspflichten im Sommer nachzudenken oder auch ein neues Arbeitszeitmodell, das bei Wunsch der Mutter oder des Vaters den Aufbau von Zeitguthaben ohne Zuschläge ermöglicht. (Kristina Silberbauer, 26.6.2024)