Burgtheater
Das Burgtheater hatte Teichtmeister im Vorfeld zunächst dessen Unschuldsbeteuerungen geglaubt und ihn weiter in Hauptrollen besetzt. Das begründe laut Gericht eine Mitschuld.
Burgtheater

Wien – Die Causa um einen von Florian Teichtmeister an seinen Ex-Arbeitgeber zu leistenden Schadenersatz geht in die Verlängerung. Im Mai sprach das Arbeits- und Sozialgericht Wien dem Burgtheater im Rahmen einer Klage gegen den Schauspieler 19.231 Euro zu und reduzierte so die ursprüngliche Forderung. Gegen das Urteil "haben beide Seiten unmittelbar vor Ablauf der Berufungsfrist aus unterschiedlichen Gründen Berufung eingelegt", hieß es seitens des Theaters auf Nachfrage der APA.

Zuvor hatte die "Kronen Zeitung" in ihrer Samstag-Ausgabe berichtet und aus der Berufungsschrift der Rechtsvertretung des Burgtheaters zitiert: "Das Erstgericht kommt in seinem Urteil zutreffend zu dem Ergebnis, dass der Beklagte die klagende Partei rechtswidrig und schuldhaft geschädigt hat. Unrichtigerweise schränkt es jedoch den Schadenersatzanspruch der klagenden Partei wegen Mitverschuldens ein", heißt es darin.

Er finde "das Infragestellen unseres Rechtsstaates durch das Burgtheater befremdlich", so Teichtmeisters Anwalt, Manfred Arbacher-Stöger, gegenüber der Zeitung. So habe man ebenfalls Berufung eingelegt, da man die vom Burgtheater eingeklagten Kosten für nicht schlüssig dargelegt hält, heißt es in dem Bericht.

Im Theater findet man dagegen die Wortwahl des Anwaltes befremdlich: "Die Burgtheater GmbH fühlt sich im österreichischen Rechtsstaat ausgesprochen sicher und gut aufgehoben, sie stellt diesen daher auch keineswegs in Frage. Die begründete Berufung gegen einen Aspekt des Urteils der ersten Instanz ist sicherlich auch Nichtjurist:innen als üblicher Vorgang bekannt und verständlich", so das Burgtheater in einer Stellungnahme. Laut "Kronen Zeitung" wird in der Folge das Oberlandesgericht schriftlich entscheiden.

Burgtheater hielt zunächst an Besetzung fest

Teichtmeister hatte sich von 2008 bis 2021 Bilder von missbrauchten Kindern und Jugendlichen verschafft und einen erheblichen Teil der Dateien verändert, indem er Collagen oder Diashows erstellte oder das Material mit Textanmerkungen versah. Er wurde dafür im September 2023 zu zwei Jahren Haft verurteilt und in ein forensisch-therapeutisches Zentrum eingewiesen, wobei ihm sowohl die Haftstrafe als auch die Unterbringung im Maßnahmenvollzug unter Setzung einer fünfjährigen Probezeit bedingt nachgesehen wurde.

Das Burgtheater hatte seinem gekündigten Ensemblemitglied im Vorfeld zunächst dessen Unschuldsbeteuerungen geglaubt und ihn weiter in Hauptrollen besetzt. Nach Bekanntwerden seines Geständnisses gegenüber den Behörden wurden die Stücke abgesagt bzw. umbesetzt. Das Gericht hielt im Mai im Rahmen des Schadenersatzverfahrens zwar fest, dass Teichtmeister seiner Informationspflicht gegenüber seinem Arbeitgeber hinsichtlich "drohenden Schäden als Folge des Strafverfahrens" nicht nachgekommen sei.

Allerdings hätte das Burgtheater, als es im September 2021 über ein Strafverfahren gegen den Schauspieler erfuhr, seinen Angaben "nicht so viel Gewicht beimessen dürfen". Wäre Teichtmeister ab diesem Zeitpunkt nicht mehr beschäftigt worden, "hätte sich ein allfälliger Schaden jedenfalls drastisch reduziert". Dementsprechend sah das Gericht eine Mitschuld des Burgtheaters und reduzierte den vom Theater auf 94.493 Euro bezifferten Schadensersatzanspruch (etwa für abgesagte Vorstellungen, neu gedruckte Programmhefte und Rechtsanwaltskosten) auf 19.231 Euro. (APA, 22.6.2024)