Die Diskussionsrunde
Matthias Strolz, Silvia Grünberger, Christoph Chorherr, Elisabeth Schweeger und Katrin Praprotnik mit Claudia Reiterer in "Im Zentrum".
Screenshot der Sendung

Matthias Strolz ist "ratlos". Aber poetisch: "Politik ist der Ort, wo wir uns ausmachen, wie wir miteinander leben. Ein beschädigter Ort." Wir laufen Gefahr, die Demokratie zu verlieren, sagt der Ex-Neos-Chef und antwortet Moderatorin Claudia Reiterer auf die Frage, wie wir aus Dauerwahlkampf, Glaubwürdigkeits- und Vertrauenskrise in politisches Personal wieder herauskommen könnten, mit "weg von der Dämonisierung von Personen".

Er halte es schlecht aus, dass Herbert Kickl dämonisiert werde, man mit der FPÖ aber zusammen arbeiten wolle. Rituale à la Gedenkminute zwecks Deeskalation im Parlament schlägt er zur Besinnung vor und bedauert das Fehlen der allgemeinen "Grundierung", etwa Werte, etwa Spirituelles. Diese Gedanken will die Runde nicht weiterspinnen.

Christoph Chorherr fädelt sich pragmatisch ein: "Wie verbreitern wir die Beteiligungsdemokratie, statt Kasperl und Krokodil zu spielen?" Er zitiert die "Konsumdemokratie" als Zustandsbeschreibung und mahnt ein: "Wir müssen lernen, wie mühsam Demokratie ist, wir müssen lernen, uns zu einigen." Strolz legt drauf: "Wir müssen Demokratie neu erfinden!"

Grünberger-Rosam im Rennen

Inhaltlich kommt diese letzte Diskussion in Im Zentrum vor der Sommerpause erst in der Nachspielzeit – Moderatorin Reiterer überzieht kräftig – in die Gänge. Davor darf PR-Beraterin Silvia Grünberger – ihr Kollege Wolfgang Rosam war kürzlich als Gründer eines Personenkomitees für Karl Nehammer auf die Bühnen gesprungen – ausgiebig den ÖVP-Standpunkt zu Grünen-Umweltministerin Leonore Gewessler vertreten: Sie habe mit ihrem Ja zum Renaturierungsgesetz "Verfassungsbruch" begangen, habe ihre "Ideologie" über die Verfassung gestellt, sich den Bundesländern "widersetzt". Es sei "Unsinn", dass irgendeine Partei "gegen die Natur" sei. Christoph Chorherr, Ex-Grünen-Bundessprecher, erträgt es gelassen, hält aber entgegen: "Verfassungsbruch zu rufen ist eine Vorverurteilung."

Elisabeth Schweeger, künstlerische Leiterin der Kulturhauptstadt Europas Bad Ischl Salzkammergut, holt sich den Ball und wird groß: "Es geht um unsere Welt. Wir haben die Welt zugemüllt und versiegelt, wir haben bald nichts mehr zu atmen. Reden wir über den Menschen, vergessen wir die Parteipolitik!" Sie vermisse eine "Debattenkultur" und versucht Grünberger zu bekehren – ohne Erfolg.

Kein Stillstand

Politikwissenschafterin Katrin Praprotnik grätscht seitlich analytisch ein. Sie attestiert wohl eine "veritable Regierungskrise", sieht allerdings ein Weiterarbeiten der Koalition in Ausschüssen. Stillstand lasse sich jetzt nicht feststellen, auch wenn große Brocken wohl unberührt blieben.

Immer wieder versucht Reiterer die Lösungsorientierung aufs Diskussionsfeld zu bringen – mit bescheidenem Erfolg. "Die Medien" und ihre Verantwortung, auf das Gemeinsame zu schauen, werden eingeworfen. Demokratiebildung wird genannt und individuelle Selbstdisziplin auf Social Media. Ein lernender Blick auf partizipative Prozesse, wie Schweeger sie im Zuge der Kulturhauptstadt Salzkammergut initiiert hat, wird empfohlen. Sämtlich richtige Aspekte. Und was liefert den Impuls für die Schubumkehr? (Karin Bauer, 24.6.2024)