Der Unmut könnte größer nicht sein. Viele Wiener Apartmentvermieter und Airbnb-Hosts hatten zunächst gedacht, die Bauordnungsnovelle würde sich auf ihr Geschäft nicht gravierend auswirken. Nun ist alles anders.

Die Stadt Wien will mit der jüngsten Bauordnungsnovelle die touristische Vermietung von Wohnraum eindämmen.
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Doch beginnen wir von vorn: Durch die Novelle brauchen Wienerinnen und Wiener, die eine Wohnung auf Plattformen wie Airbnb, Booking.com und Co kurzzeitig an Touristinnen und Touristen vermieten wollen, ab 1. Juli 2024 eine Ausnahmebewilligung, sofern sie das mehr als 90 Tage im Jahr tun wollen. Die Bewilligungen gelten zunächst einmal für fünf Jahre, Anträge dafür nimmt die MA 37 (Baupolizei) schon seit Monaten entgegen.

Doch es gibt einiges zu beachten (siehe "Wissen" ganz unten), unter anderem wird nur für die Hälfte der Wohnungen eines Hauses eine solche Bewilligung erteilt.

Noch kein Ansturm

Der Ansturm hält sich bis dato in Grenzen. Bis Ende Mai gab es 313 Einreichungen, Spitzenreiter war der 3. Bezirk mit 37, gefolgt vom 10. Bezirk mit 35 und dem 15. Bezirk mit 33. "Rund ein Drittel der bisher bearbeiteten Fälle wurde bisher bewilligt", sagt ein Sprecher der zuständigen Wohnbaustadträtin Kathrin Gaál (SPÖ) dem STANDARD. Die MA 37 arbeite "nach Möglichkeit daran, alle bis dahin eingelangten Einreichungen bis 1. 7. erledigt zu haben".

Warum es bei mehreren Tausend Wiener Wohnungen, die schon jetzt das ganze Jahr über an Touristen vermietet werden, kurz vor dem Stichtag erst ein paar Hundert Anträge gibt, erklärt sich wohl durch eine Änderung im Umgang mit den neuen Vorschriften seitens der Stadtverwaltung. So hatte das erste in dieser Causa bereitgestellte Merkblatt, jenes vom Februar, noch einen Passus enthalten, der damals durchaus viele Kurzzeitvermieterinnen und -vermieter hat aufatmen lassen. "Dem Antrag ist die schriftliche Zustimmung der Eigentümer*innen (aller Miteigentümer*innen) des Gebäudes beizulegen", stand da zwar drin. Und dann aber auch: "Dies kann sich aus verschiedenen Dokumenten ergeben, unter Umständen etwa auch aus einem schlüssig formulierten Wohnungseigentumsvertrag, welcher auf die entsprechenden Einheiten Bezug nimmt."

Airbnb als Verkaufsargument

Hatte man also für das Haus, in dem man die Wohnung (weiterhin) vermieten wollte, einen Wohnungseigentumsvertrag vorliegen, in dem die touristische Vermietung explizit erlaubt wird, ist man fein raus, dachten sich viele. In einigen größeren Wohnprojekten der jüngeren Vergangenheit, darunter die Triiiple-Türme am Donaukanal, wurde im WE-Vertrag diese Möglichkeit verankert. "Die Wohneinheiten wurden dort auch dezidiert so verkauft, dass sie für Airbnb und Co geeignet sind", darauf weist Marcus Kriebel vom Vorstandsteam des Verbands der Apartmentvermieter (VDAV) hin. Er weiß von zahlreichen Eigentümerinnen und Eigentümern, die genau deswegen dort Wohnungen gekauft haben.

Wie die meisten von ihnen mittlerweile feststellen mussten, gilt die Info aus dem ersten Merkblatt nun allerdings nicht mehr. Der Verweis auf den Wohnungseigentumsvertrag ist verschwunden. Die Stadt verlangt nun tatsächlich von jedem Antragsteller sämtliche Unterschriften von allen Miteigentümerinnen und Miteigentümern. Also selbst dann, wenn diese Zustimmung eigentlich bereits vorliegt.

Doppelte Zustimmung

Und das sorgt für erheblichen Ärger. Denn der eine oder andere Miteigentümer will das neuerliche Begehr auf Zustimmung nun einfach nicht mehr absegnen. "Da braucht es dann oft einen anwaltlichen Brief, in dem drinsteht, dass die vertragliche Zustimmung ja schon erteilt wurde", sagt Kriebel. Man müsse also Miteigentümern bisweilen mit Klagen drohen, um eine Zustimmung zu bekommen, die sie eigentlich schon erteilt hatten.

Bei der MA 37 räumt man auf Anfrage des STANDARD ein, dass es hier ein Umdenken gegeben hat. "Es ist richtig, dass wir solche allgemeinen Zustimmungserklärungen nicht akzeptieren." Denn diese würden davon ausgehen, "dass das ganze Haus für Kurzzeitvermietungen verwendet werden kann, während die Bauordnungsnovelle 2023 nur die Hälfte zulässt."

Grund für den Sinneswandel ist also die Regelung, dass die Hälfte der Wohnungen eines Hauses "regulärer" Wohnraum bleiben muss. Die Wohnungseigentümerinnen und Wohnungseigentümer sollten sich nach Ansicht der MA 37 zuerst darüber klar werden, "welche Hälfte dafür genutzt werden kann und welche nicht". Würde man Bewilligungen aufgrund der Wohnungseigentumsverträge erteilen, "würden sich diejenigen, die bisher kein Ansuchen gestellt haben, massiv darüber beschweren, dass sie dann nicht mehr zum Zug kommen".

Grundsätzlich sei der Hinweis auf den Wohnungseigentumsvertrag im ersten Merkblatt aber richtig gewesen. "Wir würden Wohnungseigentumsverträge dann akzeptieren, wenn darin genau jene Wohnungen bezeichnet sind, die (bis zur Hälfte der Nutzflächen bzw. Nutzungseinheiten) kurzzeitig vermietet werden dürfen." Der Hinweis habe aber zu Missverständnissen geführt.

Längere Übergangsfrist gefordert

Im Verband der Apartmentvermieter fragt man sich dennoch, warum es nicht einfach eine "First-come, first served"-Regelung sein kann. Und generell fordert man eine Verlängerung der halbjährlichen Übergangsfrist, die eben nun am 1. Juli endet, bis Jahresende.

Und es könnte auch gut sein, dass die neue Regelung vor dem Verfassungsgerichtshof landet. Denn einzelne Vermieterinnen und Vermieter sind der Meinung, dass die Stadt mit der Regelung ihre Kompetenzen überschreitet. Sie greife damit zu sehr ins Privateigentum ein. Fortsetzung folgt. (Martin Putschögl, 24.6.2024)