Der Software-Verantwortliche bei Apple, Craig Federighi, war bei der Präsentation der neuen KI-Features Feuer und Flamme.
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Apple Intelligence steht für das große KI-Paket, das der US-Konzern im Herbst mit den kommenden Betriebssystemen für ihre Hardware abliefern möchte. Die drei großen Blöcke werden dann wohl KI-gestützte Textverarbeitung, Bildgenerierung und App-Steuerung sein, wie Tim Cook und seine Mitarbeiter bei einer großen Keynote wissen ließen.

Laut einem aktuellen Bericht will Apple diese Features allerdings im Herbst nicht in der Europäischen Union veröffentlichen. Schuld sei der in diesem Jahr in Kraft getretene Digital Markets Act (DMA), der zusätzliche Regulierungen für große Tech-Firmen beinhaltet.

Gatekeeper

Betroffen sind laut Apple sowohl Apple Intelligence, als auch die angekündigten Features iPhone Mirroring (die Darstellung und mögliche Interaktion mit dem eigenen iPhone auf anderen Mac-Geräten) und SharePlay Screen Sharing (eine neue Bildschirmfreigabefunktion, mit der man das iPad oder das iPhone einer anderen Person fernsteuern kann). Diese Funktionen würden unter dem DMA nicht funktionieren, hätte dieser doch zu einem Zurückstufung der Sicherheit bei Geräten und Software beigetragen.

"Wir sind besorgt, dass die Interoperabilitätsanforderungen des DMA uns dazu zwingen könnten, die Integrität unserer Produkte in einer Weise zu beeinträchtigen, die die Privatsphäre und die Datensicherheit der Nutzer gefährdet", so Apple in einer Erklärung.

Der US-Konzern spielt mit der Aussage darauf an, dass der DMA großen Tech-Unternehmen diverse Vorgaben unterbreitet hat, die speziell Apple nicht gut findet. Darunter etwa dem Verbot, die eigenen Angebote über jene des Mitbewerbs zu stellen. Auch der Transfer und das Verknüpfen von persönlichen Daten über mehrere Services ist laut Regulierung nicht mehr gestattet.

Obendrein wurde Apple, zusammen mit den fünf anderen großen Tech-Firmen, als "Gatekeeper" bezeichnet, mächtigen Plattformen also, die einer strikteren Regulierung bedürfen. "Gatekeeper sind willkommen, ihre Dienste in Europa anzubieten, vorausgesetzt, sie halten sich an unsere Regeln, die einen fairen Wettbewerb gewährleisten sollen", so die Europäische Kommission in ihrer Argumentation.

Wirklich willkommen fühlt sich Apple allerdings nicht, weshalb man offenbar der EU die kalte Schulter bei den neuen Services zeigen will.

Keine KI-Features in Europa

Neun Prozent ist die Aktie von Apple seit der WWDC, der großen Entwickler-Konferenz des Konzerns, vor wenigen Tagen nach oben gestiegen. Die Ankündigung, sich aktiv ins KI-Business einzuklinken, gefiel den Aktionären. Auch die Präsentation, die zeigte wie Texte automatisch zusammengefasst, Bilder erstellt und künftig an Informationen gekommen wird, war beeindruckend genug, um wieder eine Art Aufbruchstimmung auszulösen.

Die Ankündigung von Apple trifft deshalb doppelt, werden diese Features doch aller Voraussicht Ende des Jahres zunächst wohl ausschließlich außerhalb der EU funktionieren. Wie genau die neuen Features dem DMA widersprechen, ließ Apple nicht wissen.

Nicht ganz überraschend

Auch wenn man es nicht wahrhaben wollte, ganz überraschend kommt die Ankündigung von Apple nicht. Schon seit März liegt der US-Konzern mit der EU in einer anhaltenden Diskussion über die neuen Regulierungen. Im einer Analyse des STANDARD wurde das Verhalten von Apple mit anhaltenden "passiv-aggressiven Seitenhieben auf die EU-Regulierung" erklärt.

Aber nicht nur die EU ist aktuell eine Baustelle für Apple. Auch in China könnte Apple Intelligence vorerst nicht starten, da dort keine ausländischen Chatbots genutzt werden dürfen. Derzeit setzt Apple auf eine Kooperation mit OpenAI und damit ChatGPT. Laut Berichten ist der Konzern aus Cupertino deshalb gerade auf der Suche nach einer chinesischen Alternative, etwa Baidu oder der Alibaba Group. Eine vergleichsweise einfache Nebenstraße wird es für die Probleme mit der EU allerdings nicht geben. (aam, 23.6.2024)