Statue mit Bierflasche in der Hand
Österreich wie auch Deutschland gehören eindeutig zu den Biernationen. Das hat sich auch in den vergangenen 20 Jahren nicht verändert.
IMAGO/Christoph Hardt

Es gab zwar schon in vielen europäischen Ländern Anläufe von Bierparteien. Insbesondere nach dem Zerfall der Sowjetunion entstanden im Sog der Demokratisierung in Osteuropa einige satirisch angelegte Parteien, die sich jedoch früher oder später wieder auflösten. Es ist womöglich kein Zufall, dass ausgerechnet in Österreich eine Bierpartei schon seit 2015 aktiv ist. Immerhin ist Österreich eine ausgewiesene Nation der Biertrinkerinnen und Biertrinker.

Laut dem von der Brau Union Österreich verfassten Bierkulturbericht geben 59 Prozent der Befragten an, regelmäßig, das heißt, mindestens einmal pro Monat, Bier zu trinken. Dabei ist der Konsum einer Statista-Erhebung zufolge seit den 1980er-Jahren relativ konstant und betrug im Wirtschaftsjahr 2022/23 rund 9,47 Millionen Hektoliter. Mit einem Pro-Kopf-Verbrauch von 102 Litern pro Jahr gehört Österreich jedenfalls zu den führenden Bierländern in Europa.

Saufen bis zum Umfallen

Das bestätigt nun auch eine Studie, die soeben im Fachmagazin Addiction erschienen ist. Die Untersuchung, die auf Daten der Weltgesundheitsorganisation (WHO) beruht, identifizierte sechs Trinkmuster. Diese basieren auf historisch gewachsenen Kategorien, in denen sich geografische Unterschiede und Trinkmengen spiegeln. So setzt der mediterrane Trinktypus auf Wein, der häufig tagsüber und in Verbindung mit Mahlzeiten konsumiert wird. Saufen bis zum Umfallen ist in diesen Ländern selten.

In Zentral- und Westeuropa ist Bier das alkoholische Getränk der Wahl, das auch außerhalb von Mahlzeiten getrunken wird und häufiger bis zum Koma führt. In Nord- und Osteuropa herrscht ein schnapsfokussiertes Trinkverhalten vor. Das geht mit regelmäßigen abstinenten Tagen einher, die unterbrochen werden von trinkintensiven Wochenenden und anderen Festivitäten, Mahlzeiten spielen dabei kaum eine Rolle. Das führt naturgemäß zu häufigen Alkoholvergiftungen, Gewalttaten, Verletzungen und undiagnostizierten, unbehandelten Alkoholkranken, wie es in der Studie heißt.

Die Forschenden haben diese Muster nun verfeinert und aufgrund von Daten der Jahre 2000 bis 2019 zum Pro-Kopf-Konsum und weiteren Indikatoren vergleichbarer gemacht. Ziel war es, Veränderungen im Alkoholkonsum festzustellen und zu erforschen, ob es empirische Zusammenhänge zwischen Trinkmustern und Gesundheitsschäden beziehungsweise Mortalität gibt. Für das Jahr 2019, das letzte Jahr, für das die Monitoringdaten der WHO vorliegen, wurden folgende sechs Alkoholmuster identifiziert.

Trinktypologie

Verschieden eingefärbte Länder auf Europakarten
Trinktypen in Europa von 2000 bis 2019, gemessen am Pro-Kopf-Alkoholkonsum und anderen Indikatoren.
Correia et al.

Mediterrane Verhältnisse in Schweden

Auch wenn es so manche Verschiebung gab – so gingen etwa die Länder mit Weinfokus etwas zurück –, blieben zwei Drittel der 30 untersuchten Nationen in dem Trinkmuster, das sie schon im Jahr 2000 hatten. Eine Ausnahme stellt allerdings Schweden dar. Es befand sich im Jahr 2000 noch in der Riege der Länder mit niedrigem Alkoholkonsum – einer Kategorie, die sich in den Untersuchungszeitpunkten 2010, 2015 und 2019 gar nicht mehr fand (lila in der Grafik oben). Es wird vermutet, dass eine Lockerung der Maßnahmen zur Kontrolle des Alkoholkonsums in einigen der Länder, darunter auch Schweden, dabei eine Rolle spielte.

2015 war Schweden dann in den Cluster der Länder gerutscht, in denen viel Bier und wenig Spirituosen getrunken werden. Und 2019 schließlich schloss sich Schweden den mediterranen Weinländern an, samt der dazugehörigen Charakteristika, also geringen Raten an Komatrinken, einem insgesamt relativ geringen Alkoholkonsum und geringen alkoholbedingten Gesundheitsschäden. Die Studienautoren spekulieren, dass diese Entwicklung durch das strikte Alkoholmonopol erleichtert wurde.

Abgesehen von Schweden schien das Trinkverhalten wenig flexibel. Die Studie ergab außerdem signifikante Zusammenhänge zwischen Trinkverhalten und alkoholbedingten Todesfällen und Gesundheitsschäden. Letztere wurden gemessen an der Anzahl der Jahre, die durch Krankheit, Behinderung oder frühen Tod verlorenen wurden. Estland, Lettland, Litauen, Ukraine, Bulgarien und Zypern, also Länder mit hohem Spirituosenkonsum und/oder häufigen Vollräuschen, wiesen wenig überraschend die meisten alkoholbedingten Todesfälle und Gesundheitsschäden auf.

"Europas ausgeprägte Trinkgewohnheiten scheinen tief in der Kultur verwurzelt zu sein und sind daher schwer zu ändern", sagt Jürgen Rehm, Co-Autor der Studie von der Universität Toronto. "Da das Trinkverhalten stark mit der Krankheits- und Sterblichkeitslast zusammenhängt, müssen wir Wege finden, die Muster zu ändern, die die Cluster mit der höchsten alkoholbedingten Belastung kennzeichnen." Insgesamt sei das Gesamtniveau des Alkoholkonsums in Europa immer noch hoch. (Karin Krichmayr, 25.6.2024)