Eines von 19 Tableaux Vivants bei
Eines von 19 Tableaux vivants bei "Dialog zwischen Caravaggio und Monteverdi" in der Helmut-List-Halle in Graz.
Gaeta

Der eine war ein wilder Hund und vielleicht der Heftigste und Sinnlichste seiner Zunft: Caravaggio. In seinen Bildern: das echte, schmutzige, faltige Leben, in Szene gesetzt aber wie eine Show. Scheinwerfer an! Wen interessierte der apollinische Manierismus seiner Vorgänger? Michelangelo Merisi um 1600 mit Sicherheit nicht.

Der andere schlug zur selben Zeit gang- und hörbare Pfade durch das Dickicht der polyphonen, kontrapunktischen Renaissancemusik. Weniger ist mehr, "reduce to the max". Eine Singstimme, eine Klampfe und ein paar Akkorde. Im Wesentlichen sind die Ingredienzien der Musik von Claudio Monteverdi und der heutigen Popmusik die gleichen.

Warum nicht beide italienischen Pioniere des Barock zusammenspannen? Die Styriarte versprach für einen Abend in der Grazer Helmut-List-Halle einen "Dialog zwischen Caravaggio und Monteverdi". Für den Maler war die Gruppe Teatri 35 zuständig: Gaetano Coccia, Francesco Ottavio De Santis und Antonella Parrella stellten unter Zuhilfenahme von vielen Tüchern und wenigen Requisiten 18 Gemälde von Caravaggio und ein Caravaggio-Porträt von Ottavio Leoni als Tableaux vivants nach.

Musik zum Umkleiden

Parallel dazu interpretierte das fünfköpfige Ensemble La Venexiana Werke von Monteverdi, Benedetto Ferrari, Sigismondo D'India und anderen. Zu einem Dialog kam es dabei aber nicht wirklich. Die neun Vokalwerke bezogen sich nicht auf die 19 Gemälde, sondern wirkten als eine Art Begleitmusik für die Umkleidetätigkeit und die Posen der Schauspieler.

Die drei verstanden es, mit einfachsten Mitteln stimmungsvolle Caravaggio-Stills zu kreieren. Ein Schmunzeln entlockte dem Publikum dabei das gruselige Highlight der Bilderreihe, Salome mit dem Kopf Johannes des Täufers. Auch der Finger des ungläubigen Thomas in der Wunde von Jesus wurde von den meisten als solcher erkannt. Da die katholische Kirche ein kardinaler Auftraggeber Caravaggios war, wurde man einer Folge von Martyrien, Kreuzigungen und Auferweckungen angesichtig.

Einminütige Posen

Wäre es eine gute Idee gewesen, weniger Tableaux vivants zu zeigen, diese dafür aber jeweils mit einem dazu passenden Musikstück zu kombinieren? Wahrscheinlich. Wäre es interessant gewesen, dazu im Hintergrund Projektionen der dargestellten Werke einzublenden, samt Titeln? Möglicherweise.

So hörte und sah man in der Helmut-List-Halle Dinge, die nicht wirklich etwas miteinander zu tun hatten. Auf der linken Seite berichteten zwei Sängerinnen (Emanuela Galli, Agnese Allegra) und ein Sänger (Giacomo Schiavo) mit mehr oder weniger gefälligen Stimmen von Liebe und Leid in Hirten- und Götterkreisen, umtröpfelt von Cembalo und Theorbe. Und rechts wickelten sich drei Schauspieler ein und aus und nahmen ihre einminütigen Posen ein.

Und doch: Als Reaktion auf das heitere Gemälderaten mit Musikbegleitung flutete nach einer guten Stunde begeisterter Applaus die Halle. Ein Beweis für die "Macht der Musik", so das diesjährige Motto der Styriarte? Oder doch einer für die der Bilder? Wer weiß. (Stefan Ender, 24.6.2024)

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