Makhachkala
In der Stadt Machatschkala wurden zwei Kirchen angegriffen.
IMAGO

Machatschkala – Bei Schüssen bei einer Synagoge, einer orthodoxen Kirche und einer Polizeistation in der russischen Teilrepublik Dagestan sind am Sonntag nach Behördenangaben zahlreiche Menschen getötet worden. Bei Attacken mehrerer Bewaffneter in zwei Städten der muslimisch geprägten Kaukasusrepublik habe es zudem viele Verletzte gegeben. Unter den Toten seien mindestens 15 Polizisten und ein Priester, sagte Gouverneur Sergej Melikow. Insgesamt vier Zivilisten sollen bei dem Angriff getötet worden sein. Die Polizei meldete fünf der Terroristen erschossen zu haben. Verschiedene Nachrichtenagenturen und Behörden geben aktuell teils noch unterschiedliche Angaben zur Anzahl der Toten und Verletzten – zuvor waren in Medienberichten von sechs toten Attentätern die Rede.

Zu den Anschlägen bekannte sich bisher noch niemand. Wie das Innenministerium in Moskau mitteilte, ereignete sich einer der Vorfälle bei einer Synagoge in der Stadt Derbent am Kaspischen Meer, unweit der Grenze zu Aserbaidschan. Weitere Schüsse seien in einer orthodoxen Kirche derselben Stadt gefallen. Beide Gotteshäuser seien in Brand gesetzt worden.

Video: 19 Tote bei Anschlägen in Dagestan.
AFP

"Die Synagoge in Derbent brennt", schrieb der Vorsitzende der Föderation der jüdischen Gemeinden Russlands, Borutsch Gorin, im Onlinedienst Telegram. Ein Polizist und ein Wachmann seien getötet worden. Auch die Synagoge in der größten Stadt der Region, Machatschkala, sei in Brand gesteckt worden. "Während des Angriffs auf die orthodoxe Kirche in Derbent ist dem Priester die Kehle durchgeschnitten worden", fügte Gorin hinzu. Laut Innenministerium handelte es sich um einen 66-Jährigen.

Die russische Teilrepublik Dagestan grenzt an Georgien, Aserbaidschan und Tschetschenien.

Kreml wirft Westen Unruhestiftung vor

Beide Städte liegen am Kaspischen Meer und etwa 125 Kilometer voneinander entfernt. Dagestan grenzt unter anderem an die russische Teilrepublik Tschetschenien sowie an Georgien und Aserbaidschan. Die russischen Behörden haben bei früheren Vorfällen in der Region auf militante muslimische Gruppen verwiesen.

"Wir wissen, wer hinter den Terroranschlägen steckt und was ihr Ziel ist", sagte Melikow in einem Video, ohne weitere Details zu nennen. Einer der Vorfälle ereignete sich den Angaben zufolge in einer Synagoge in der Stadt Derbent, Heimat einer alten jüdischen Gemeinde und Unesco-Weltkulturerbe. Die unbekannten Angreifer hätten automatische Waffen benutzt und seien in einem Auto geflohen.

Anti-Terror-Einsatz mittlerweile beendet

Die Behörden haben den nach einer Anschlagsserie verhängten Alarmzustand wieder aufgehoben. "Weil die Gefahr für Leib und Leben der Bürger gebannt ist, wurde gemäß dem Terrorbekämpfungsgesetz die Entscheidung getroffen, den Anti-Terror-Einsatz zu beenden", erklärte das Nationale Anti-Terror-Komitee am Montag.

Über die genauen Hintergründe der Anschläge gibt es noch keine Informationen, auch wenn Gouverneur Melikow erklärte, sie seien aus dem Ausland gesteuert. Drei der Attentäter sind dabei Medieninformationen Söhne und Neffen eines hohen Beamten der Region. Er wurde in der Nacht bereits verhört. Wegen der Anschlagsserie wurde in Dagestan eine dreitägige Trauer verhängt.

Makhachkala
Rauch steigt nach dem Angriff über einer orthodoxen Kirche in Machatschkala auf.
AP

Dagestan ist eine der ärmsten Regionen in Russland. Nach Zerfall der Sowjetunion kam es zu einem Revival des Islam in der mehrheitlich muslimischen Region. Ende der 1990er versuchten radikale Islamisten ein Kalifat in Dagestan zu errichten. In den vergangenen Monaten war es hier vor dem Hintergrund des Gaza-Konflikts bereits zu antijüdischen Exzessen gekommen. Ende Oktober 2023 drangen etwa wütende Menschen in den Flughafen der Hauptstadt Machatschkala ein, als dort an einem Sonntag ein Flugzeug aus Israel ankam. Rund 20 Menschen wurden dabei verletzt. Der Kreml warf dem Westen in Folge Destabilisierungsversuche und Provokationen vor.

Es sei offensichtlich, dass die Ausschreitungen durch Einmischung aus dem Ausland verursacht worden seien, hieß es damals aus dem Kreml. Es gehe um "die Versuche des Westens, die Lage im Nahen Osten dazu zu nutzen, eine Spaltung der russischen Gesellschaft herbeizuführen".

In Russland fürchtet man eine erneute Welle an islamistischen Anschlägen. Erst im März führte die afghanische Fraktion des sogenannten Islamischen Staat einen Terrorangriff auf ein Einkaufszentrum im Moskauer Vorort Krasnogorsk durch, wobei 145 Menschen starben. (APA, Reuters, red, 24.6.2024)