Eines ist der EU-Kommission mit ihrer Ankündigung, Zölle auf E-Autos aus China einzuheben, schon gelungen: Sie hat kurzfristig das Interesse an den Fahrzeugen hierzulande erhöht. Die Händler von BYD Österreich melden aktuell ein reges Kaufinteresse. Offenbar versuchen sich viele potenzielle Kundinnen und Kunden noch rasch ein Fahrzeug zu sichern oder erkundigen sich zumindest nach den Konditionen, ehe die Zölle auf die Fahrzeuge tatsächlich kommen. Tesla wirbt sogar damit, jetzt noch schnell zuzuschlagen.

Allerdings führt der sich anbahnende Handelskonflikt zwischen der EU und China auch zu zusätzlicher Unsicherheit am Automarkt. Händler versuchen sich deshalb mit Klauseln gegen mögliche Kostenanstiege beim Import der Autos abzusichern. Woher die Unsicherheit rührt? Daher, dass derzeit niemand weiß, welche Zölle gelten werden – und das wohl auch noch einige Zeit so bleiben wird.

Wie hoch die Preisanstiege für E-Autos aus China sein werden, weiß noch niemand.

Vergangene Woche hat die Kommission ihren Plan vorgestellt, batterieelektrische Fahrzeuge aus China mit einem "Ausgleichszoll" zu belegen. Davon betroffen sind einerseits die chinesischen Hersteller: Für BYD-Fahrzeuge soll künftig ein Importzoll von 27,1 Prozent gelten, 30 Prozent sind es bei Geely und 48,1 Prozent bei SAIC (unter anderem für die Marke MG). Aber auch viele europäische Hersteller sind betroffen: BMW etwa lässt seinen Elektro-SUV iX3 und die Elektro-Versionen seines Mini in China fertigen. Renault baut den Stromer von Dacia in China, VW ist mit seiner Tochtermarke Cupra dort mit dem neuen E-Modell Tavascan betroffen. Tesla baut sein Modell 3 in der Volksrepublik. Die europäischen Produzenten und Tesla müssen mit Zöllen von bis zu 21 Prozent rechnen.

Hintertür für die Kommission

Zunächst wird die EU die Zölle ab 5. Juli provisorisch einheben, ab November gilt die Abgabe dann endgültig. Wobei noch eine Hintertür in den Mechanismus eingebaut ist: Die Autohersteller, aber auch Chinas Regierung können "Verpflichtungen" eingehen und zum Beispiel von sich aus Preiserhöhungen bei den nach Europa verkauften Wagen vornehmen. Die EU-Kommission kann sich damit zufriedengeben und von Zöllen komplett absehen. China könnte aber auch zusagen, die Förderungen für seinen E-Auto-Sektor zurückzufahren. Die EU-Kommission argumentiert ja, dass China seine Autokonzerne massiv subventioniert, wodurch diese ihren europäischen Mitbewerbern mit günstigen Angeboten das Wasser abgraben. Das gefährde Europas Autobauer.

Noch bleibt also Zeit für Verhandlungen zwischen der Kommission und Peking. Verkompliziert wird die Sache auch noch dadurch, dass die EU-Behörde theoretisch die Einfuhrabgabe auch rückwirkend ab 5. April einheben kann. Ob sie das tut, ist noch unklar. China seinerseits hat seine Verhandlungsmacht eingebracht und droht Schweineexporteuren aus Europa mit Importzöllen: Ein Handelskrieg trifft eben immer beide Seite. Dass Europas Agrarsektor nicht massiv subventioniert werde, wird die Kommission jedenfalls schwer argumentieren können.

Wer trägt das Risiko?

Wie gehen die Fahrzeuganbieter hierzulande mit der Sache um? Viele Autoimporteure nutzen Klauseln in ihren Verträgen mit den Kunden, in denen festgeschrieben ist, dass der Kaufpreis noch bis zur Übergabe der Autos steigen könne, sofern es zu einer "Änderung von Zöllen kommt". Bei BYD ist das etwa diese Woche der Fall gewesen, dort findet sich eine Klausel, dass Käufern bei Vertragsrücktritt auch eine saftige Pönale droht. Das wirft doch Fragen auf: Worauf sollen sich Kunden nun einstellen? Wie sehr Preise steigen, ist ja unklar. Beim Verein für Konsumenteninformation (VKI) heißt es, dass solche Klauseln auf den ersten Blick zu unbestimmt klingen und daher unwirksam sein dürften. Der Käufer habe keine näheren Informationen dazu, wie sehr Preise steigen werden.

Peter Kolba vom Verbraucherschutzverein sieht das etwas anders, sagt, der Hinweis auf mögliche Zölle sei konkret genug.

Bei BYD wird auf Anfrage versichert, dass bei allen Fahrzeugen, die aktuell bestellt würden, der angegebene Preis gelten werde. Das Unternehmen sei gut eingedeckt mit Lagerware und könne bis inklusive Ende des dritten Quartals die Nachfrage in Österreich befriedigen, und zwar zu bestehenden Preisen. Danach müsse man sehen, was passiere. Die Porsche-Holding Salzburg, die Fahrzeuge der VW-Gruppe vertreibt, bestätigt, ebenfalls solche Preisklauseln zu verwenden, betroffen sei nur der Tavascan, der ab September ausgeliefert wird. Ein Sprecher erklärt dazu: Der Konzern behandle das in der Praxis so, dass für den Fall, dass tatsächlich ein Zoll nach erfolgter Bestellung eingeführt werde, ein neuer Vertrag mit einem neuen Preis aufgesetzt werde. Kunden bekämen damit de facto ein Rücktrittsrecht, sie würden kein Kostenrisiko tragen. BMW sagt auf Anfrage, dass bei seinen Fahrzeugen aktuell eine Preisgarantie gelte. Laut Dacia-Händlern sei der Vorrat an E-Autos in Österreich hoch, hier gelten Kaufpreise fix, der Elektrowagen (Spring) komme erst in einer neuen Ausführung auf den österreichischen Markt.

Die EU ist nicht allein in den Ring mit den Chinesen gestiegen. Kurz zuvor haben bereits die USA angekündigt, Zölle auf E-Autos aus China einzuheben: Dort sind es satte 100 Prozent. Die USA spielen für chinesische Hersteller derzeit keine Rolle als Markt – und mit der Entscheidung Washingtons dürfte das auf absehbare Zeit auch so bleiben. (András Szigetvari, 22.6.2024)